Spätestens seit Donald Trump via Twitter den US-Wahlkampf aufgemischt hat, ist das soziale Netzwerk in aller Munde. Twitter wird auch in der Schweiz fleissig von politischen Akteuren genutzt, auch wenn hierzulande deutlich kleinere Brötchen gebacken werden.
Besonders während Abstimmungen wird das Netzwerk von Campaignern auch in der Schweiz genutzt. Da sich auf Twitter viele Medien, Journalisten und andere Influencer bewegen, kann mit einer gezielten Twitter-Strategie die Verbreitung der eigenen Anliegen und Argumente erhöht werden.
Auf Twitter sind Retweets die Währung für Aufmerksamkeit, da das Retweeten die Reichweite erhöht. Auch User ohne grosses Follower-Netzwerk können eine hohe Reichweite erzielen, vor allem wenn ihre Tweets durch einflussreiche User retweetet werden. Die Anzahl Retweets zeigt somit, wer mit seinen Tweets im Abstimmungskampf erfolgreich ist.
Fünf der zehn erfolgreichsten Tweets zur Energiestrategie 2050 stammen vom Account des überparteilichen Komitees @ES2050_JA beziehungsweise dessen Pendant aus der Romandie (Stand: 17.5.2017). Das Komitee setzt auf Testimonials von Schweizer Prominenten, wenn auch die Kompetenz der einzelnen Personen in Energiefragen nicht durchwegs gegeben scheint. So wurden neben Solarpionier Bertrand Piccard etwa Gülsha Adilji oder Peach Weber für die Kampagne eingespannt.
Der erfolgreichste Tweet in der Liste stammt hingegen von einem Account mit gerade mal 46 Followern. Mit dem richtigen Tweet zur richtigen Zeit lässt sich also auch mit einem kleinen Netzwerk viel Reichweite erzielen. Die weiteren Top-Tweets wurden von einem Journalisten, einem Ex-TV-Mann, einer Privatperson und einem Zürcher SVP-Kantonsrat verfasst.
Die Windräder-Diskussion sehr schön auf den Punkt gebracht. @RuediWidmer #Windenergie #Energiegesetz #ES2050 pic.twitter.com/eE4uqugawN
— H. Strom im Blut (@Strom_im_Blut) 22. April 2017
Auch im digitalen Zeitalter sollte der Einfluss der Zeitung (gedruckt!) in der Schweiz nicht unterschätzt werden.
Ein JA zur #ES2050 ist für die Sonne – ein Nein für die Atommüll-Tonne. Tolle Aktion von @prosolar_d. Bitte teilen! https://t.co/dCZx5vzVGI pic.twitter.com/xIO9JYqqSr
— Energiestrategie Ja (@ES2050_JA) 3. Mai 2017
Gut gereimt ist halb getwittert. Die Strassen-Aktion von Prosolar kommt auch online gut an. Reicht für Platz zwei.
Die Lügen der Gegenkampagne machen uns traurig. @guelshaaa spendet Trost und fordert uns auf: Ja stimmen zur #ES2050! pic.twitter.com/P19VDvURWA
— Energiestrategie Ja (@ES2050_JA) 9. Mai 2017
In den USA nehmen Promis wie Comedian Amy Schumer oder Sängerin Pink direkten Einfluss auf politische Wahlen. In der Schweiz haben wir Gülsha.
Ach, Albert Rösti! Zu viele Hüte tragen führt zu Verwirrung und Wischiwaschi-Politik. Das Gegenmittel: Ja stimmen zur #ES2050! pic.twitter.com/VWeqCOR2Yu
— Energiestrategie Ja (@ES2050_JA) 5. Mai 2017
Die Befürworter spielen auf den Mann oder besser gesagt auf den Hut.
Die #ES2050 ist nicht nur öko-logisch. Sie ist einfach nur logisch. Bertrand Picard erklärt uns warum. Jetzt Ja stimmen! pic.twitter.com/7eWrwbY5LK
— Energiestrategie Ja (@ES2050_JA) 11. Mai 2017
Nochmals Celebrity-Endorsement durch das Ja-Komitee. Solarpionier Bertrand Piccard erklärt uns, warum wir Ja zur ES2050 stimmen sollen.
Ausgerechnet die Energiewende- und Windkraft-Länder Deutschland und Dänemark haben die höchsten Strompreise.#Abst17 #ES2050 Nein! pic.twitter.com/KFkP70w1li
— Karl Rieder (@karl_rieder) 10. Mai 2017
Die Gegner packen die Statistik-Keule aus.
Die Energiestrategie untergräbt die Demokratie, die #es2050 entmachtet das Volk - lesen hilft, Art. 54: pic.twitter.com/kMv2MC6j3d
— Dominik Feusi (@feusl) 6. Mai 2017
Untergangsstimmung bei den Gegnern: Die Demokratie ist in Gefahr!
Gelesen: Energiegesetz lässt Mieter erfrieren, tötet Vögel, verbietet Lebensmittel, schafft Weihnachten, Ferien & Staubsauger ab! So gemein! pic.twitter.com/N48rgSf1KD
— Viktor Giacobbo (@viktorgiacobbo) 15. April 2017
Ohne Show im Fernsehen, aber immer noch mit spitzer Feder auf Twitter.
Un OUI à la #SE2050 va pour le solaire, un NON va pour les déchets nucléaires. Super action de @prosolar_f. Partage! https://t.co/mJdVB8GuRz pic.twitter.com/t9vpUGXFWZ
— StratégieÉnergétique (@SE2050_OUI) 3. Mai 2017
Sacre bleu! Die Aktion von Prosolar schafft es auch in die Romandie.
Die rot-grüne #Energiepolitik verlagert Arbeitsplätze nach China! -Ein teures Abenteuer! #ES2050https://t.co/d7qYyK3VZh via @bazonline
— René Truninger (@ReneTruninger) 13. Mai 2017
Die Gefahr aus dem Osten. Kann man immer bringen.
Wer viel twittert, ist nicht automatisch erfolgreich, und nicht alle Akteure sind gleich effizient. Das zeigt sich daran, wie viele Retweets die User gesammelt haben. Besonders effizient hat auch hier das Ja-Komitee agiert. Mit 73 Tweets hat man insgesamt 1570 Retweets generiert. Das macht im Schnitt 22 Retweets.
Ebenfalls effizient waren mit FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen (@cwasi) und BaZ-Journalist Dominik Feusi (@feusl) zwei Gegner der Vorlage. Sie repräsentieren als Politiker und Journalist zwei der häufigsten und am besten vernetzten Nutzergruppen.
Aktiv, wenn auch mit geringerer Wirkung, war die CVP als Akteurin der Mitte und Befürworterin der Energiestrategie. Über den Partei-Account (@CVP_PDC) und ihre Kampagnenleiterin (@LauraCurau) reichte es für die Top Ten der erfolgreichsten Retweet-Sammler.
Dass man auch mit Beharrlichkeit zum Ziel kommt, beweisen die zwei aktivsten Nutzer. Urs Bolt und Werner Bechtel agierten nicht effizient, konnten aber mit einer «Strategie der vielen Tweets» eine stattliche Anzahl Retweets generieren. Durch ihre periphere Verortung im Follower-Netzwerk erreichen sie aber nur einige wenige Gleichgesinnte. Beide sind Atomkraftbefürworter, die mit dem Verein Energy for Humanity in Verbindung stehen, dessen Ziel ein «Reframing» der Atomenergie als saubere Lösung für das noch grössere Problem Klimawandel ist.