Schweiz
Gesellschaft & Politik

Grüne und SVP kämpfen gemeinsam für mehr Transparenz

Die Nationalraete Roger Nordmann, SP-VD, Balthasar Glaettli, GPS-ZH und Adrian Amstutz, SVP-BE, von rechts, verfolgen eine Rede an der Wintersession der Eidgenoessischen Raete, am Donnerstag, 8. Dezem ...
Gemeinsame Anliegen: SVP-Fraktionschef Adrian Amstutz (BE, links) und Grünen-Fraktionschef Balthasar Glättli (ZH). Bild: KEYSTONE

Ungewohnte Allianz: Grüne und SVP kämpfen gemeinsam für mehr Transparenz

Postulat: Parlamentarier sollen ihre Finanz-Interessen offenlegen.
19.12.2016, 04:5119.12.2016, 06:05
henry habegger / Aargauer Zeitung
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Am Anfang war ein Postulat. Es wurde im letzten April von der Grünen-Fraktion eingereicht. Das Ziel dabei: Sicherstellen, dass die Parlamentsmitglieder ihre Interessenbindungen auch wirklich offenlegen, wie das vom Gesetz verlangt wird. Denn damit harzt es bisweilen: «Es kommen immer wieder relevante Interessenbindungen zum Vorschein, die nicht als solche aufgeführt waren», kritisieren die Grünen in ihrem Postulat.

Kürzlich hat das 14-köpfige Büro des Nationalrats deutlich beschlossen, die noch nicht umgesetzten Punkte des Postulats zu unterstützen. Die Grünen erhielten auch Support der SVP, und wie: Auf Antrag von Fraktionschef Adrian Amstutz hat das Büro das Transparenz-Postulat sogar noch deutlich ausgeweitet, wie Recherchen der «Nordwestschweiz» zeigen.

Auch Anwälte in der Pflicht

Er habe eine Ergänzung zum Postulat der Grünen angebracht, bestätigt Amstutz. «Wer bei Geschäften mit finanziellen Auswirkungen eine Interessenkollision hat, muss das bei der Beratung in den zuständigen Kommissionen transparent klar offenlegen.» Dabei gehe es auch um Interessen, die «via Lobbyisten usw.» bestehen. Er denke an «Entwicklungshilfe, Rüstungsmaterial, Einkauf von Beratungsdienstleistungen» und weiteres mehr, so Amstutz.

Zudem will er auch Anwälte in die Pflicht nehmen, die bisher wegen des Berufsgeheimnisses durch die Maschen schlüpften. «Wenn der Betroffene selbst oder seine Firma ein Mandat im Zusammenhang mit dem Geschäft hat, muss er in den Ausstand treten. Er kann das ohne Angabe von Gründen tun, damit das Anwaltsgeheimnis gewahrt bleibt.»

Braucht es mehr Transparenz im National- und Ständerat?

Grüne und SVP, gemeinsam für Transparenz und also gegen Vetterliwirtschaft und heimliche Einflussnahme? Das ist eine eher ungewohnte Allianz. Balthasar Glättli, Zürcher Nationalrat und Fraktionschef der Grünen, nimmt den Support aber gerne entgegen: «Die Grünen arbeiten mit allen Parteien in einzelnen Sachfragen zusammen, immer dann nämlich, wenn man aus manchmal gleichen, manchmal auch unterschiedlichen Hintergründen zur gleichen Schlussfolgerung kommt.

Ein Beispiel in der Vergangenheit zwischen Grünen und SVP war jeweils der Widerstand gegen Auslandseinsätze der Armee.» Und im Fall der Interessenbindungen sei das auch so. Glättli: «Wir teilen die Haltung der SVP, dass Ratsmitglieder bei grossen Beschaffungsgeschäften, gerade auch im Rüstungsbereich, Transparenz schaffen müssen über ihre allfälligen persönlichen finanziellen Interessen und ihr Engagement für den einen oder anderen Lieferanten.»

Nicht alle in der Partei begeistert

«Miliz bedeutet, dass man offen und transparent deklariert, welche Interessen man vertritt», begründet Amstutz. «Gerade, wenn es um Geschäfte mit grossen finanziellen Auswirkungen geht.»

Jetzt auf

Der Berner ist sicher, dass das so angereicherte Postulat der Grünen die Mehrheit im Nationalrat erhalten wird. Dafür will er sich einsetzen. Allerdings dürfte auch sicher sein, dass Amstutz in seiner eigenen Partei nicht nur auf Begeisterung stossen wird. Auch dort gibt es Leute, die lieber im Dunkeln geschäften.

Wie geht es jetzt konkret weiter? Das Büro hielt in seiner Stellungnahme zum Postulat der Grünen fest, es werde allenfalls Korrekturmassnahme ergreifen oder der zuständigen Kommission «gesetzliche oder reglementarische Anpassungen beantragen». Die Schrauben werden also angezogen.

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19 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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dracului
19.12.2016 08:39registriert November 2014
Heute müssen Arbeitnehmer immer mehr ihre Interessenbindung (Vereine, Politische Ämter etc.) gegenüber dem Arbeitgeber melden. Speziell im öffentlichen Dienst wird das immer rigoroser von den HR-Systemen erfasst und besprochen. Wenn das bereits Mitarbeitende tun müssen, warum nicht endlich auch die Politiker? Entweder alle oder niemand.
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Linus Luchs
19.12.2016 08:46registriert Juli 2014
Wenn sich die SVP dann auch noch für Transparenz bei der Finanzierung von Parteien und Kampagnen einsetzt, Potzdonner! Dann würden die es ja ernst meinen mit der Transparenz.
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Aged
19.12.2016 07:56registriert November 2016
Finanztransparenz muss auch für die Parteien selbst gelten. Also auch für die SVP.
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Es ist wieder weiss in der Schweiz ...🧐
Der April macht seinem Ruf wieder einmal alle Ehre. In der Schweiz sind in den letzten Wochen unterschiedlichste Wetterkapriolen zu beobachten. Heute Morgen waren verschiedene Ortschaften plötzlich eingeschneit – so zum Beispiel Bern.

Zuerst hat es andauernd geregnet, dann hatten wir plötzlich Sommertemperaturen, diesen wiederum folgten stürmische Windböen (der Böögg lässt grüssen) – und jetzt gibt's plötzlich wieder Schnee: Der April läuft wieder mal zur Höchstform auf.

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