Schweiz
Facebook

Warum die Hass-Posts auf Glarners Profil nicht verschwinden

Zyankali ins Flüchtlingsessen: Warum die Facebook-Hass-Posts bei Glarner nicht verschwinden

Auf dem Facebook-Profil von Andreas Glarner sind menschenverachtende Posts zu lesen. Der SVP-Nationalrat weiss davon – hat die Kommentare aber trotzdem nicht gelöscht.
30.05.2016, 07:4131.05.2016, 09:50
Manuel Bühlmann
Mehr «Schweiz»
Glarners Facebook-Profil.
Glarners Facebook-Profil.screenshot

Zyankali ins Essen von Flüchtlingen mischen, schlagen die einen vor. Andere beschimpfen Bundesrätin Simonetta Sommaruga und Regierungsrätin Susanne Hochuli, reimen über tote Asylsuchende. Diese Kommentare finden sich auf dem Facebook-Profil von Andreas Glarner.

Die «Schweiz am Sonntag» konfrontierte den SVP-Nationalrat Mitte Mai mit diesen Einträgen auf seinem Profil. Diese seien ihm nicht bekannt, sagte Andreas Glarner und bittet um Printscreens, damit er diese löschen könne. «Das ist völlig daneben und nicht mein Stil.» Das Mail mit fünf besonders heiklen Passagen seines Profils erhielt er kurz darauf.

Zwei Wochen sind seither vergangen – und die Einträge sind immer noch öffentlich zugänglich auf Andreas Glarners Facebook-Profil zu lesen. Unwidersprochen, ungelöscht – aber nicht unentdeckt.

Der Rapper Knackeboul etwa verbreitete auf Twitter einige Aussagen von Glarners Profil. Sein Kommentar: «Würden SVP-Hardliner jeden Verfasser rassistischer Kommentare auf ihren Profilen sperren, würde ihre Online-Community drastisch schrumpfen.»

Strafverfahren denkbar

Juristisch gesehen handelt es sich bei den Einträgen auf Facebook um einen Graubereich. Allerdings könnten durchaus auch dem Betreiber eines Profils rechtliche Folgen drohen. Dieser müsse damit rechnen, für Äusserungen von Dritten, die persönlichkeitsverletzend sind, als Mitwirkender eingeklagt zu werden, sagt der auf IT-Fragen spezialisierte Jurist Martin Steiger.

Und: «In strafrechtlicher Hinsicht wäre ein Strafverfahren wegen Gehilfenschaft zur Rassendiskriminierung denkbar.» Bei einer Verurteilung würde eine Geldstrafe drohen. Da es sich bei Rassendiskriminierung um ein Offizialdelikt handelt, könnte jedermann Strafanzeige einreichen.

Andreas Glarner hat bisher nicht auf die Hass-Kommentare auf seinem Profil reagiert.
Andreas Glarner hat bisher nicht auf die Hass-Kommentare auf seinem Profil reagiert.
Bild: KEYSTONE

Martin Steiger spricht sich für eine grosszügige Auslegung aus, da angesichts der Masse an Kommentaren von einem Profilinhaber nicht erwartet werden könne, jeden einzelnen Eintrag zu prüfen. Wer jedoch einen Hinweis erhalte, müsse umgehend handeln.

Mehr zum Thema

Facebook
AbonnierenAbonnieren

«Spätestens von diesem Moment an steht man zweifellos in der Verantwortung.» Zum vorliegenden Fall sagt Steiger deshalb: «Der Seiten-Betreiber müsste sich vorhalten lassen, dass er trotz Wissen um die Äusserungen nicht unverzüglich gehandelt hat.»

Mehr zum Thema

SVP
AbonnierenAbonnieren

Keine Angst vor den Folgen

Auf die nach wie vor ungelöschten Einträge angesprochen, erklärt Andreas Glarner: «Mir hat die Zeit und das technische Wissen gefehlt, um die Kommentare zu löschen.» Während des Telefongesprächs setzt er sich an den Computer in seinem Büro und bittet um Erklärung, wie die Einträge zu finden und entfernen sind.

Jetzt auf

Rechtliche Konsequenzen aufgrund der Äusserungen auf seinem Facebook-Profil fürchte er nicht, sagt er. Einer möglichen Anzeige sieht der SVP-Nationalrat gelassen entgegen. Er kündigt bereits juristische Gegenwehr an: «Ich würde einen Musterprozess in Kauf nehmen, um eine solch absurde Praxis zu verhindern.» Als Politiker habe man schlicht nicht die Zeit, um alle Kommentare zu lesen und zu überprüfen.

(aargauerzeitung.ch)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
43 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Töfflifahrer
30.05.2016 08:00registriert August 2015
Ehrlich jetzt, hat irgend jemand erwartet, dass der Glarner solche Posts löscht? Eher nicht oder. Die lahme Ausrede, ihm fehle das Know How um die Posts zu löschen, ist ja wohl die absolut dämlichste Ausrede.
Ich nenne dies Rassismus, Diskriminierung und einfach nur braunes Gekotze. Leider hat er von unseren Strafverfolgungsbehörden und der Justiz wohl keine Konsequenzen zu erwarten.
Frage, kann eigentlich ein Kanton jemanden zwingen den Namen zu ändern? Für Glarus wird's langsam Ruf schädigend!
11113
Melden
Zum Kommentar
avatar
Die Super-Schweizer
30.05.2016 08:25registriert Dezember 2014
Auf beinahe sämtlichen Profilen von SVP-Politikern und -Sektionen wird ausgeschafft, vergast, Flüchtlingen der Tod durch Ertrinken gewünscht. Und das ist für die Blocherbewegung auch wünschenswert: 40% der SVP-Wähler neigen zu rechtsextremem Gedankengut. Schaut mal auf der FB-Gruppe "Die Super-Schweizer" rein, da findet Ihr immer die neusten Peinlichkeiten der Blocher-Partei :-)
Zyankali ins Flüchtlingsessen: Warum die Facebook-Hass-Posts bei Glarner nicht verschwinden
Auf beinahe sämtlichen Profilen von SVP-Politikern und -Sektionen wird ausgeschafft, vergast, Flüchtlinge ...
11420
Melden
Zum Kommentar
avatar
Matteo Grande
30.05.2016 10:53registriert Mai 2016
Der sog. Migrationsexperte der SVP, der trotz Dossieverantwortlichkeit erst noch sattelfest werden muss, und fleissig auf Facebook wettert, hat zwar genug Kenntnisse, zum Verfassen von Kommentaren, weiss aber nicht, wie er solche löschen kann?
Und zum Argument bezüglich fehlender Zeit: das ist alles eine Frage der Prioritäten. Und diese werden durch die Aussage umso klarer.
Wen wunderts?
9416
Melden
Zum Kommentar
43
Eklat in der SVP: Christian Imark stellt pikante Forderung an Magdalena Martullo-Blocher
Das ist höchst ungewöhnlich. Energiespezialist Imark greift SVP-Vizepräsidentin Martullo-Blocher offen an. Sein Vorwurf: Mit ihrem Nein zum Stromgesetz gefährde sie langfristige Parteiinteressen.

Auf der einen Seite steht Christian Imark. Der SVP-Nationalrat aus Solothurn brachte am 2021 das CO₂-Gesetz praktisch im Alleingang zum Absturz. Im Februar 2024 reichte er als Mitglied des Initiativkomitees die Blackoutinitiative ein, die neue AKW wieder erlauben will. Und 2023 war er als Vertreter der Energiekommission (Urek) verantwortlich dafür, dass die SVP-Fraktion das Stromgesetz von SVP-Bundesrat Albert Rösti mit 36:18 Stimmen absegnete. Die Volksabstimmung findet am 9. Juni statt.

Zur Story