Influencer werden immer wieder mit dem Vorwurf konfrontiert, Followers und Likes zu kaufen. Nun scheint das Phänomen auch in der Schweizer Politik angekommen. SVP-Nationalrat Erich Hess erntet für sein letztes Instagram-Foto Likes, die verdächtig nach Fakes aussehen.
Erich Hess folgen zurzeit rund 1000 Personen. Für besagtes Foto erntete der Politiker aber ganze 10'000 Herzchen. Das Bild zeigt ihn mit seiner Partnerin bei den Swiss Music Awards. Seine weiteren Beiträge werden zwischen 20 und 5'300 Mal geliked – eine unübliche Differenz.
Dies fiel auch mehreren seiner Followers auf. In der Kommentarspalte beschuldigen sie Hess, Fake-Likes zu kaufen: «Willst du mit Fake-Lakes beliebter werden?», fragt ein Follower. «Andere zeigen sich enttäuscht: «Trauriger Eidgenosse, der seine Fans betrügt.»
Auf likeometer.ch lassen sich Schweizer Instagram-Profile in Echtzeit analysieren. Das Tool zeigt unter anderem die Engagement-Rate der Accounts an. Diese zeigt, wie gut jemand seine Follower auf Instagram erreicht und zu Interaktionen (also zu Likes und Kommentaren) animieren kann. Ein Wert über 4 Prozent gilt in der Regel als gut, erfährt man auf der Webseite.
Erich Hess' Engagement-Rate bricht Rekorde: Sie liegt zurzeit bei 288,30 Prozent. «Bei 1'000 Followern ist eine Like-Anzahl von 10'000 auffällig», sagt Roman Gertsch der Social-Media-Agentur «Kingfluencers». Auch weil Hess das aktuellste Bild nur mit zwei Hashtags versehen habe.
Hess bestreitet, für die Likes bezahlt zu haben: «Ich habe keinen Rappen für Fake-Likes ausgegeben. Ich wüsste nicht, wofür das gut wäre.» Ihm sei bis zum heutigen Tag nicht aufgefallen, dass er im Vergleich zu seiner Anzahl Follower besonders viele Likes erhalte. Er könne sich dies nicht erklären.
Gekaufte Likes lassen sich nur schwer nachweisen, ein Tool, das mit 100-prozentiger Sicherheit angibt, ob Follower oder Likes echt sind oder nicht, gibt es laut Gertsch nicht. «Sollte es tatsächlich nicht mit rechten Dingen zugegangen sein, ist es gut möglich, dass ein spezialisiertes Unternehmen versucht, Erich Hess als Kunden zu gewinnen».
Solche Unternehmen überhäuften Instagram-Konten in einem ersten Schritt mit Likes oder Followern. «Später kontaktieren sie die User, um sie darauf hinzuweisen, und ihnen so den Service schmackhaft zu machen.» Erich Hess sagt auf Anfrage, er habe noch keine entsprechende Nachricht erhalten. «Und ich wäre auch nicht interessiert.»
Schweizer Parteien kennen das Problem der unerwünschten Fake-Follower vom sozialen Netzwerk Twitter. 15 bis 40 Prozent aller Twitter-Follower der Schweizer Parteien seien unecht, sagte Simon Hegelich, Professor für politische Datenwissenschaft an der Universität München, im Jahr 2016 in der «Schweiz am Sonntag». Dies bestätigten damals auch SP und FDP. Dagegen machen könne man wenig, liess der Social-Media-Verantwortliche der FDP verlauten.
Dass gekaufte Likes aber zumindest in der Welt der Influencer gang und gäbe sind, zeigte letztes Jahr eine Auswertung von SRF. Es hat 115 Schweizer Instagram-Influencer unter die Lupe genommen – oder, genauer, deren sieben Millionen Follower. Das Resultat: 26 bis 31 Prozent davon sind unecht.
Sich mit falschen Followern und Likes auf Instagram einen Namen zu machen, muss dabei nicht allzu teuer sein. Viele Unternehmen verrechnen etwa 3 US-Dollar für 100 neue Follower. Für diesen Preis kommen die Likes und Follower jedoch von sogenannten «Zombie-Konten», also von nicht aktive Konten. Kostspieligere Alternativen ab 1'000 Dollar aufwärts für 10'000 Follower unterhalten aktive Accounts, die mit dem Konto interagieren.