30.08.2018, 09:1716.10.2018, 15:05
SVP-Übervater Christoph Blocher hat in der NZZ ein ausführliches Interview zu den aktuellen Entwicklungen im Verhältnis zwischen der Schweiz und der EU gegeben. Seine wichtigsten Aussagen sind hier zusammengefasst:
Christoph Blocher im Jahr 2014.Bild: KEYSTONE
Sind SVP und SP europapolitisch jetzt plötzlich geeint?
«Warten wir es ab. Die Gewerkschaften erleben jetzt beim Lohnschutz, was passiert, wenn die EU und nicht die Schweiz selber die Gesetze für die Schweiz macht. Die Gewerkschafter haben zu recht Angst vor der Personenfreizügigkeit und lehnen sie ab. Deshalb musste die Gewerkschaftsführung handeln und in der Folge auch die SP. Es rächt sich jetzt, dass die Linke lange blind gegenüber der Gefahr durch Übernahme fremder Gesetze war.»
Wie kommt die Wende der SP?
«Die Wirklichkeit dringt durch den ideologischen Nebel. Und wegen ihrer finanziellen Abhängigkeit kann sich die SP immer weniger von den Gewerkschaften distanzieren. Viele Abstimmungskämpfe zahlen ja die Gewerkschaften. Deshalb bestand die SP beim Rahmenvertrag auch auf einer roten Linie für die flankierenden Massnahmen. Jetzt merkt auch die SP, dass mit dem Rahmenvertrag die EU befiehlt. In diesem Fall trifft es vor allem die Linke. Aber bei den Steuern, der Unionsbürgerschaft, den Beihilfen oder dem Freihandelsvertrag, um nur einige Beispiele zu nennen, trifft es alle Bürger.»
Verbünden sich SVP und SP?
«Nein, die SP will das Gegenteil. Sie will den Rahmenvertrag und in die EU. Sie wird darum kippen. Der sogenannte Rahmenvertrag ist ein kolonialer Vertrag. Die EU bestimmt über die Schweiz, und die Schweiz hat zu gehorchen. Das will die SP, aber leider wollen das auch die anderen Parteien. Jetzt merkt die SP, dass ein Kolonialvertrag noch schlimmer ist als eine Fusion mit der EU. Also will sie den EU-Beitritt, die volle Einbindung der Schweiz in die EU. Doch der einzige gangbare Weg für die Schweiz ist der bisherige selbstbestimmte, weltoffene und erfolgreiche Weg. Davon bin ich fest überzeugt und wahrscheinlich auch die Mehrheit des Volkes.»
Die EU fordert ein Rahmenabkommen mit der Schweiz.Bild: KEYSTONE
Wie steht es um die Selbstbestimmungsinitiative?
«Wir haben die Selbstbestimmungsinitiative lanciert, um die direkte Demokratie zu retten. Sie sorgt dafür, dass weiterhin Schweizer Recht gilt. Die Skepsis der Gewerkschaften zeigt nun allen, was passiert, wenn nicht die Schweiz, sondern das Ausland bestimmt. Kürzlich sagte sogar Frau Alt-Bundesrätin Micheline Calmy-Rey: ‹Das Schweizer Recht schützt besser als das europäische.› Seit 2015 stellt man in Bundesbern plötzlich und willkürlich ganz allgemein internationales Recht – generelles Völkerrecht – über das Schweizer Recht und entmachtet damit die Bürger und das Parlament. Dies, obwohl der Bundesrat in seinem Bericht noch 2010 darlegte: ‹In keinem Staat wird dem Völkerrecht uneingeschränkt der Vorrang vor dem Landesrecht eingeräumt.›»
Über Ignazio Cassis
«Er ist nicht das einzige Mitglied des Bundesrats, bei dessen Äusserungen zur Europapolitik man nicht immer ganz drauskommt. Aber er spricht immerhin unangenehme Tatsachen offen an – auch gegenüber seinen Bundesratskollegen. Das ist positiv. Als sein Vorgänger, Didier Burkhalter, noch im Amt war, musste man immer nach Brüssel, um zu erfahren, was auf Schweizer Seite in der Europapolitik lief. Heute wird die Diskussion offener geführt. Aber im EDA sitzen nach wie vor lauter betonierte Internationalisten. Cassis braucht viel Kraft, wenn er hier durchgreifen will. Ob er die hat? Hoffen wir es.»
Kann ein Rahmenvertrag im Volk Mehrheit haben?
«Nein, die Schweizer Bevölkerung gibt die schweizerische Souveränität und insbesondere die direkte Demokratie nicht preis. Zudem: Die Schweizer Bevölkerung ist der EU gegenüber skeptischer geworden. Laut einer ETH-Studie sind nur noch 15 Prozent aller Schweizerinnen und Schweizer für einen EU-Beitritt. Bei der EWR-Abstimmung 1992 waren es noch um die 50 Prozent.»
Wie geht es mit der EU weiter?
«Die EU will […] unbedingt jetzt und nicht morgen ein hartes Abkommen, schon um den Briten zu zeigen, dass auch die Schweiz spuren muss. Der Schweizer Vertrag wird als Druckmittel gegen die Engländer eingesetzt. Dies darf die Schweiz nicht zulassen. Doch die EU wird den Druck auf die Schweiz erhöhen: ‹Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt.› Nachteile und kleinere Erpressungen werden folgen, wie sie das schon mit der Nichtanerkennung der Börsenäquivalenz versucht hat. […] Der Herbst könnte unangenehm werden.»
Mehr zu Christoph Blocher:
«Ein schwarzer Tag für die Schweizer Wirtschaft»
Video: srf
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