Dieses Jahr stehen am Tag der Arbeit grosse Anlässe an. Zum ersten Mal seit 2019 finden die Demonstrationen ohne Corona-Einschränkungen statt. Thema ist neben den gewerkschaftlichen Forderungen auch der Krieg in der Ukraine. Gleichzeitig stehen im Sport grosse Entscheidungsspiele an: Zürich könnte theoretisch im Fussball wie auch im Eishockey Meister werden. Obschon in den Städten Basel und Zürich viele Sportfans und 1.-Mai-Demonstranten erwartet werden, reagiert die Polizei anders als erwartet.
An mindestens 45 grösseren und kleineren Städten in der Schweiz finden dieses Jahr Anlässe zum Tag der Arbeit statt, einige davon bereits am Samstag, 30. April. Diesmal sind die Anlässe thematisch vom Krieg in der Ukraine geprägt: «Wie immer» treffe es die Schwächsten und Ärmsten am härtesten, schreibt zum Beispiel die Gewerkschaft Unia. Und weiter: «Die Hauptlast des Krieges tragen die einfachen Arbeiterinnen.» Man demonstriere deshalb auch gegen den Krieg und für die Offenheit der Schweiz gegenüber Kriegsflüchtlingen.
In diesem Jahr werden die Demonstrationen und Anlässe zum ersten Mal seit 2019 wieder in ihrem gewohnten Umfang stattfinden können. Damals stand der 1. Mai im Zeichen des Frauenstreiks. In Zürich fand die mit Abstand grösste Versammlung statt, etwa 16'000 Menschen haben an der Demo teilgenommen, so viele wie davor Jahre nicht.
Was dieses Jahr ebenfalls am Sonntag, 1. Mai, stattfinden könnte: Die Besiegelung des neuen Fussball-Schweizermeisters FC Zürich. Der FCZ spielt dabei am Sonntag auswärts gegen Basel. Ihm reicht ein Unentschieden, dann ist er rechnerisch uneinholbar in der Meisterschaft.
In Basel werden derweil böse Erinnerungen wach: Die «Schande von Basel» markiert jenes Ereignis, als Zürich 2006 in letzter Minute auswärts Fussball-Meister wurde. Noch in der Nachspielzeit schoss der FCZ das 2:1 – bei einem Unentschieden wäre Basel Meister geworden. Daraufhin kam es zum Platzsturm durch Basel-Fans, bei dem Spieler tätlich angegangen wurden. Noch Stunden später gab es Verletzte, vor dem Stadion kam es zu Sachbeschädigungen.
Das Risiko für solche Szenen ist dieses Jahr wohl geringer: Die Emotionen dürften etwas gemässigter sein, schliesslich steht ein Sieg des FCZ, der letztmals 2009 Meister wurde, in der Meisterschaft rein praktisch schon länger fest. Trotzdem: Wenn die Zürcher gegen die Basler spielen, sprechen die Medien fast immer von einem Hochrisikospiel. Fest steht: In Basel will man keine Zürcher Feierlichkeiten sehen. «Am Sonntag braucht der FCB jeden einzelnen Fan, wenn er einen Zürcher Meistertitel im Joggeli verhindern will», schreibt zum Beispiel das Basler Online-Magazin «bajour».
Es ist ein Aufruf an die Basler-Fans, möglichst viele Tickets zu kaufen. Der FCB hat nämlich mit Blick auf das Hochrisikospiel entschieden, Tickets nur physisch in den FCB-Shops zu verkaufen, höchstens vier pro Person. Ausserdem hat man in Basel schon Anfang April entschieden, für das Spiel gegen Zürich den Gästesektor zu vergrössern, um eine Durchmischung möglichst zu verhindern.
Neben Demos und einer potenziellen Meisterfeier besteht obendrauf noch die Möglichkeit, dass Fussball- mit Eishockey-Fans in Zürich gemeinsam anstossen. In einem emotionalen Playoff-Finale duellieren sich derzeit die ZSC Lions mit dem EV Zug. Diese Serie könnte schon am Freitag enden, wenn der ZSC die nächste Chance auf den vierten und entscheidenden Sieg hat. Gelingt das nicht, so steht am Sonntag das endgültige Duell um den Titel des Schweizer Meisters an. Auch das könnte grosse Emotionen und ausschweifende Feiern in Zürich auslösen.
Es könnte am Sonntag also viel auf die Städte Basel und insbesondere Zürich zukommen. In beiden Städten äussert sich die Polizei gegenüber den Medien nüchtern: Man sei sich den Umständen natürlich bewusst, diese flössen in die laufenden Einsatz-Planungen ein, sagt zum Beispiel die Mediensprecherin der Stadtpolizei Zürich gegenüber dem «Blick». Trotzdem gehe man nicht davon aus, dass die Kantonspolizei den städtischen Korps unterstützen müsse. Auch die basel-städtische Kantonspolizei geht davon aus, die Anlässe am Sonntag alleine bewältigen zu können.
Es bleibt für den 1. Mai die Hoffnung, dass sich die Demonstrationen und die allfällige Meisterfeiern zeitlich nicht in den Weg kommen: In Basel beginnt der Demonstrationszug vom De Wette Park zur Kaserne bereits um 10 Uhr 45. Und in Zürich soll es auf dem Helvetiaplatz schon um 10 Uhr losgehen. Die Begegnung zwischen den beiden Fussball-Rivalen hingegen wird erst um 16 Uhr 30 angepfiffen. (lak)