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Ist eine solche Website strafbar? Aargauer «NSDAP»-Gründer wirbt im Netz für SVP-Initiative

Wirr aber nicht harmlos: NSDAP-Auftritt im Internet. Rechts im Bild Werbung für die SVP-Initiative
Wirr aber nicht harmlos: NSDAP-Auftritt im Internet. Rechts im Bild Werbung für die SVP-Initiativebild: screenshot watson

Ist eine solche Website strafbar? Aargauer «NSDAP»-Gründer wirbt im Netz für SVP-Initiative

Rassismus im Netz treibt weitere Blüten: Auf seiner Website nsdap.ch wirbt ein Aargauer für die SVP. Ob das diese stört?
13.08.2015, 06:5313.08.2015, 09:05
Daniel Fuchs / Aargauer Zeitung
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Ein Artikel von
Aargauer Zeitung

Ohne einen Hehl um seine Identität zu machen, relativiert ein Mann aus Reinach im Kanton Aargau auf seiner Website www.nsdap.ch die Taten der Nationalsozialisten. Dazu macht er – nennen wir ihn einmal R. – Stimmung gegen Einwanderer. Und gegen Sozialisten. 

Rassismus
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Klingt wirr, ist es auch. Die NSDAP war Hitlers Nationalsozialistische Arbeiterpartei. R. aber ist schlau: Seine NSDAP, deren «Präsident auf Lebenszeit und darüber hinaus!» er ist, steht für «National-Soziale Demokratie und Arbeitnehmer und -geber Partei».

Ist eine solche Website strafbar?

Erst vorgestern hat ein Aargauer Gericht einen Rentner zu einer Geldstrafe und Busse verurteilt, weil er Dunkelhäutige als Halbaffen, Taugenichtse und Abschaum beschimpfte. Ob sich auch R. mit seiner Website strafbar macht?

Kaum. Zu diesem Schluss führen Gespräche mit Verantwortlichen der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus (GRA) sowie der Rassismus-Meldestelle des Bundes Kobik. Eine Diskriminierung im Sinne des Anti-Rassismus-Artikels ist kaum gegeben. Dazu müsste eine Unterscheidung von Personen aufgrund rassischer, ethnischer oder religiöser Kriterien vorliegen.

«Die Web-Adresse nsdap.ch ist eine Anlehnung. Das allein ist schlimm. Denn jeder weiss, welche schweren Verbrechen wie Völkermord Hitlers Partei, die NSDAP, begangen hat.»
Leila Feit, Anti-Rassismus-Stiftung GRA

Was nicht heisst, dass R.s Website harmlos ist: Das für die Meldestelle Kobik verantwortliche Bundesamt für Polizei sagt zur «Nordwestschweiz»: «Die Namensgebung der Partei weist eindeutig eine historisch gesehen negative Komponente auf.» Und Leila Feit von der Anti-Rassismus-Stiftung GRA sagt: «Die Web-Adresse nsdap.ch ist eine Anlehnung. Das allein ist schlimm. Denn jeder weiss, welche schweren Verbrechen wie Völkermord Hitlers Partei, die NSDAP, begangen hat.»

Ob strafrechtlich relevant oder nicht – die Hass-Website nsdap.ch hat auch politisch Brisanz: An prominenter Stelle wirbt R. für die SVP-Selbstständigkeitsinitiative. Wer das Banner anklickt, gelangt auf die Seite der SVP Schweiz und die Unterschriftensammlung «gegen fremde Richter».

Werbung für die SVP-Initiative.
Werbung für die SVP-Initiative.bild:screenshot watson

Ist das im Sinne der SVP-Parteizentrale in Bern? Die Frage richtet sich an den wegen Rassendiskriminierung verurteilten SVP-Generalsekretär Martin Baltisser. Am Telefon antwortet dieser mit einer Gegenfrage: «Ist diese Frage ernst gemeint?» Das «Ja» quittiert Baltisser mit Lachen. Den 20-jährigen Anti-Rassismus-Artikel wäre die SVP am liebsten wieder los.

«Es ist unmöglich zu kontrollieren, wer alles für eine Initiative Unterschriften sammelt.»
Martin Baltisser, SVP-Generalsekretär

Später nimmt Baltisser via Mail Stellung: «Es ist unmöglich zu kontrollieren, wer alles für eine Initiative Unterschriften sammelt, sei dies auf der Strasse oder über andere Kanäle. Es kann auch nicht verhindert werden, dass jemand von irgendeiner Website auf unsere Sites verlinkt. Wir distanzieren uns klar von jeglichem Extremismus oder Rassismus.»

NSDAP-Gründer R. war SVP-Mitglied

Jetzt auf

Auch bei der SVP-Sektion im Aargauer Dorf Reinach will man nicht auf die Unterschriftensammlung durch Rechtsextreme verzichten. SVP-Ortspräsident und Vize-Gemeindeammann Bruno Rudolf findet zwar «nicht schön, was da so herumschwirrt». Auch distanziert er sich von der Website und deren Inhalten. Jedoch nur, um anzufügen: «Ich kann niemandem verbieten, für unsere Initiative zu werben. Genauso wenig, wie ich kontrollieren kann, wer für unsere Initiativen Unterschriften sammelt.»

R. war Mitglied der SVP Reinach, bevor er seine eigene Partei gründete. An SVP-Veranstaltungen hat ihn Präsident Rudolf jedoch nie gesehen. Er will R. auch nicht kontaktieren. «Weil er nicht mehr Mitglied bei der SVP ist.»

Für die «Nordwestschweiz» blieb R. bislang nicht erreichbar. Das Bundesamt für Polizei hat den Fall in der Zwischenzeit den kantonalen Strafbehörden weitergeleitet. Diese sind für die abschliessende Beurteilung verantwortlich. Sie werden entscheiden, ob ein Strafverfahren gegen R. eröffnet wird oder nicht.

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21 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Amanaparts
13.08.2015 10:01registriert Januar 2014
Tja, und wieso ist jetzt das ein Problem der SVP? Der ist ja nicht mal Mitglied.

Also ich sehe das so: Wenn deine Unterstützer Nazis, bekennende Rassisten oder Faschisten sind, dann ist die SVP vielleicht auch... Ich meine, wenn es quackt wie eine Ente, läuft wie Ente und aussieht wie eine Ente, dann ist es zu 99% eine Ente!
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Taeb Neged
13.08.2015 10:53registriert Februar 2014
Hallo SVP! Wer böse Geister weckt muss sich nicht wundern, sondern Verantwortung tragen. Oder ist das wirklich euer Ziel?
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