Ob sie bereit wäre, statt für 937'000 auch für ein Bundesrats-Gehalt von rund 500'000 Franken zu arbeiten, wurde Susanne Ruoff vom Westschweizer Magazin «L’Hebdo» gefragt. «Ja», hielt die Konzernleiterin der Post fest. «Ich arbeite nicht nur für das Geld.»
Ihre Worte blieben in den Kreisen der Entscheidungsträger nicht unbemerkt. «Selbstverständlich haben wir die Aussagen von Frau Ruoff zur Kenntnis genommen», sagt Urs Schwaller, Verwaltungsratspräsident der Post. Schmunzelnd fügt er hinzu: «Wir können ja lesen und schreiben.» Die Aussagen seien «im Moment» aber kein Thema gewesen im Verwaltungsrat. «Wir warten ab, wie sich der Gesamtbundesrat als Eigner zu den verschiedenen Vorstössen äussert, die aus der Politik zu Lohnfragen gekommen sind.»
Die Regierung will noch bis Ende Jahr eine entsprechende Grundsatzdiskussion führen, wie sie gestern mit der Veröffentlichung des Kaderlohnreportings für das Geschäftsjahr 2015 verlauten liess. Dabei geht es unter anderem darum, ob der Bundesrat eine Lohnobergrenze festsetzen will, wie dies SP-Nationalrat und Unia-Geschäftsleitungsmitglied Corrado Pardini in einer Motion verlangt.
Der Bundesrat solle die Kaderlohnverordnung anpassen und dafür sorgen, schreibt Pardini darin, «dass in allen Betrieben, bei denen der Bund Haupteigner oder Mehrheitsaktionär ist, der höchste Lohn 500'000 Franken nicht übersteigt». Es gebe «keine plausible Begründung», weshalb das Topmanagement dieser staatsnahen Betriebe «wesentlich mehr verdienen soll als die Mitglieder des Bundesrates, die die politische Verantwortung tragen».
Dass nun Ruoff ein Zeichen gegeben hat, dass sie bereit wäre, ihren Lohn reduzieren zu lassen, findet Pardini «bemerkenswert». Sie habe im Zusammenhang mit den Diskussionen um die Löhne von staatsnahen Betrieben «die richtigen Schlussfolgerungen gezogen», sagt Pardini. Er freue sich, dass sie «mit gutem Beispiel vorangeht».
Recherchen der «Schweiz am Sonntag» hatten im Mai gezeigt, dass über 40 Konzernchefs und Konzernleitungsmitglieder von bundesnahen Betrieben mehr verdienen als ein Bundesrat. Zum Beispiel Post-Konzernleiterin Ruoff (984'521 Franken inklusive aller Nebenleistungen) und die übrigen acht Post-Konzernleitungsmitglieder (591'574 Franken im Schnitt).
Oder SBB-Konzernleiter Andreas Meyer (1'046'186 Franken inklusive aller Nebenleistungen) und die übrigen acht SBB-Konzernleitungsmitglieder (599'889 Franken). Dies zeigt das Kaderlohnreporting des Bundes für 2015 auf. Oder Swisscom-Chef Urs Schaeppi 1,832 Millionen und die sechs Konzernleitungsmitglieder (eine Million im Schnitt). Obwohl der Bund Mehrheitsaktionär der Swisscom ist, wird sie im Kaderlohnreporting nicht geführt, weil sie ein börsenkotiertes Unternehmen ist.
«Ich erwarte, dass Andreas Meyer, CEO der SBB, und Urs Schaeppi, CEO der Swisscom, dem Beispiel von Frau Ruoff folgen», sagt Pardini. Sowohl SBB wie Swisscom geben sich allerdings höchst zurückhaltend. Über diese Löhne entscheide die Politik, hält die Medienstelle auf Anfrage fest. Andreas Meyer selbst hatte in der «NZZ am Sonntag» auf die Frage, ob er auch für einen Bundesratslohn arbeiten würde, geantwortet: «Ich habe mich vor zehn Jahren für einen Job an der Spitze eines Unternehmens beworben und nicht um einen Posten in der Verwaltung.»
Bei der Swisscom betont man, dass es sich um «ein börsenkotiertes Unternehmen im Wettbewerb» handle, wie Sepp Huber betont, Leiter des Mediendienstes. «Wir zahlen auf allen Stufen Marktlöhne.» Die Swisscom müsse Löhne zahlen, «die auch unsere Schweizer und internationalen Mitbewerber wie etwa globale IT-, Internet- und Telekom-Firmen bezahlen». Wie hoch diese sein können, zeigt das Beispiel des CEO von Liberty Global, der Muttergesellschaft von UPC: Michael Fries bezog 2014 und 2015 total 160 Millionen.
Corrado Pardini fordert nun aber vom Bundesrat, die Lohnobergrenze zu setzen. Und er warnt: «Sollten Bundesrat und Verwaltungsräte diese Frage nicht ernsthaft in Erwägung ziehen, müsste man prüfen, ob diese Frage nicht direkt vom Volk beantwortet werden muss.»
Alle selbsttraagenden Unternehem sollen sich ganz normal auf dem freien Markt verhalten, nur mit höheren ethischen Grundsätzen als das Minimum.