Er ist auf eigene Kosten nach Nordkorea gereist – und hat sich auch selber in die Nesseln gesetzt. Mit einigen Tweets, in denen Claude Béglé vor kurzem die «positiven Seiten des Sozialismus» pries, hat der Waadtländer CVP-Nationalrat viel Häme kassiert – auch von der eigenen Partei.
«Gehackter Account oder Gehirnwäsche?», fragte sich etwa die Aargauer Grossrätin und Nationalrats- und Ständeratskandidatin Marianne Binder. Die Botschaft: Es darf doch nicht sein, dass jemand auf die Propaganda der Diktatur in Pjöngjang hereinfällt, die bis zu 120'000 Menschen aus politischen Gründen weggesperrt hat, foltert, Verbrechen gegen die Menschlichkeit begeht und die Welt mit seinen Atomwaffen in Atem hält.
C’est le bon côté du socialisme, avec un véritable effort en matière d’accès au savoir et à la culture. 2/2 pic.twitter.com/LkroWqR6fL
— Claude Béglé (@ClaudeBegle) 20 July 2019
Bloss: Béglé bereut nichts. Am Sonntag hat er in einem Interview mit dem Westschweizer Fernsehen RTS erklärt, er würde die Tweets wieder absetzen. Mit den positiven Kurznachrichten habe er das Vertrauen der Nordkoreaner gewinnen wollen. Er habe dadurch vor Ort mehr Bewegungsfreiheit erhalten.
Für die CVP kommen die Elogen auf die Diktatur von Kim Jong Un zur Unzeit. In drei Monaten sind Eidgenössische Wahlen, und Béglé kandidiert für den National- und Ständerat – da wünscht man sich keine Schlagzeilen über einen Kandidaten, der möglicherweise von einem Unrechtsregime instrumentalisiert wird.
Palais des Enfants de Pyongyang, où ceux-ci peuvent venir étudier ce qui les intéresse: musique classique, calligraphie, broderie ou accordéon! Il y a des dizaine de branches à leur disposition. Puis majestueux spectacle donné par des enfants. Tout cela frise la perfection. 1/2 pic.twitter.com/NlC0vDmFhX
— Claude Béglé (@ClaudeBegle) 20 July 2019
Die CVP Waadt versucht derzeit, einen Termin für eine Aussprache mit National- und Ständeratskandidat Béglé zu finden. Bis am Montagnachmittag verpufften bisher alle diesbezüglichen Bemühungen ergebnislos, wie Gérald Cretegny auf Anfrage sagt.
Der Co-Präsident der CVP Waadt erfuhr durch das TV-Interview von Béglés Rückkehr in die Schweiz.
Cretegny mag zur Kontroverse keine weiteren Kommentare abgeben und verweist auf frühere Medienmitteilungen. Darin distanzierte sich die CVP Waadt von Béglés Tweets. Die CVP verurteile die Diktatur in Nordkorea ohne Wenn und Aber, heisst es etwa. Es sei nicht gerechtfertigt, dieses Land ohne einen Hauch von Kritik in ein positives Licht zu rücken.
Les salaires sont bas (50 CHF par mois), mais tout est fourni gratuitement par l’Etat: le riz et les principales denrées alimentaires, le logement, la santé, l’éducation. Et ça marche bien mieux qu’on aurait pu l’imaginer. 2/2 pic.twitter.com/ufSr3zDvlC
— Claude Béglé (@ClaudeBegle) 20 July 2019
Auch Gerhard Pfister, Präsident der CVP Schweiz, hat sich von Béglés positiven Worten zu Nordkorea distanziert. Auch die CVP Schweiz wird das Gespräch dem 69-jährigen ehemaligem Postchef suchen. Doch dies wird erst geschehen, nachdem sich die CVP Waadt ihren Kandidaten mit den eigenwilligen Reiseberichten vorgeknöpft hat – wenn sich denn ein Termin finden lässt.
Wäre schon bei Luzi Escobar angebracht gewesen.