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Rochade im Bundesrat? Was Parmelin im EJPD erwarten würde

Der neue Bundesrat entscheidet am Freitag über die Departementsverteilung.
Der neue Bundesrat entscheidet am Freitag über die Departementsverteilung.
Bild: POOL/REUTERS

Parmelin ins EJPD? Diese Herausforderungen erwarten den neuen SVP-Bundesrat

Die SP strebt offenbar eine Rochade im Bundesrat an: Alain Berset soll die Finanzen und Simonetta Sommaruga das Innere übernehmen. Für Guy Parmelin bliebe das Justizdepartement. Dort könnte es für ihn bald einmal ungemütlich werden.
11.12.2015, 09:36
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Welches Departement übernimmt Guy Parmelin? Der Bundesrat wird am Freitag in einer vertraulichen Sitzung darüber entscheiden. Parmelin hat am Tag seiner Wahl eine Vorliebe für das Departement des Innern (EDI) angetönt. Als bisheriger Präsident der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK) des Nationalrats ist er mit der Materie vertraut. So weit aber wird es kaum kommen, die SP wird die Kontrolle über die Sozialwerke nicht der SVP überlassen.

Departementsverteilung
Die Verteilung der Departemente machen die sieben Bundesräte untereinander aus, in einer informellen Sitzung ohne Bundeskanzler und Bundesratssprecher. Anders als landläufig angenommen, dürfen sie die Departemente nicht nach Amtsalter auswählen, sondern lediglich Wünsche anbringen. Üblicherweise geht dies ohne Gerangel vonstatten, da der Bundespräsident informelle Vorgespräche führt, um Differenzen auszuschliessen. Sollte es doch mehrere Bewerber für dasselbe Departement geben, müssen die Bundesräte darüber abstimmen. 2010 musste Simonetta Sommaruga (SP) das Justizdepartement übernehmen, obwohl sie von Moritz Leuenberger lieber das Verkehrs- und Energiedepartement (UVEK) geerbt hätte. 1995 wurde Adolf Ogi (SVP) unfreiwillig vom UVEK ins Militärdepartement versetzt, und 1993 setzte sich Flavio Cotti (CVP) im Streit mit Parteikollege Arnold Koller um das Aussendepartement durch. (thi)

Naheliegend wäre, dass der Nachfolger von Eveline Widmer-Schlumpf ihr Finanzdepartement «erbt». Ein Szenario wird allerdings in Bern hoch gehandelt: SP-Bundesrat Alain Berset wechselt zu den Finanzen, seiner Domäne als Parlamentarier. Simonetta Sommaruga folgt ihm im EDI und überlässt Parmelin das Justizdepartement (EJPD). Die SP strebe eine solche Rochade an, erklärte ein Nationalrat auf Anfrage.

Guy Parmelin (r.) im Gespräch mit Ueli Maurer und Christoph Blocher.
Guy Parmelin (r.) im Gespräch mit Ueli Maurer und Christoph Blocher.
Bild: KEYSTONE

Die SVP könnte damit gut leben. Chefstratege Christoph Blocher hat am Mittwoch Anspruch auf das EJPD erhoben, das er als Bundesrat selber geleitet hatte. Nationalrat Roger Köppel hat in der «Weltwoche» gefordert, die SVP müsse beim Asylthema ihren «Führungsanspruch» geltend machen. Bundesrat Parmelin selber dürfte das kaum so sehen, und das nicht nur, weil er so gut wie keine Voraussetzungen zur Führung dieses Amtes mitbringt.

Parmelin ist kein Provokateur wie Blocher, der im Bundesrat permanent für Unruhe sorgte. Er gehört nicht zu dessen «innerem Kreis». Das verschafft ihm eine gewisse Unabhängigkeit. Allerdings gilt für ihn das gleiche Prinzip, das ein CVP-Nationalrat über die SVP-Kollegen formuliert hat: «Im vertraulichen Gespräch fluchen sie oft über Blocher, aber öffentlich würden sie nie etwas gegen ihn sagen, weil sie ihm alles zu verdanken haben.»

Als linientreuer SVPler dürfte Parmelin versuchen, im EJPD Akzente im Sinne seiner Partei zu setzen. Konflikte mit den Chefbeamten sind programmiert, allen voran mit Mario Gattiker, dem mächtigen Leiter des Staatssekretariats für Migration (SEM). Simonetta Sommaruga hat die Führung der Ämter mit Leuten ihre Vertrauens besetzt. Und bei den inhaltlichen Themen könnte er bald übers Kreuz mit seiner Partei geraten, gerade in den wichtigen Bereichen:

Asyl

Parmelin dürfte auf eine restriktive Politik drängen, ähnlich wie Blocher von 2003 bis 2007. Seine Möglichkeiten aber sind begrenzt, insbesondere wenn die Zahl der Asylbewerber hoch bleibt. Das Grenzwachtkorps etwa untersteht dem Finanzdepartement. Ausserdem wird er das im Herbst beschlossene neue Asylgesetz gegen die SVP vor dem Volk vertreten müssen. Das Referendum kommt so gut wie sicher zustande. Interessant wird sein, wie er sich bei den regelmässigen Treffen der Schengen/Dublin-Staaten einbrächte, etwa ob er weniger stark auf einen Verteilschlüssel bei den Flüchtlingen drängen würde wie Simonetta Sommaruga.

Justiz

Als EJPD-Chef wäre Guy Parmelin der Hüter des Rechtsstaats, der von der SVP seit Jahren relativiert und attackiert wird. Was immer wieder zu Problemen bei der Umsetzung von Volksinitiativen führt. Zum ersten Showdown wird es bereits am 28. Februar kommen, wenn über die Durchsetzungsinitiative abgestimmt wird. Im Hintergrund lauert zudem die Initiative «Schweizer Recht statt fremde Richter», die indirekt auf die Europäische Menschenrechtskonvention zielt. 

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Zuwanderung

Das EJPD ist für die Umsetzung des SVP-Zuwanderungsinitiative zuständig. Simonetta Sommaruga hat letzte Woche mit der angekündigten Schutzklausel die Richtung vorgespurt. Man darf gespannt sein, wie der neue SVP-Bundesrat der EU dieses Konzept schmackhaft machen würde. Er dürfte versucht sein, auf die einseitige Einführung zu setzen. Allerdings könnte Parmelin dabei bald einmal in den Clinch zwischen den Interessen der Wirtschaft und jenen seiner Partei geraten.

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Sie sind beide in der SP, kommen beide aus der Romandie, sassen gleichzeitig in kantonalen Exekutiven und zogen 2019 gleichzeitig ins eidgenössische Parlament ein. Darüber hinaus verbindet Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider (JU) und Ständerat Pierre-Yves Maillard (VD) eine Freundschaft, die über die Politik hinausgeht: Baume-Schneiders Katze stammt aus einem Wurf der Hauskatze von Familie Maillard.

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