Mit dem Strassenfonds steht ein weiteres grosses Verkehrsprojekt bevor. Die deutliche Zustimmung zur FABI-Vorlage dürfte Leuthard aber Rückenwind geben. Eine Nein-Mehrheit resultierte lediglich im Kanton Schwyz. In den Kantonen Genf, Waadt, Basel-Stadt und Tessin lag die Zustimmung bei über 70 Prozent.
Sie sehe im Ja eine Bestätigung der bisherigen bundesrätlichen Verkehrspolitik, sagte eine sichtlich zufriedene Verkehrsministerin vor den Medien in Bern. Das Ja sei nicht selbstverständlich, denn es sei mit 6,4 Milliarden Franken um viel Geld gegangen.
Die mit FABI (Bundesbeschluss über die Finanzierung und den Ausbau der Eisenbahninfrastruktur) verbundenen Gesetzesänderungen möchte der Bundesrat 2016 in Kraft setzen. Die nächste Etappe für den Ausbau des Netzes will er dem Parlament laut Leuthard bis 2018 vorlegen. Noch im Februar will der Bundesrat ausserdem wie erwartet den Strassenfonds in die Vernehmlassung schicken.
Die Diskussion um die Finanzierung des Verkehrs geht also weiter. Im Lager der Verlierer pocht man nun darauf, dass die Versprechen der FABI-Befürworter nun auch eingehalten werden. Wie die Bahn- müsse auch die Strasseninfrastruktur den neuen Situationen angepasst werden, sagte SVP-Nationalrat Walter Wobmann, Präsident des Nein-Komitees.
Schnellstmöglich sollen Strassenengpässe in allen Landesteilen beseitigt werden. Finanziert werden sollen diese Projekte mit den bestehenden Einnahmen aus dem Strassenverkehr. Dies fordert auch die Milchkuhinitiative, die im Mai eingereicht werden soll, und die Initiative "Strassengelder gehören der Strasse".
Selbst die Sieger des FABI-Abstimmung lehnen den geplanten Strassenfonds nicht partout ab. «Wir werden die Vorschläge von Verkehrsministerin Doris Leuthard ohne Vorurteile prüfen», versicherte der Waadtländer SP-Nationalrat Roger Nordmann, Präsident des Ja-Komitees. Vor allem in den Agglomerationen müsse ein Ausbau des Strassennetzes diskutiert werden.
Doch zeige die deutliche Zustimmung zur FABI-Vorlage vor allem eines: «Für die Stimmberechtigten hat die Weiterentwicklung des Schienenverkehrs klar erste Priorität», sagte Nordmann. Für die Mehrheit der Bevölkerung stehe ausser Zweifel, dass Investitionen ins Schienennetz nötig sind.
Mit dem Ja zu FABI haben Volk und Stände dafür grünes Licht gegeben. In der Verfassung ist nun verankert, dass Betrieb, Unterhalt und Ausbau des Schienennetzes künftig aus einem Topf finanziert werden. Der Bund muss mehr Mittel bereitstellen, im Jahr rund 5 Milliarden Franken statt wie bisher 4 Milliarden.
Die Gelder fliessen in den neuen, unbefristeten Bahninfrastrukturfonds, der den bisherigen, befristeten FinöV-Fonds ablöst. Sie stammen wie bisher aus allgemeinen Bundesmitteln, der Leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) sowie der Mehrwertsteuer und - befristet - der Mineralölsteuer.
Für die zusätzliche Milliarde müssen unter anderem die Kantone aufkommen: Von 2018 bis 2030 fliesst ein Mehrwertsteuerpromille in die Bahninfrastruktur. Diese befristete Erhöhung löst jene zugunsten der Invalidenversicherung ab, die Ende 2017 ausläuft.
Doch auch damit sind laut der Strassenlobby nicht alle Finanzierungsprobleme gelöst: «Unterhalt und Betrieb werden weit mehr Mittel verschlingen als vorgesehen», befürchtet ASTAG-Direktor Michael Gehrken. Die Leidtragenden könnten die Bahnreisenden sein, die künftig viel mehr für ihre Billette bezahlen müssten.
SBB-Chef Andreas Meyer mochte am Abstimmungssonntag noch nicht über allfällige Preiserhöhungen diskutieren: «Das deutliche Ja ist jetzt zuerst einmal Ansporn, alles für unsere Kunden zu machen.» Er versprach, die Qualität und das Angebot für Bahnreisende zu verbessern.
Die erste Etappe des Ausbaus hat das Parlament bereits beschlossen, geplant sind Massnahmen im Umfang von 6,4 Milliarden Franken. Dies ermöglicht in städtischen Gebieten den Viertelstundentakt, etwa zwischen Basel und Liestal. Auf anderen Strecken soll der Halbstundentakt eingeführt werden, etwa auf den Strecken Zürich-Chur, Zürich-Lugano, Bern-Luzern, Biel-Neuenburg oder Aarau-Zürich.
Jeder vierte FABI-Franken fliesst in Projekte im Kanton Bern. Ein grosser Brocken ist der Ausbau rund um den Bahnhof Bern, dem zweitwichtigsten Bahnknoten der Schweiz. Hier werden alle Perrons auf eine Länge von 400 Metern verlängert.
Bern profitiert aber auch von Ausbauvorhaben in anderen Kantonen, beispielsweise dem Ausbau des Bahnhofs Lausanne. Auf der Strecke Lausanne-Bern sollen die Züge zudem künftiger schneller fahren können, so durch Sanierung und Anpassungen der Strecke und neues Rollmaterial.
Gegen das Massnahmenpaket könnte noch das Referendum ergriffen werden: Nach dem Ja zu FABI beginnt die Referendumsfrist zu laufen. Angesichts des deutlichen Entscheids scheint es jedoch eher unwahrscheinlich, dass das Volk noch darüber entscheiden muss. (sda/rey)