Aufregung in der Palexpo-Halle in Genf.Bild: EPA/KEYSTONE
Sie sind jung, gläubig und heute an der Papst-Messe in Genf. Was treibt diese Menschen an, die Schule zu schwänzen, extra bei der Arbeit freizunehmen oder ewig lange mit dem Auto im Stau zu stehen, um hierher zu kommen?
21.06.2018, 17:2422.06.2018, 14:39
Camille kündig, genf
Habemus Papam. Seit heute Morgen 10 nach 10 atmet der heilige Vater Schweizer Luft. Franziskus kam mit dem Flugzeug und ist nun zu Fuss unterwegs, ohne sein Papst-Mobil.
Fromme Katholiken sind ganz aus dem Häuschen. Ist es doch schon 14 Jahre her, seit ein katholisches Oberhaupt, damals Papst Johannes-Paul II, in der Schweiz eine Messe abhielt. Nun wird Franziskus um 17.30 Uhr in der Genfer Palexpo-Halle die Eucharistiefeier halten.
Die 41'000 Plätze für die Gläubigen waren im Nu vergeben. Für die insgesamt erwarteten 50'000 Besucherinnen und Besucher setzen die SBB gar neun Extrazüge ein – und das in Zeiten, wo sich die Kirchen immer mehr leeren. Der Kostenpunkt dieser grossen Aufregung: Rund zwei Millionen Franken. Ausgaben, die das Bistum Freiburg an den Rand des Ruins treiben, wie SRF berichtete.
Franziskus gilt als liberaler als seine Vorgänger. Doch mit seiner Definition des Familienbegriffs sorgte der Pontifex erst wenige Tage vor seinem Schweiz-Besuch für Aufsehen. Seiner Ansicht nach können nur Männer und Frauen eine Familie sein – er schliesst damit homosexuelle Paare klar aus. Zudem lobte er Frauen, die ihren fremdgehenden Männern vergeben. Auch sein Vergleich von Abtreibungen mit Programmen der Nationalsozialisten erregte Aufmerksamkeit.
Nota bene ...
watson hätte gerne mit Papst Franziskus über diese und andere Themen gesprochen. Der Pressedienst des Kirchenoberhaupts schlug ein Interview jedoch aus und antwortet trocken einzig mit den Worten: «It is not possible.»
Die Fans interessieren die Kontroversen um das Kirchenoberhaupt jedoch wenig. Wenn Franziskus auf die Bühne tritt, schwingen sie Fahnen und Banner, klatschen, juchzen, rufen seinen Namen. Warum die Kritik an ihrem Oberhaupt an ihnen abprallt, erzählen die Papst-Groupies selbst.
Florian (19) aus Genf
«Ich nehme jede Woche an der Messe teil. Das ist für mich ein zentraler Aspekt meines Lebens. Ich stehe ganz auf der Papst-Linie. Auch in Bezug auf das Familienbild und Abtreibungen. Gott liebt alle, das ist klar. Aber eine Familie entsteht nun einfach aus einer Beziehung zwischen Mann und Frau. Sex vor der Ehe? Wir sündigen ja alle. Aber eigentlich bin ich der Meinung, dass wir warten sollten. Ich habe das jedenfalls vor.»
Mendonça (31) aus Brasilien
«Ich bin momentan zu Besuch in der Schweiz und die Papst-Messe konnte ich mir als gläubige Christin natürlich nicht entgehen lassen. Für mich wird das ein bewegender Moment. Den Papst zu sehen ist für mich einer der prägendsten Momente meines Lebens. Ich finde, die Kirche hat sich in den letzten Jahren bereits sehr geöffnet und ist viel toleranter geworden. Das sollten die Leute schon auch sehen.»
Cen (58) aus Rolle VD
«Wissen Sie, ich bin IV-Bezüger. Seit Jahren habe ich mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen – und Gott gibt mir dabei Kraft. Papst Franziskus bewundere ich besonders. Er ist der Papst der Armen, lebt selbst simpel und lehnt jegliche Privilegien ab. Ich komme ursprünglich aus einem Land, in dem es viele Muslime gibt. Auch ihnen gegenüber zeigt sich Papst Franziskus offen und tolerant. Das ist wichtig für mich und zeigt mir, was für ein guter Mensch er ist.»
Célia und Julien (17) aus Genf
«Wir sind in erster Linie hier, weil mein Vater sehr gläubig ist, und es ihn freut, dass wir das hier als Familie zusammen erleben. Wir beide sind zwar katholisch, aber nicht streng gläubig. Uns stört die konservative Haltung der Kirche. Es wäre Zeit, dass sie sich unserem Zeitalter anpasst. Ganz besonders in Bezug auf die Homo-Ehe.»
Julien.
Claire, Oriane und Magalie (16) aus Saint-Maurice VS
«Wir sind mit unserer Schule da. Freiwillig. Viele blieben lieber in den Klassenzimmern, wir waren aber sofort begeistert und wollten unbedingt an der Messe teilnehmen. So etwas erlebt man vielleicht nur einmal im Leben. Wir hoffen, dass es ein intensives und schönes Erlebnis wird. Zwar geht keine von uns regelmässig in die Kirche, aber der Glauben ist ein wichtiger Teil von uns.»
Ein lockerer Priester (35) aus Frankreich
«Ich bin dem Papst schon durch die ganze Welt gefolgt. Heute bin ich mit 60 Personen aus meiner Gemeinde hier. Mit meinem Look falle ich oft auf, aber eigentlich erhalte ich nur positive Feedbacks. Die Leute kommen immer weniger in die Kirche, also müssen wir sie halt dort abholen, wo sie sind. Deshalb gehe ich auch oft an Partys und ein Glas Bier liegt ebenfalls gut drin.»
Touristen aus England
«Wir sind nur hier, weil wir auf den Abflug unseres Flugzeugs warten und neugierig waren zu sehen, wer an ein solches Event geht. Die Abflugsbahn ist ja nur ein paar Meter von der Palexpo-Halle entfernt. Schon lustig, dass sich so viele Leute für die Papst-Messe begeistern. Aber wenn sie Freude daran haben, na gut. Schadet ja niemandem.»
Nathan (15) aus dem Wallis
«Ich freue mich mega, heute hier zu sein. Das wird ein einmaliges Erlebnis. Kritik am Papst und der Kirche allgemein ist mir egal. Ich finde Papst Franziskus super und glaube, dass sich dank ihm auch wieder mehr Junge für die Religion interessieren.»
Die vietnamesisch-katholische Gemeinde der Schweiz
«Von unserem Verein sind heute 400 Leute hier. Für uns ist es ein solch grosses Privileg, dass der Papst hierher kommt, dass alle teilnehmen wollten. Der Glauben gibt uns Kraft, mit ihm sind wir nie alleine. Heute wollen wir das zelebrieren und Danke sagen.»
Khiet, 50, Vereinspräsident Romandie
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quelle: epa/reuters pool / tony gentile / pool
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Video: srf/SDA SRF
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