Update: Die ersten neuen Alarmpikett-Fahrzeuge der Kantonspolizei Basel-Stadt – die Tesla X 100D – werden laut Justiz- und Sicherheitsdepartement «wie vorgesehen und kommuniziert im Frühling auf den Basler Strassen im Einsatz sein».
Die «Lösung offener datenschutzrechtlicher Fragen» beeinflusse den Zeitplan nicht, schreibt die Kantonsregierung in einer am Donnerstag veröffentlichten Mitteilung. Das Justiz- und Sicherheitsdepartement Basel-Stadt und der kantonale Datenschutzbeauftragte stünden «in einem engen und guten Austausch». Die Verantwortlichen geben sich zuversichtlich, dass sich «die noch offenen Fragen rund um den Datenschutz» bis zum geplanten Einsatz regeln liessen.
Damit zur ursprünglichen Story:
Der US-Autohersteller Tesla kann aus der Ferne die Reichweite seiner Fahrzeuge erhöhen. Das ist bekannt, weil es Tesla bereits gemacht hat: Als der Hurricane Irma im vergangenen Jahr auf Florida zuraste, wurde die Batterieleistung mit einem «Over-the-Air-Update» jener Käufer erhöht, die noch nicht den vollen Preis bezahlt hatten, damit auch sie sich in Sicherheit bringen konnten.
Was kann Tesla sonst noch mit seinen Fahrzeugen anstellen? Und was bedeutet das für die Basler Polizei, die für ihr Alarmpikett künftig auf die schicken Elektro-Flitzer des US-Hersteller setzt? Alles kein Problem, alles geregelt, die Software des Fahrzeugs ist entsprechend modifiziert, ohne Mehrkosten und Garantieverlust stehen sämtliche wichtigen Services wie Navigation trotzdem weiterhin zur Verfügung. Das sagt Polizeisprecher Toprak Yerguz auf Anfrage.
Was er nicht von sich aus erwähnt: Dass es Probleme mit dem Datenschutz gibt und die Fahrzeuge deshalb in der Garage stehen.
Beat Rudin, Basler Datenschutzbeauftragter, bestätigt: «Die Polizei muss die Datenschutzprobleme lösen, bevor sie ihre Fahrzeuge auf Patrouille schicken kann. Eine Vorabkontrolle, bei der diese Probleme frühzeitig hätten angesprochen werden können, hat leider nicht stattgefunden.» Die nötigen Abklärungen würden nun nachgeholt.
Dass derzeit Abklärungen mit dem Datenschutzbeauftragten laufen, bestätigt die Polizei auf nochmalige, konkrete Nachfrage dann doch. Es gehe um ein neues Reglement, das datenschutzrechtliche Fragen im Zusammenhang mit dem Fahrzeug kläre, sagt Yerguz.
Datenschutz ist das eine. Dabei geht es etwa darum, dass die Tesla-Fahrzeuge dauernd mithören, was im Fahrzeuginnern gesprochen wird – weil sich wichtige Funktionen per Sprache steuern lassen. Und dass die Mikrofon-Aufnahmen auf dem Server des Herstellers ausgewertet werden können.
Noch relevanter für die Autonomie der Polizeiarbeit ist hingegen, dass Tesla Fernzugriff auf das Fahrzeug hat und auch Zugriff auf Positionsdaten – also stets genau weiss, welches Fahrzeug sich gerade mit welcher Geschwindigkeit in welche Richtung bewegt.
Diese Daten mögen in Bezug auf Datenschutz nicht relevant sein, wiegen aber umso stärker in Bezug auf Sicherheit, wenn sie ein Polizeifahrzeug betreffen. Dieser Meinung sind zumindest Technologieexperten, die den Tesla-Kauf auf dem Kurzmitteilungsdienst Twitter entsprechend kommentierten.
um nicht gleich zu fragen:
— Markus Drenger (@reg_nerd) 6. Dezember 2018
Wenn es der Hersteller kann, wer kann es noch? #ITSecurity
«Der Polizei eine Fahrzeugflotte zu geben, die der Hersteller aus der Entfernung abschalten kann, ist vielleicht auch nicht die beste Idee», kommentierte der deutsche Grünen-Politiker Markus Drenger den Basler PR-Coup, der weltweit für Schlagzeilen sorgte.
Was Tesla darf und was nicht, ist in den allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Konzerns geregelt, die beim Kauf unterschrieben werden müssen. Das hat auch die Basler Polizei getan, wie dem ursprünglich geheimen, später veröffentlichten Untersuchungsbericht zur Tesla-Beschaffung zu entnehmen ist.
Dort wird kritisiert, dass mit Tesla kein schriftlicher Kaufvertrag abgeschlossen worden sei, und dass die Verantwortlichen im Justiz- und Sicherheitsdepartement (JSD) die AGB unterschrieben hätten, Tesla jene des JSD hingegen nicht.
In den AGB steht auch, dass es zwar grundsätzlich möglich sei, sämtliche Verbindungen zwischen Fahrzeug und US-Firma zu kappen. Was allerdings dazu führen könne, dass das Auto schwere Schäden nimmt oder nicht mehr bedienbar ist. Sprecher Yerguz bestätigt denn auch, dass die Basler Polizei die Einwirkung auf ihre Fahrzeuge durch Tesla ausdrücklich nicht gänzlich unterbinden will, um die «Sicherheit der Mitarbeitenden nicht zu gefährden».
Jan Fader, Softwareentwickler und Vizepräsident der Piratenpartei beider Basel, sagt: «Das Problem bei Firmen wie Tesla ist: Man kann selbst nicht kontrollieren, welche Daten übertragen werden, weil es sich um ein geschlossenes System handelt, zu dem nur Tesla Zugang hat. Wenn Fremdzugang oder die Übermittlung von sensiblen Daten aus dem Fahrzeug nicht ausgeschlossen werden kann, dann ist das heikel.» Laut Fader fordert die Piratenpartei, dass bei solchen Käufen der Verkäufer künftig die Geschäftsbedingungen des Kantons akzeptiert. (aargauerzeitung.ch)