Gehört das Entwickeln von Spiele-Apps zum Service Public? Bereits beim Lancieren der SRG-App «Politbox» vor vier Tagen musste sich Entwickler Konrad Weber dieser Frage stellen. «Ja», sagte er damals gegenüber watson. «Es gehört zum Auftrag der SRG, einen aktiven Beitrag zur politischen Informationsvermittlung und Meinungsbildung beizutragen.»
Das sieht der Verband Schweizer Medien anders. Er hat am 4. Mai Anzeige beim Bundesamt für Kommunikation (Bakom) eingereicht. «Die App ist in unseren Augen eine klare Konzessionsverletzung», begründet Verbandsdirektorin Verena Vonarburg den Schritt.
Die vom Bakom entwickelten Richtlinien für das Online-Angebot der SRG legen fest, dass Inhalte mit Sendungsbezug einen direkten zeitlichen und thematischen Bezug zu redaktionellen Sendungen oder Sendeteilen aufweisen müssen. Online-Inhalte ohne Sendungsbezug sind nur als «Textbeiträge in den Sparten News, Sport und Regionales/Lokales» erlaubt, heisst es auf der Website der SRG.
«Die ‹Politbox›-App hat überhaupt keinen Sendebezug, sondern wird von der SRG auch als eigenständiges neues digitales Angebot angepriesen», sagt Vonarburg. «Die gebührenfinanzierte SRG verletzt aber nicht nur die Konzession, sondern konkurrenziert und bedroht private Anbieter», befürchtet Vonarburg.
Und zwar mit massivem Ressourcen-Aufwand: SRG-Redaktoren aus allen Sprachregionen haben sich 320 Fragen ausgedacht und übersetzt. Zusätzlich tourt das «Politbox»-Team mit einem Bus durch die Schweiz und schaltet Live-Sendungen. Zu den Kosten nimmt die SRG keine Stellung. «Politbox» werde aus dem regulären SRG-Budget zu den Wahlsendungen 2015 finanziert, heisst es auf Anfrage.
Jede Menge Kabel und viel Technik – erster Test für @politbox on tour. Bald gehts los. pic.twitter.com/TbwyasA3ys
— politbox (@politbox) 24. April 2015
Es ist nicht das erste Mal, dass sich die SRG mit einem Online-Angebot in die Schusslinie bugsiert. Die App zur Fussball-WM war wegen zu langer Texte nicht konzessionskonform, wurde vom Verband Schweizer Medien beim Bakom angezeigt und musste in der Folge von der SRG angepasst werden. «Dass die SRG offenbar gezielt Konzessionsverletzungen in Kauf nimmt, ist reine Provokation», sagt Vonarburg.
SRF-Mediensprecher Stefan Wyss widerspricht. Die SRG unterbreite dem Bakom eine Produktion nur, wenn Unsicherheiten über die Zulässigkeit bestünden. «Das war hier nicht nötig», sagt Wyss. Das «Politbox»-Quiz und die darin enthaltenen Umfragen seien wesentlicher Bestandteil der «Politbox»-Live-Sendungen vor Ort – daher sei die App auch vor der ersten Sendung lanciert worden. «Der Sendebezug liegt also auf der Hand», sagt Wyss. Ohne «Politbox»-Quiz und «Politbox»-Umfragen, die Kern und roter Faden der Live-Sendung seien, würde die Grundlage der «Politbox»-Sendungen entfallen.
Martin Candinas, CVP-Nationalrat und Mitglied des Befürworterkomitees des neuen Gesetzes über Radio- und Fernsehen (RTVG), sagt: «Im Grundsatz begrüsse ich sämtliche Bestrebungen der SRG, die Jungen an die Urne zu locken.» Doch die SRG müsse mit solchen Angeboten vorsichtig umgehen. «Und ob das Programm konfessionskonform ist oder nicht, muss das Bakom entscheiden», sagt Candinas.
Beim Bakom heisst es, man habe den Hinweis erhalten und prüfe nun, ob die App den Konzessionen entspreche.
Verstehe ich jetzt nicht genau? Worin denn genau? Mir kommt trotz intensivem Ueberlegen kein vergleichbares Angebot privater Veranstalter in den Sinn.
Und sogar der Sendebezug ist gegeben, handelt es sich doch um ein ergänzendes Angebot zu den Wahlsondersendungen.