Schweiz
Gesellschaft & Politik

Nach Ende des SBB-Monopols: Ist jetzt das GA in Gefahr?

Nach Ende des SBB-Monopols: Ist jetzt das GA in Gefahr?

Das Bundesamt für Verkehr hat entschieden, dass die BLS ab 2020 zwei Fernverkehrsverbindungen der SBB übernehmen kann. Künftig müssen sich die beiden Konkurrenten über Billettpreise einig werden.
21.04.2018, 16:03
Philipp Felber / Schweiz am Wochenende
Mehr «Schweiz»

Der Wettbewerb ist eröffnet. Am Donnerstag hat das Bundesamt für Verkehr die Weichen gestellt für eine neue Zeitrechnung im Fernverkehr auf den Schweizer Schienen. Die BLS fährt bald auf zwei Linien im Fernverkehr: Bern–Biel und Bern–Olten. Das Monopol der SBB ist vorbei. Bereits im Februar hat das Bundesamt für Verkehr (BAV) entschieden, dass künftig Fernbusse in der Schweiz verkehren dürfen. Dieser Wettbewerb könnte das Generalabonnement, das Rückgrat des schweizerischen öffentlichen Verkehrs, gefährden.

Jetzt auf

Im letzten Jahr fuhren rund 480 000 Passagiere mit dem GA. Dazu kommen rund 2.5 Millionen Halbtaxabos. Ermöglicht werden sowohl Halbtax wie auch Generalabonnement durch den sogenannten direkten Verkehr (DV). Dieser Tarifgemeinschaft gehört eine Mehrheit der Schweizer Unternehmen im öffentlichen Verkehr an. Der DV regelt zum Beispiel auch, dass man mit einem einzigen Billett in der ganzen Schweiz herumreisen kann. Ueli Stückelberger, Präsident des Verbands öffentlicher Verkehr, gibt sich zuversichtlich, dass der DV und damit auch GA und Halbtax nicht gefährdet sind.

Doch eines ist klar: Mit dem Entscheid des Bundesamts für Verkehr sind aus BLS und SBB Konkurrenten geworden. Das DV-System bedingt jedoch Konsens zwischen den einzelnen Mitgliedern. Dieser wird mit dem grundlegenden Systemwechsel durch den BAV-Entscheid gefährdet. Vor allem auch, weil sich BLS und SBB während des Konzessionsverfahrens zerstritten haben.

SBB will in Zukunft mehr Luxuswohnungen bauen

1 / 8
SBB will in Zukunft mehr Luxuswohnungen bauen
Luxuswohnungen an bester Lage: Das Baufeld F der Europaallee beim Zürcher Hauptbahnhof. Bewirtschafterin ist die SBB – im Auftrag des Bundes.
quelle: sbb / handout
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Fernbus als Konkurrenz

Eine Situation, die Gefahr birgt. «Werden aus SBB und BLS echte Konkurrenten, besteht die Gefahr, dass man sich über das Tarifsystem nicht mehr einig wird», so Matthias Finger, Infrastruktur-Experte an der EPFL. Dann sei auch das GA gefährdet.

Und die Konkurrenz zwischen BLS und SBB ist nicht die einzige, die auf den Schweizer öV zukommt. Mit der Vergabe von Fernbuslinien an Domo im Februar hat das Bundesamt einen weiteren Player im öV zugelassen. Auch in den Fernbussen werden GA und Halbtax gültig sein. Künftig werden auch Fernbusanbieter am Tisch sitzen, wenns ums Festsetzen von Tarifen geht. Und um die Verteilung der Einnahmen aus GA und Halbtax.

Momentan läuft beim BAV die Abklärung, ob in Zukunft noch weitere Konzessionen für Fernbuslinien erteilt werden. Eurobus will sieben eigene Fernbuslinien betreiben. Durch den kürzlich erfolgten Aufkauf von Domo, welche drei konzessionierte Linien hält, erwächst den SBB eine starke Konkurrenz auf der Strasse. Hat doch Eurobus die deutlich besseren finanziellen Möglichkeiten als Domo, ein konkurrenzfähiges Angebot auf die Strasse zu bringen.

Pascal über egoistische Pendler

Video: watson/Pascal Scherrer, Emily Engkent

Die Konzessions-Wünsche von Eurobus könnten nicht die letzten sein. «Es werden auch in Zukunft Begehrlichkeiten für Konzessionen aufkommen», sagt Christian Laesser, Professor für Tourismus und Dienstleistungsmanagement an der HSG. Jedoch zeige der Entscheid des BAV zum Fernverkehr auf den Schienen, dass man nur vorsichtig das System anpassen will. Deshalb sieht er das GA und den direkten Verkehr momentan nicht in Gefahr.Ähnlich klingt es auch bei der Gewerkschaft SEV, welche davor warnte, das SBB-Monopol aufzubrechen. Alarmismus sei bezüglich GA und Halbtax zwar fehl am Platz, sagt Barbara Spalinger, Vizepräsidentin der Gewerkschaft SEV.

Doch selbst sie sagt, dass das BAV einen Richtungsentscheid getroffen habe. «Falls nun in der Folge dieses Entscheids auch ausländische Bahnfirmen in die Schweiz drängen, könnte es tatsächlich sein, dass die Tarifverhandlungen unter den öV-Playern schwieriger werden», sagt Spalinger. Und damit stehe auch das GA zur Diskussion. «Glücklicherweise ist das Tarifsystem nicht abhängig von zwei Bahnen», sagt Spalinger. Und spricht damit den Konflikt zwischen SBB-Chef Andreas Meyer und BLS-Chef Bernard Guillelmon an. (aargauerzeitung.ch)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
10 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Gianni48
21.04.2018 18:31registriert Oktober 2015
Wenn das GA fallen sollte, würde einfach die Strassen noch mehr verstopft und ein ständiger Stau auf allen Autobahnen generiert (inkl. stecken bleibende Fernbusse). Sicher aber würde weniger gereist, wenn normale Tickets gelöst werden müssten. Ich bin im Ruhestand, habe das GA nur wegen der Bequemlichkeit. Für das GA bezahle ich mindestens 500 CHF zuviel, wie meine Listen zeigen. Aber ein Ticket für alles ist einfach genial und mir die rund 500 CHF mehr pro Jahr wert.
1077
Melden
Zum Kommentar
avatar
Charlie Brown
21.04.2018 19:33registriert August 2014
BLS und SBB sind *heute* Konkurrenten auf der Strecke Bern - Biel. Und bereits heute müssen sie sich über die Tarife einig sein. Diese Konkurrenzsituation fällt 2020 weg. Ich sehe nicht, was sich in Bezug auf das Tarifsystem ändert...?
280
Melden
Zum Kommentar
10
Sturm in La Chaux-de-Fonds: Jetzt weiss man mehr über das meteorologische Phänomen
Lange blieben Ursprung und Ursachen des Sturms vom 24. Juli 2023 in La Chaux-de-Fonds ein grosses Rätsel. Nach einer umfangreichen Untersuchung erklärt MeteoSchweiz jetzt, was im letzten Jahr zu diesem seltenen Phänomen geführt hat.

Am 24. Juli 2023 zog ein starker Sturm über die Region La Chaux-de-Fonds hinweg und verursachte innerhalb weniger Minuten erhebliche Schäden an Gebäuden und den umliegenden Wäldern. Der Sturm forderte etwa 40 Verletzte und einen Toten. Die aussergewöhnliche Heftigkeit des Phänomens veranlasste MeteoSchweiz, eine breit angelegte Untersuchung durchzuführen, um herauszufinden, was in den Neuenburger Bergen wirklich geschah.

Zur Story