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Bundesrat: Kommt die grosse Departements-Rochade?

Das leere Bundesratszimmer vor einem Empfang von Auslandschweizerkindern 
durch Bundespraesidentin Simonetta Sommaruga, am Dienstag, 11. August 2015, in Bern. (KEYSTONE/Lukas Lehmann)
Das leere Bundesratszimmer.Bild: KEYSTONE

Kommt es im Bundesrat zur grossen Rochade? Die Szenarien

05.12.2018, 16:1805.12.2018, 16:57
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Mit dem Rücktritt von Doris Leuthard und Johann Schneider-Ammann werden die Schlüsseldepartemente Uvek und WBF frei. Die amtierenden Bundesräte müssen sich genau überlegen, ob sie diese den neu Gewählten überlassen wollen. Es könnte zur grossen Rochade kommen.

Die Tage zwischen einer Bundesratswahl und der Departementsverteilung sind jeweils die hohe Zeit des Kaffeesatzlesens. Nur selten geben Bundesrätinnen und Bundesräte ihre Ambitionen vorab bekannt. Da sie sich nicht mit ihren Parteien absprechen müssen, sind Informationslecks selten. Die Öffentlichkeit kann bloss spekulieren.

Das Verfahren

So läuft die Verteilung: Die Mitglieder der Landesregierung melden ihre Wünsche gemäss Anciennität an. Gibt es keine Einigung, kommt es zur Abstimmung. Die Reihenfolge:

  1. Ueli Maurer
  2. Simonetta Sommaruga
  3. Alain Berset
  4. Guy Parmelin
  5. Ignazio Cassis
  6. Viola Amherd
  7. Karin Keller-Sutter

Die Wechselkandidaten

Am wahrscheinlichsten scheint ein Wechsel der beiden SP-Vertreter. Simonetta Sommaruga und Alain Berset könnten in den frei werdenden Departementen einiges bewegen.

Bundespraesident Alain Berset spricht anlaesslich des ordentlichen Parteitags der SP Schweiz, aufgenommen am Samstag, 1. Dezember 2018 in Brugg Windisch. (KEYSTONE/Ennio Leanza)
Bild: KEYSTONE

Im Uvek warten Herausforderungen wie CO2-Reduktion, Energiewende, AKW-Rückbau, Gotthard-Strassentunnel, selbstfahrende Autos, Digitalisierung oder Medienkrise. Für einen Bundesrat mit dem Gestaltungswillen eines Alain Berset könnte das gerade die richtige Kragenweite sein.

Doch auch Sommaruga verspürt möglicherweise Lust auf eine neue Aufgabe. Sie hat im Justiz- und Polizeidepartement erreicht, was zu erreichen ist. Falls sie plant, 2019 für eine weitere Amtszeit anzutreten, bietet sich der Wechsel an.

Bundesraetin Simonetta Sommaruga spricht zur Grossen Kammer an der Wintersession der Eidgenoessischen Raete, am Montag, 3. Dezember 2018 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Alessandro della Valle)
Bild: KEYSTONE

Ebenso attraktiv ist das Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF). Dort sind unter anderem Berufsbildung und Hochschulforschung, Sozialpartnerschaft, ein Teil der Entwicklungszusammenarbeit, Freihandel, Tourismus und Landwirtschaft angesiedelt.

Der promovierte Ökonom Berset ist möglicherweise versucht, in diesen Politikbereichen Spuren zu hinterlassen. Auch die ehemalige Konsumentenschützerin Sommaruga fände im WBF ein interessantes Betätigungsfeld.

Bundesrat Guy Parmelin spricht waehrend der Wintersession der Eidgenoessischen Raete, am Donnerstag, 29. November 2018 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Bild: KEYSTONE

Guy Parmelin betreut mit dem Verteidigungsdepartement VBS ein typisches Einsteigerdepartement. Viele Bundesräte hatten die Armee unter sich, bevor sich ihnen durch einen Rücktritt die Tür in ein anderes Departement auftat. Parmelin könnte nach dem WBF greifen wollen. Dort hätte der ehemalige Weinbauer die Landwirtschaft unter sich.

Auch scheint sich Parmelin auf dem internationalen Parkett durchaus wohl zu fühlen, was ihm bei Reisen mit Wirtschaftsdelegationen und bei Verhandlungen über Freihandelsverträge zugute käme. Allerdings steht im VBS die Kampfjet-Beschaffung an. Ein Abgang würde dem Waadtländer möglicherweise als Fahnenflucht ausgelegt.

Die Verweiler

Federal Councillors Ueli Maurer celebrates after his election as Swiss Federal President for the upcoming year in the Parliament in Bern, Switzerland, Wednesday, Dec. 5, 2018. (Peter Schneider/Keyston ...
Bild: AP/Keystone

Weniger wahrscheinlich scheint ein Wechsel von Ueli Maurer. Er ist schon seit zehn Jahren Bundesrat. Vor drei Jahren tauschte er das Verteidigungs- gegen das Finanzdepartement ein. Auch das Alter lässt einen weiteren Departementswechsel unwahrscheinlich erscheinen: Maurer ist am 1. Dezember 68 Jahre alt geworden.

Bundesrat Ignazio Cassis beantwortet eine Frage an der Wintersession der Eidgenoessischen Raete, am Montag, 3. Dezember 2018 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Alessandro della Valle)
Bild: KEYSTONE

Ignazio Cassis hat erst vor einem Jahr das Aussendepartement EDA übernommen. Die Europapolitik hat Frustrationspotenzial, auch für den meist gut gelaunten Tessiner. Trotzdem wäre es überraschend, wenn Cassis schon nach einem Jahr aufgeben würde. Falls jedoch Bundesratskollege Alain Berset das Innendepartement räumt, dürfte die Versuchung stark sein. Dann nämlich könnte der Mediziner und ehemalige Krankenkassenvertreter die Gesundheitspolitik übernehmen.

Die Neuen

In welchen Departementen die neu Gewählten landen, lässt sich bei dieser Ausgangslage nicht abschätzen. Wegen der Nähe zu gewissen Themen lässt sich lediglich auf ihre Eignung für das eine oder andere Departement schliessen.

Karin Keller-Sutter freut sich ueber ihre Wahl zum 119. Mitglied des Bundesrates waehrend der Ersatzwahl in den Bundesrat durch die Vereinigte Bundesversammlung, am Mittwoch, 5. Dezember 2018 im Natio ...
Bild: KEYSTONE

Karin Keller-Sutter bietet sich als ehemalige St.Galler Justizdirektorin als Chefin des Justiz- und Polizeidepartements EJPD an. Im Ständerat hat sie sich allerdings auch in der Sozial- und Gesundheitspolitik profiliert. Über verschiedene Verbands- und Verwaltungsratsmandate hat Keller-Sutter zudem eine grosse Affinität zu Wirtschaftsthemen.

Die neugewaehlte Bundesraetin Viola Amherd spricht zu den Medien nach der Ersatzwahl in den Bundesrat durch die Vereinigte Bundesversammlung, am Mittwoch, 5. Dezember 2018 im Nationalratssaal in Bern. ...
Bild: KEYSTONE

Letzteres gilt auch für Viola Amherd, die sich als Anwältin und Notarin aber ebenso für das EJPD empfiehlt. Die Walliserin sitzt zudem in verschiedenen Aufsichtsgremien von Bahn- und Energiegesellschaften und präsidiert den Verband Glasfasernetze Schweiz, was sie zu einer geeigneten Kandidatin für das Uvek macht.

Der Entscheid über die Departementsverteilung fällt voraussichtlich am Freitag. (sda)

Nico Franzoni an der Nacht der langen Messer

Video: watson/Angelina Graf, Nico Franzoni
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25 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Oh Dae-su
05.12.2018 16:34registriert Mai 2017
Ich hätte einfach gerne Parmelin im EJPD. Dann könnte die SVP nicht mehr so leicht ihr Feindbild bewirtschaften und müsste endlich mal Lösungen präsentieren.
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Paul Badman
05.12.2018 18:15registriert November 2015
Das Militärdepartement ist derzeit, wie meistens die Höchststrafe. Wenig Gestaltungsmöglichkeiten und viele Alphamännchen als Untergebene.
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