EVP-Nationalrätin Marianne Streiff zeigte sich beeindruckt und begeistert von Ueli Maurer: So lustvoll und positiv habe sie den SVP-Bundesrat noch nie gehört. Die Bernerin war nicht die Einzige. Viele Parlamentarierinnen und Parlamentarier trauten gestern ihren Ohren kaum, als sie den 68-Jährigen reden hörten.
Da war keine Spur von «kä Luscht», ganz im Gegenteil: Nach seinem glanzvollen Resultat bei der Wahl zum Bundespräsidenten 2019 – er erhielt 201 von 209 gültigen Stimmen – rief Maurer die Parlamentarier auf, mit Spass und Begeisterung ans Werk zu gehen. «Ich denke immer, Politik muss auch noch Freude machen, Politik muss Spass machen, und ich glaube, das soll die Bevölkerung auch spüren: dass hier Leute am Werk sind, die mit Freude versuchen, das Beste für unser Land herauszuholen.»
Ein völlig neuer Ueli Maurer, der offen Freude und Begeisterung an seinem Amt als Finanzminister und Bundespräsident zeigt. Der nicht mehr so zu tun braucht, als lasse ihn das alles kalt.
Und ausgerechnet dieser Ueli Maurer, der endgültig angekommen ist im Amt, ist vielleicht nicht mehr lange dabei. Geht es nach den meisten Beobachtern, wird das nächste Jahr das letzte von Maurer als Bundesrat sein. Es könnte ein Abgang auf dem Höhepunkt werden, per Ende seines zweiten Präsidialjahres.
Spitzenleute anderer Parteien bereiten sich darauf vor, im Dezember 2019 nicht nur die Gesamterneuerungswahlen der Regierung durchzuführen, sondern auch die Ersatzwahl für Ueli Maurer, der dann 69 Jahre alt sein wird. Einige glauben, das Szenario schon zu kennen: «Ueli Maurer wird im September 2019 seinen Rücktritt ankündigen und so der SVP vor den eidgenössischen Wahlen im Oktober zu Medienpräsenz und neuem Schwung verhelfen», sagt ein Beobachter, der für ein Mitglied des Bundesrats arbeitet. Als ehemaliger Präsident werde Maurer seiner Partei diesen Gefallen machen.
Auch Parlamentarier, die Maurer in Kommissionen begegnen, berichten davon, dass der Zürcher Bundesrat in letzter Zeit Bemerkungen mache, die auf seinen baldigen Abgang hindeuten. Dabei hoffen nicht wenige, dass Maurer noch über das Jahr 2019 hinaus weitermacht, denn er hat sich längst den Ruf eines guten und verlässlichen Bundesrats erarbeitet.
Doch ein weiteres Indiz für Maurers absehbaren Abtritt war das Verhalten der SVP-Fraktion rund um die gestrige Bundesratswahl. Die Spitze um Fraktionschef Thomas Aeschi und Parteipräsident Albert Rösti erstickte Gelüste einiger Parteikollegen im Keim, Sprengkandidaten wie CVP-Chef Gerhard Pfister zu lancieren. Die Aufforderung an die eigenen Leute war, die offiziellen Kandidaten von CVP und FDP zu wählen. FDP-Strategen etwa schlossen daraus, dass die SVP sich auf die eigene Vakanz vorbereitet, bei der sie dann von den anderen Parteien Gegenrecht einfordern wird: Wählt innerhalb unseres offiziellen Tickets.
Wie dieses Ticket aussehen wird, gilt als praktisch ausgemacht. Einen der Plätze werde Magdalena Martullo-Blocher für sich beanspruchen. Die Bündner Nationalrätin wolle unbedingt Bundesrätin werden, sagt ein SVP-Nationalrat, der nicht angetan ist von dieser Aussicht. Die selbstbewusste Tochter von Parteipatron Christoph Blocher ist in der eigenen Fraktion nicht nur beliebt. Aber wenn sie aufs Ticket will, hat sie den Platz kraft ihrer Herkunft auf sicher.
Auf das SVP-Ticket, so glaubt man im Bundeshaus, kommen noch ein oder zwei andere Getreue. Am heissesten gehandelt wird Fraktionschef Thomas Aeschi. Der Zuger trat bereits 2015 an, unterlag aber Guy Parmelin.
Die Strategie der SVP-Oberen um Martullo-Blocher werde sein, glauben Beobachter, ein Ticket zu präsentieren, bei dem am Schluss die Blocher-Tochter das Rennen mache. Nicht nur einige SP-Strategen hirnen bereits an einem Abwehrschirm gegen Versuche herum, die Milliardärin zur Bundesrätin und vielleicht sogar zur Finanzministerin zu machen. (aargauerzeitung.ch)