«Was ist Leben anderes als ‹leben›? Der Sinn des Lebens besteht in leben ... Ohne ‹zeugen und gebären› stirbt die Menschheit aus.» Ist das von a) Paulo Coelho, b) der Bibel, c) Mike Shiva oder d) Uriella? Vielleicht von allen vieren, ganz sicher aber von Silvia Blocher. Von der Gattin also. Der Mutter. Und der Bloggerin. Man könnte sie auch die schreibende Helvetia nennen.
Denn Silvia Blocher betreibt www.blochersilvia.ch und zeigt mit dieser Namensstellung gleich, wer der Regent ihres Reichs ist. Erst der Blocher, dann die Silvia. Und dazwischen noch die Kinder, für die sie – selbst eine durchaus ambitionierte Millionärstochter, Mathematikerin und Lehrerin – allen beruflichen Ehrgeiz aufgegeben hatte. Denn in sich spürte sie die Berufung, einer Dynastie ein Heim zu geben. Und all das gibt es nachzulesen auf ihrem Blog.
Ihr Hauptproblem ist dabei – neben der verfluchten «Classe politique», die nun mal einfach «die Schweiz dem organisierten Europa» und damit dem organisierten Verbrechen zuführen will – ihre Sehschärfe. Genauer: ihre Linsen! Was hat die arme Frau Blocher damit nicht alles für Lämpen!
Ständig befinden sich ihre Linsen auf der Flucht! Ständig treibt es sie weg von Königin Silvia, in den Abfluss, und dann kommt der Monteur und schraubt alles auseinander, aber als er den Blocher-Siphon wieder zusammenschrauben will, geht das einfach nicht mehr und er sagt: «Diese alten Rohre führen wir nicht mehr. Sie brauchen ein neues Lavabo.» Kein Gespür für alte Werte, der Mann!
Besonders perfide ist auch dies: Die Blochers machen einen romantischen Regenspaziergang. Einen sehr romantischen (er liegt auch sehr weit zurück, denn Herr Blocher ist damals noch Frau Blochers «Freund»). Und dann das: «Bei einem besonders zärtlichen Kuss löste sich etwas aus meinem rechten Auge. ‹Meine Linse!› Im Nu war alle Romantik verflogen.» Am nächsten Tag dann das Wunder: «Die Linse klebte an einem Grashalm, glänzend wie ein Regentropfen ...» Und der Freund wurde geheiratet.
Unschwer ist hingegen die Frage zu beantworten «Welche Erziehung braucht das Kind?». Es gibt da nur zwei Themen: «Regeln» und – wenn diese nicht eingehalten werden – «Strafen». Beide im Plural.
Sehr böse sind: Schulpsychologen. Denn die sind erstens sowieso überflüssig, da nicht bi de Lüüt, und zweitens viel zu teuer. Eine von vielen Bäuerinnen «auf der Alp», denen Frau Blocher durchs Jahr andauernd begegnet, erzählt, der Besuch eines ihrer acht Kinder bei der Schulpsychologin hätte die Gemeinde 1500 Franken gekostet. «Nachdenklich und beeindruckt» von den fleissigen Bauersleuten, die «sich auch zu den Staatsausgaben ihre Gedanken machen», steigen die Blochers danach zu Tal.
Sehr blumig auch die Erzählung «Die junge Käserin», begeistert begegnen die Blochers einer «so tüchtigen jungen Frau», die ihnen «ihre blitzsaubere kleine Käserei zeigt», wo sie die Milch ihrer eigenen Kühe verarbeitet. Ein Juwel des Ballenbergli-Geists ist sie. So ganz anders als ein junger Arzt, ein Blender vor dem Herrn, ein Möchtegernherrgott in Weiss. Und wo hat er das gelernt? Genau! Während seiner «ausländischen Karriere»!
Ach ja, das Ausland ... In Indien ist es irrsinnig dreckig, und alle Kinder sind «schmutzig» und verrichten «ihre Notdurft», wo sie stehen und gehen. Aber wenigstens sind alle Schuluniformen schön sauber. In China reden die Gastgeber eines Banketts immer nur von «Verdauung» und «Potenz», was Silvia innerlich zum Kichern bringt. Und als sie sich zuhause während eines «Virusangriffs» bettlägerig daran erinnert, beginnt sie darüber zu philosophieren, dass «Leben» eben vor allem «leben» heisst.
Ebenfalls im Ausland liegt Marignano, das Schlachtfeld, wo 1515 «Tausende von Eidgenossen» ihr Leben liessen. Die Blochers suchen dort das Beinhaus mit den Schweizer Knochen, und wie einst beim romantischen Spaziergang weint sich der Himmel über den beiden aus. Und da ist auch schon das Beinhaus, wie ein Schweizer nach verlorener Schlacht: «Da steht es bescheiden, hart an der Strasse. Angebaut an eine der dunkelroten Backsteinmauern, leuchtet es zaghaft hellgelb durch den strömenden Regen.» Das arme, tapfere Beinhaus!
Weiter fahren sie, zu einer «kleinen Nonne», die ihnen in «feinen goldenen Espressotassen» Kaffee serviert, und Silvia Blocher denkt sich – wieso auch immer –, dass in dieser Schlacht «die Grundlagen unserer Neutralität» liegen. Und dass die verdammte Classe politique «450 Jahre» (!) später diese einfach kein bisschen würdigen will. Hoffentlich sind ihr dabei die Linsen nicht in den Espresso oder den italienischen Matsch gefallen. Amen.