Der Schachzug von Aldi war clever. Zu Beginn dieses Jahres lancierte der Discounter eine Werbekampagne mit dem Titel: «Ich bin ein Aldi-Kind.» Angelehnt an die bekannte Frage «Bist du ein Migros- oder ein Coop-Kind?» sollte die Auswahl also künftig um die Möglichkeit, ein Aldi-Kind zu sein, erweitert werden.
Doch nicht alle hatten Freude an Aldis Charmeoffensive. Farmy, ein Online-Shop für regionale und biologische Produkte, störte sich daran, dass der Gross-Discounter herausstreicht, günstiger zu sein als die anderen. Die Tiere, die Produktion, der Blick auf die gesamte Nahrungskette würden bei Aldi völlig ausgeblendet, sagt Florian Laudahn, Marketingchef bei Farmy. Also wurde zum Gegenschlag ausgeholt.
In einem Video, das stark an jenes von Aldi erinnert, appelliert Farmy an die Konsumenten, doch bitte «erwachsen einzukaufen». Farmy biete echte Frische vom Bauer oder Bäcker, Qualität vom Metzger oder Käser und dies zu fairen Konditionen für Schweizer Kleinproduzenten.
Die Botschaft war klar, der Hieb sass. Der stille Vorwurf, beim Discounter werde nicht frisch produziert, wollte man nicht auf sich sitzen lassen. Nur einen Tag, nachdem Farmy sein Video im Internet veröffentlicht hatte, doppelte Aldi mit einer Antwort nach.
«Liebe Farmy-Erwachsene. Eure Parodie ist ein netter Versuch», heisst es im Video. Danach bedanken sich Aldi-Mitarbeiter bei ihren Lieferanten dafür, dass sie dicht hielten. Denn beispielsweise Bauer P. aus A. beliefere nicht nur Aldi sondern auch Farmy. Nur bekämen die Aldi-Kinder die Qualitätsware beim Discounter halt eben günstiger.
Aldi-Sprecher Philippe Vetterli sagt, mit der Videoantwort an Farmy habe man zeigen wollen, dass die zwei Lebensmittelhändler gar nicht so verschieden seien. «Aldi und Farmy haben in der Tat mehrere gemeinsame Lieferanten.»
Am Donnerstag Nachmittag holt der Online-Laden Farmy mit seinem neuen Video nun zum Rundumschlag aus.
Im Beitrag, der einer Nachrichtensendung nachempfunden ist, informiert Farmy über eine «Eilmeldung». Seit einer Woche befinde sich der Online-Hofladen mit Aldi in einem Video-Schlagabtausch. Nach dem letzten Video des Discounters, sei aber eine Frage besonders in den Vordergrund gerückt: «Wer ist P. aus A.?»
Mehrere Fotos von Personen seien aufgetaucht, die P. aus A. erstaunlich ähnlich sehen würden. So dasjenige eines amerikanischen Immobilienhais oder jenes eines unbekannten Mannes in Anzug und mit Zigarre in der Hand. Farmy impliziert in ihrem Video: Ist P. aus A. etwa nur ein Werbemodel? Und gar nicht der Bauer von nebenan?
Es sei durchaus möglich, dass Farmys Produzenten auch andere Händler beliefern würden. Ob dies jedoch immer zu ähnlich fairen Konditionen erfolge, wage man zu bezweifeln, heisst es im Video.
Bei Aldi nimmt man den erneuten Seitenhieb von Farmy gelassen. Philippe Vetterli, Sprecher des Discounters sagt, man fühle sich durch die mehrfache Parodie von Farmy geehrt. «Schliesslich unterstreicht diese Form der Nachahmung auch immer die besondere Bedeutung des Originals.»
Es sei richtig, dass es sich beim abgebildeten Bauern im Aldi-Video um ein Agentur-Foto handle. «Dieses Klischee-erfüllende Bild haben wir bewusst ausgewählt, um in nicht personifizierter Form die realen Lieferanten zu symbolisieren, die Farmy und Aldi gemeinsam haben.» Um das für die Kunstform der Parodie typische Stilmittel der Übertreibung weiter auf die Spitze zu treiben, habe man das Bild zusätzlich mit einem schwarzen Balken über den Augen und Angabe von lediglich den Initialen bearbeitet.
Ob der Schlagabtausch zwischen Aldi und Farmy in eine nächste Runde gehen wird, ist noch unklar.