«Drohende Gefahr. Cop Map – melde Cops in deiner Nähe». Dieser in Grossbuchstaben verfasste Schriftzug fällt als erstes ins Auge, wenn man die neue Webseite besucht. Und er fasst den Sinn und Zweck des neuen Tools gut zusammen: Unter cop-map.com können User melden, wenn sie auf der Strasse einem Streifenwagen oder einer Polizeikontrolle begegnen. Der Eintrag ploppt dann ungeprüft auf der Karte auf und bleibt etwas mehr als 100 Minuten für jedermann sichtbar. Zudem sind auf der Karte auch Polizeiposten und Überwachungskameras eingezeichnet.
Hinter der Webseite steckt das deutsche «Peng!»-Kollektiv, eine Gruppe von deutschen Künstlern, Aktivisten, Handwerkern und Wissenschaftlern. Ziel ist jenen zu helfen, die sich vor der Polizei fürchten. «Die Idee ist, ein Tool anzubieten, das Menschen nutzen können, die aus Gründen die Polizei meiden wollen», sagt Peng-Aktivistin Nina Los zu watson.de. Sie meint damit etwa potenziell Betroffene von Racial Profiling. Sprich Menschen, die wegen äusseren Merkmalen, wie etwa Hautfarbe, häufiger kontrolliert werden.
«Die Polizei ist nur für bestimmte Schichten der Gesellschaft der Freund und Helfer», sagt Los weiter. Es gebe Communities, die überproportional von Polizeibrutalität, Gewalt und Willkür betroffen seien. Die Aktivisten befürchten, dass dies durch neue Polizeiaufgabengesetze verschärft wird. So hat etwa die bayerische Polizei seit Mai so viele Befugnisse wie noch nie.
Folglich werden derzeit vor allem in München Streifenwagen und Polizeikontrollen durch User gemeldet. Doch auch in der Schweiz ploppt zwischendurch eine neue Meldung auf. Wie diese hier:
Wer sich entscheidet, selber auf dem neuem Tool einen Streifenwagen oder eine Kontrolle zu melden, muss keine Angst haben, dass er verzeigt wird. In der Schweiz ist nur die Warnung vor einer Radarkontrolle explizit verboten.
Der Jurist Tarek Naguib engagiert sich im Kampf gegen Racial Profiling. Konkret zum neuen Tool will er keine Stellung nehmen, da er es zu wenig kenne. Doch das Konzept findet er interessant. «Wenn Polizeikontrollen lokalitätsbezogen dokumentiert werden, kann dies helfen, diskriminierende Kontrollpraxen der Behörden leichter aufzudecken.» Naguib stellt laut eigenen Angaben fest, dass die Polizei an bestimmten Orten verstärkt Kontrollen aufgrund der äusseren Erscheinung durchführe, obwohl dies aus Sicht der Kriminalitätsbekämpfung nicht sinnvoll ist.
Das neue Tool muss aber auch viel Kritik einstecken. Der Vorsitzende der deutschen Gewerkschaft der Polizei bezeichnete die Cop Map als «ganz klar polizeifeindlich», wie er gegenüber der «Welt» sagte. Zudem könne das Tool das Risiko für Polizeistreifen erhöhen.
Entspannter geben sich die angefragten Schweizer Polizeien. Man habe Kenntnis vom neuen Tool, teilt ein Sprecher der Kantonspolizei Bern mit. Dieses werde die Arbeit der Polizei aber nicht beeinflussen, «da es sich dabei nicht um eine systematische Erfassung von Aktivitäten der Polizei handelt, wird es auch keine komplette Übersicht bieten.» Der Sprecher hält weiter fest, dass Racial Profiling von der Behörde weder betrieben noch toleriert werde und die Beamten entsprechend sensibilisiert und ausgebildet seien.
Auch die Kantonspolizei Aargau geht nicht davon aus, dass das Tool die Polizeiarbeit gross beeinflusst. Mit einer Ausnahme, wie Sprecher Roland Pfister anfügt: «Problematisch wäre es etwa bei einem Terrorangriff. Nämlich dann, wenn sich die noch nicht gefassten Täter über ein Tool wie Cop Map informieren könnten, wo sich überall Polizisten befinden.» Dasselbe Problem gebe es aber auch mit Bildern, die über die sozialen Medien wie Twitter und Facebook geteilt würden.