Schweiz
Fair Food

Gegner der Agrarinitiativen gewinnen an Terrain

ARCHIV -- ZU DEN EIDGENOESSISCHEN ABSTIMMUNGEN VOM SONNTAG, 23. SEPTEMBER 2018, UEBER DIE FAIR FOOD INITITAVE, STELLEN WIR IHNEN FOLGENDES BILDMATERIAL ZUR VERFUEGUNG -- THERWIL - 23.6.2017: GASTARBEI ...
Die Agrarinitiativen «Für Ernährungssouveränität» und «Fair Food» haben in den vergangenen Wochen an Zustimmung verloren.Bild: Stefan Bohrer

Fair-Food-Initiative droht zu scheitern

12.09.2018, 06:3012.09.2018, 08:58
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Wie erwartet haben die Agrarinitiativen «Für Ernährungssouveränität» und «Fair Food» in den letzten Wochen an Unterstützung verloren. Doch während die Gegner gemäss der Tamedia-Umfrage bereits führen, liegen die Befürworter in der SRG-Umfrage weiter knapp vorne.

Die zweite SRG-Trendumfrage ergab zwar, dass sich zwei Wochen vor der Abstimmung am 23. September noch 53 Prozent für die Fair-Food-Initiative (bei 45 Prozent Nein) und 49 Prozent zur Initiative für Ernährungssouveränität (bei 46 Prozent Nein) ausgesprochen hätten.

Doch im Vergleich zum deutlichen Ja bei der ersten Umfrage verloren beide Vorlagen innerhalb eines Monats rund einen Drittel ihrer Unterstützer. Der Trend in Richtung Nein sei derart deutlich, dass «alles andere als eine Ablehnung am 23. September eine Überraschung wäre», teilten die SRG und das Meinungsforschungsinstitut GFS Bern am Mittwoch mit.

Klares Nein bei Tamedia

Der Fair-Food-Initiative seien mit zunehmender Auseinandersetzung mit der Vorlage die anfänglichen Sympathien in der politischen Mitte und rechts davon weggebrochen. Demnach hätten CVP, FDP und SVP die Vorlage letzte Woche abgelehnt.

Diese Tendenz zeigt sich auch in der dritten Online-Umfragewelle im Auftrag von Tamedia. Bei der SVP setzte sich das Nein-Lager mit einem Anteil von 70 Prozent durch – nach einem anfänglichen knappen Ja von 52 Prozent. Bei der CVP brach die Zustimmung von 60 Prozent vor einem Monat auf heute noch 36 Prozent regelrecht ein.

Insgesamt sprachen sich gemäss dieser Umfrage nur noch 43 Prozent der Stimmberechtigten für die Fair-Food-Initiative aus. In der ersten Welle Anfang August hatten noch 64 Prozent für das Begehren gestimmt, vor zwei Wochen waren es immerhin noch 55 Prozent.

Gleichzeitig legten die Gegner der Initiative auf 56 Prozent zu. Die als Argument ins Feld geführte Befürchtung, dass die Lebensmittel teurer und der Einkaufstourismus grösser werden könnten, überzeugte am meisten.

Ähnlich sieht es bei der SRG-Umfrage aus. Hier überwog jedoch die Angst vor Konflikten mit Handelspartnern, gefolgt vom «neu formulierten Argument», dass Lebensmittel teurer werden könnten.

Einbruch bei Ernährungssouveränität

Noch deutlicher sank die Zustimmung in der Tamedia-Umfrage für die Ernährungssouveränitäts-Initiative der Bauerngewerkschaft Uniterre. Hatte dieses Begehren vor einem Monat noch 62 Prozent der Stimmberechtigten und vor zwei Wochen noch 53 Prozent überzeugen können, sind es aktuell nur noch 39 Prozent.

Das Nein-Lager hingegen legte von 34 Prozent bei der ersten kontinuierlich auf 59 Prozent bei der dritten Welle zu. Hauptargumente sind die Furcht vor der Marktabschottung und höheren Preisen sowie der Widerspruch zur internationalen Handelspolitik.

Nach einem knappen Ja vor zwei Wochen sind mittlerweile auch die SVP-Anhänger mit 33 Prozent deutlich gegen die Vorlage. Weiterhin auf Unterstützung zählen kann die Initiative nur noch bei den Anhängern von SP und Grünen.

Pattsituation

Bei der SRG-Umfrage erreicht die Ernährungssouveränitäts-Initiative wenigsten noch ein Patt, mit einem Ja-Anteil von 49 Prozent gegenüber einem Nein-Anteil von 46 Prozent. Doch auch hier ist das Lager der Befürworter deutlich geschrumpft: Vor einem Monat hatten sich noch 75 Prozent der Befragten für das Volksbegehren und lediglich 22 Prozent dagegen ausgesprochen.

Vor allem in der Deutschschweiz sei die Zustimmung weggebrochen, hiess es dazu. Gleich wie bei der Fair-Food-Initiative hätten auch hier die Pro-Argumente (wie zum Beispiel der Schutz des Bodens für nachkommende Generationen und eine Stärkung der einheimischen Produktion) an Zustimmung einbüsst.

Die Gegner dagegen konnten mit dem Verweis auf die Mündigkeit der Konsumenten oder der Furcht vor einer Verteuerung der Schweizer Landwirtschaftsprodukte punkten. Parteipolitisch sagt die Linke weiterhin Ja. Die Mitte und die Rechte sind für ein Nein, auch wenn die Vorlage bei der SVP noch Sympathien geniesst.

«Die Landwirtschaft kostet die Schweiz jährlich 20 Mrd.»

Video: srf

Gute Chance für Velowege

Gute Chancen auf ein Ja am 23. September hat hingegen die dritte Vorlage, der Verfassungsartikel über die Velowege. In der Tamedia-Umfrage stieg die Zustimmung zum Bundesbeschluss, dem Gegenentwurf zur Velo-Initiative, nach 50 Prozent vor zwei Wochen auf 57 Prozent.

In der SRG-Befragung erreichte der Ja-Anteil nach 64 Prozent vor einem Monat nun gar 69 Prozent. Dank der «Alltagsnähe des Velofahrens steige die Zustimmung in fast allen Lagern. Sogar innerhalb der SVP treffe die Opposition der Parteispitze auf «recht breite Skepsis», hiess es dazu.

Für die dritte Tamedia-Umfragewelle wurden am 6. und 7. September 10'230 Personen online befragt und die Antworten nach demographischen, geographischen und politischen Variablen gewichtet. Die zweite SRG-SSR-Trendbefragung wurde zwischen dem 29. August und dem 5. September anhand der Angaben von 1400 repräsentativ ausgewählten Stimmberechtigten realisiert. (sda)

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35 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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dorfne
12.09.2018 09:22registriert Februar 2017
"Die Mündigkeit des Bürgers." Wie mündig der Bürger ist, sieht man ja am Zustand der Umwelt. Wir zerstören schleichend unsere Lebensgrundlage. Nur tut es noch nicht weh. Das kommt noch. Inzwischen ist das Portemonnaie wichtiger als das Andere.
Jeder in der Schweiz, der stets das neuste Smartphone hat, könnte sich etwas teurere Lebensmittel leisten, wenn er dafür weniger Fleisch essen und auf Fertigprodukte verzichten würde. Wobei ja nicht einmal sich ist, ob Alles teurer würde. Es ist einfach wieder eine dieser Angstkeulen. Das verfängt leider fast immer.
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reamiado
12.09.2018 08:24registriert Februar 2015
Finde ich schade
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Geophage
12.09.2018 08:26registriert Februar 2018
Ihr besteht also auf das Recht, Poulet aus Brasilien und Gemüse aus Almeria zu kaufen, weshalb? Die Erde scheint euch einen Dreck wert zu sein. Die Armen und Benachteiligten sind ja offensichtlich nicht der Grund, denn die werden ja durch das bestehende System erzeugt. Es geht nur um euer eigenes Geld, nicht um jenes der Anderen. Es ist zwar auch mit wenig Geld möglich gesund zu Kochen, aber die Werbung suggeriert etwas anderes. Die heutige Situation optimiert nur eines, den Geldbeutel der Reichen. Die können weiterhin tiefe Löhne zahlen und uns mit billigst Nahrung versorgen. Denkt mit!
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