Fussball gilt als die schönste Nebensache der Welt. Wenn bei dieser Nebensache eine Nebensache zur Hauptsache wird, dann wird es besonders unterhaltsam. Deshalb reden wir heute nur über die zerrissenen Trikots unserer Nati-Helden und nicht über ihre Leistung oder die Achtelfinalqualifikation.
Die Frage, wie es möglich ist, dass in einem einzigen Match Mehmedi, Dzemaili, Embolo, Xhaka das Shirt reisst, steht im Mittelpunkt.
Wir haben bei der Nati selber, bei Puma sowie zwei Fachleuten nachgefragt. Eine Antwort scheint uns plausibel.
Marco von Ah, Leiter Kommunikation des Schweizerischen Fussballverbandes, meldet sich aus der Planungssitzung in Montpellier und sagt zu watson: «Das ist ein absoluter Einzelfall. Die anderen Puma-Trikots bei uns und anderen Teams hielten ja gut durch.» Augenzwinkernd fügt er an: «Gestern waren wir offensichtlich nur mit Trikot-Reissen zu bremsen.» Er versichert, die Nati müsse keine Trikots nachbestellen. Übrigens nehmen die Teams normalerweise immer drei Dress-Sätze pro Spieler mit für einen Match.
Ralph Greile, Geschäftsführer des «Fussball Corner Oechslin», hat weit über 100 Stück des aktuellen Trikots «Authentic» der Schweizer Nati verkauft. Bisher gab es noch keine einzige Reklamation. Er hat die in der Türkei hergestellten Shirts heute noch einmal getestet: «Die sind sehr elastisch. Auch wenn ich stark daran reisse, da passiert nichts.» Für ihn ist schwer verständlich, warum die Trikots plötzlich nicht mehr halten. Etwas vergleichbares habe er noch nie erlebt. Greile hat eine Vermutung: «Ich kann mir vorstellen, dass beim Anbringen der Trikot-Nummern etwas geschehen ist; sie zu heiss aufgebügelt wurden, es eine chemische Reaktion gab.» Unwahrscheinlich scheint diese These nicht. Die Trikots rissen tatsächlich auffällig oft bei den Nummern oder in der Nähe. Greile hat noch eine weitere Theorie, eine weniger ernste: «Vielleicht haben sie neue, rascher reissende Trikots eingesetzt, um schneller einen Penalty zu bekommen.»
Auch Andrea Hagmann, Lehrbeauftragt der Schweizerischen Textilfachschule, kann sich nicht erklären, wie so etwas passieren kann. Shirts aus Chemie-Fasern seien reissfest, ausserdem mache man für Fussball-Trikots stets Tests. Die von Puma eingesetzte ACTV-Technologie sei bekannt. Sie denkt nicht, das die einen Zusammenhang damit hat: «Diese Technologie ist gängig und steckt bereits in vielen Sport-Shirts.» Die Technologie soll mit Mikro-Massagen auf der Haut für effektivere Energiezufuhr der Muskulatur sorgen.
Puma selber wird heute überrannt mit Anfragen, wie Johannes Hackstette von der Kommunikationsabteilung in Deutschland, gegenüber watson sagt. Die Firma stellt für heute Nachmittag weitere Informationen in Aussicht. «Wir arbeiten mit Hochdruck an der Ursachen-Forschung.»
An der EM spielen die Teams von Italien, Tschechien, der Slovakei sowie Österreich mit Puma-Shirts. Kein Team hatte ähnliche Probleme.