Schweiz
Gesellschaft & Politik

Kantone schliessen 2,3 Milliarden Franken besser ab als budgetiert

Katze mit Geld
Geldsegen für die Kantone.Bild: shutterstock.com

Was sind schon 2 Milliarden? So heftig haben sich die Säckelmeister der Kantone verrechnet

15.04.2019, 11:39
Mehr «Schweiz»

Was Ueli Maurer kann, können seine Finanzdirektoren-Kollegen in den Kantonen regelmässig auch: Ihre Rechnungen fallen massiv besser aus als die Budgets. 2018 beträgt die Besserstellung der bisher publizierten 24 Ergebnisse über 2.3 Milliarden Franken.

Dies zeigt eine Zusammenstellung der Nachrichtenagentur Keystone-SDA der bis Mitte April bekannten Rechnungsabschlüsse. Einzig die Kantone Bern und Neuenburg haben ihren Abschluss 2018 noch nicht veröffentlicht.

Die 24 Kantone haben über alles ein leichtes Minus von 22.6 Millionen Franken budgetiert. In ihren Rechnungen schliessen sie mit einem Gesamtüberschuss von 2.328 Milliarden Franken ab. Das ergibt unter dem Strich eine Besserstellung gegenüber den Budgets von 2.351 Milliarden Franken.

Nur die Kantone Obwalden und Jura weisen für ihr Geschäftsjahr 2018 Defizite von 29.1 beziehungsweise 1.3 Millionen Franken aus. Die Verluste fielen allerdings auch hier deutlich geringer aus als im Budget prognostiziert. Obwalden rechnete mit einem Minus von über 36 Millionen Franken, der Jura mit gegen 6 Millionen Franken.

Schwarz statt rot

Von den insgesamt zehn Kantonen, die rote Zahlen budgetiert hatten, schlossen deren acht zum Teil tiefschwarz ab. Es sind dies Genf, Luzern, Graubünden, Nidwalden, Uri, Appenzell-Innerrhoden, Glarus und Schaffhausen.

Insgesamt acht Kantone (ZH, AG, BS, GE, SG, ZG, TI, SZ) wiesen einen dreistelligen Millionengewinn für das Jahr 2018 aus. Am deutlichsten im Plus lag der Kanton Zürich mit 548 Millionen Franken, den tiefsten dreistelligen Gewinn gab es mit 107.4 Millionen Franken im Kanton Schwyz.

Die krassesten Fehlprognosen leisteten sich die Kantone Zürich, Genf und Aargau. Am deutlichsten daneben lag Zürich mit einer Besserstellung gegenüber dem Budget um 494 Millionen Franken. Genf verrechnete sich um 409 Millionen Franken, der Kanton Aargau um 299 Millionen Franken.

Der Nationalbank-Effekt

Zu den Überschüssen führten fast durchwegs markant höhere Erträge bei den Steuern. Im Kanton Graubünden zum Beispiel flossen mit über 800 Millionen Franken noch nie so viele Steuergelder in die Kantonskasse. Die meisten Kantone hatten zudem die Anteile aus der Bundessteuer zu tief budgetiert.

«Sondereffekte» beziehungsweise «nicht erwartete Einmaleffekte» tauchen ebenfalls regelmässig in den Begründungen für die unerwartet erfreulichen Abschlüsse auf. 2018 waren dies die Zuwendungen der Nationalbank, die ihre Gewinnausschüttung an die Kantone verdoppelt hatte. In einigen Kantonen, namentlich Graubünden, fielen auch die Rückerstattungen von Postauto Schweiz nach dem Subventionsschwindel positiv ins Gewicht.

Schulden abbauen

Die teilweise satten Gewinne erlauben den Kantonen bedeutende Investitionen. Der Kanton Waadt etwa reservierte 30 Millionen für das geplante Krebsforschungszentrum in Lausanne, Graubünden legt viel Geld für die Vorfinanzierung des geplanten Hochschulzentrums in Chur auf die hohe Kante.

Oft wird der Geldsegen auch den Reserven zugewiesen oder für den Schuldenabbau verwendet. In Luzern rückt der «schuldenfreie Kanton» laut Finanzdirektor Marcel Schwerzmann in Reichweite.

Die gesunde Finanzlage der meisten Kantone spiegelt sich auch in Eigenfinanzierungsgraden, die zum Teil weit über 100 Prozent liegen. Die Investitionen können also aus eigener Kraft gestemmt werden. Eine der wenigen grossen Ausnahmen ist der Kanton Obwalden, dessen Selbstfinanzierungsgrad wegen eines strukturellen Defizits bei minus 100 Prozent liegt.

Potenzial für Steuersenkungen

Wenn es der öffentlichen Hand finanziell gut läuft, sind die Rufe nach einer Steuersenkung nicht weit. Der Kanton Zürich wird im Dezember angesichts des Überschusses 2018 eine solche diskutieren. Der Kanton Schwyz sieht ebenfalls Potenzial nach unten.

Auf der Ausgabenseite gehört Ausgabendisziplin zum Erfolgsrezept der Kantone. Die Verwaltungen geben oft weniger Geld aus als budgetiert, der Betriebsaufwand schlägt entsprechend weniger zu Buche. Meist sind es Entlastungsprogramme, die in diesem Bereich ihre Wirkung entfalten.

Ebenso rituell erfolgen nach guten Abschlüssen die Warnungen der Kassenwarte vor einer «Eintrübung» der wirtschaftlichen Lage in den kommenden Jahren, um allfälligen Begehrlichkeiten vorzeitig den Wind aus den Segeln zu nehmen. Zum Beweis halten die Kantone dann oft an ihren beschlossenen Sparprogrammen und Reformen fest. (sda)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Katsching! Zahltag und 11 Arten mit dem Geld umzugehen
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
23 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
merlins
15.04.2019 13:32registriert April 2019
„Kantone haben Abweichung von 1% des Budgets“

Wäre eine weitere (zutreffende) Überschrift. Klingt aber wohl zu wenig sexy? ;-)
522
Melden
Zum Kommentar
avatar
Ruedi56
15.04.2019 13:52registriert April 2018
Kaum etwas Überschuss, und schon soll wieder Geld verteilt werden. Dem Plus von 2.3 Mia stehen nämlich sagenhafte 55 Mia !! Schulden der Kantone gegenüber! Man muss das langfristig sehen, und mit dem Überschuss 2018 Schulden abbauen, es kommen auch mal wieder schlechtere Zeiten.
323
Melden
Zum Kommentar
avatar
domin272
15.04.2019 13:06registriert Juli 2016
Ahhh Sparprogramme... Auf Kosten der Armen natürlich, denn die müssen ja auch etwas (alles) zur Sanierung der Finanzen beitragen! Wenn dann der Überschuss, "überraschenderweise" doch viel grösser ist, als gedacht, muss man aber natürlich den armen Reichen schon noch entgegenkommen... Wohl bekomms!...
4529
Melden
Zum Kommentar
23
Darum haben die SBB jetzt einen grünen Sekunden-Zeiger

Die SBB wollen grüner werden. Bis 2030 sollen die Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 2018 halbiert werden. Ausserdem sollen die Züge so bald wie möglich nur noch mit erneuerbarer Energie fahren. Damit dies gelingt und die Bahn, neben dem Langsamverkehr, das klimafreundlichste Verkehrsmittel bleibt, laufen mehr als 200 Nachhaltigkeitsprojekte.

Zur Story