Handel mit Menschen, Drogen oder Waffen: Viele Straftaten geschehen im Netz. Um besser dagegen ermitteln zu können, verabschiedete das Solothurner Kantonsparlament im Mai 2020 eine Revision des Polizeigesetzes.
Dagegen wurde das Referendum ergriffen. Nun müssen die Solothurnerinnen und Solothurner am 29. November darüber abstimmen. Das sind die wichtigsten Punkte:
Umstritten ist im neuen Polizeigesetz besonders eine Änderung. Polizistinnen und Polizisten sollen neu bereits ohne konkreten Tatverdacht und ohne offizielles Verfahren verdeckte Ermittlungen und Observationen durchführen können.
Eine Polizistin könnte sich also in einem Online-Chat als 14-jähriges Mädchen ausgeben. Um verdeckt zu ermitteln, reicht die Vermutung, dass eine Person strafbare Handlung begehen könnte.
Wird das Gesetz angenommen, dürfte die Polizei die Ermittlungen selbst anordnen. Eine gerichtliche Bewilligung ist erst im Nachhinein erforderlich.
Das Komitee «Sicherheit mit Augenmass» ist bunt gemischt mit Vertretern von fast allen Parteien. Auch die Solothurner Regierung und das Parlament empfehlen ein Ja zum Polizeigesetz.
Die Befürworterinnen sagen, dass die Polizei zusätzliche Kompetenzen zur Ermittlung brauche. Das neue Polizeigesetz sei nötig, um schwerste Verbrechen wie Menschenhandel oder Kinderpornografie zu verhindern. «Dass im Schlafzimmer des unbescholtenen Bürgers herumgeschnüffelt wird, ist völlig unrealistisch», so Nadine Vögeli, SP-Kantonsrätin und Präsidentin des Verbands der Solothurner Kantonspolizisten, gegenüber SRF.
Das erhöhe die Sicherheit für die gesamte Bevölkerung. Zudem betonen sie, dass bereits andere Kantone über ähnliche Regelungen verfügen.
Gegen das Gesetz haben zwei Komitees das Referendum ergriffen. Bürgerliche kämpfen unter dem Motto «Stopp dem Schnüffelstaat – für eine bürgerfreundliche Polizei» gegen das Gesetz. Das Komitee aus den Jungparteien Jungfreisinnige, Juso, Junge SP Region Olten und Junge SVP will eine «unnötige Gefährdung der Grundrechte» verhindern.
Für die Gegnerinnen werden den zusätzlichen Ermittlungsmethoden zu wenige Hürden gesetzt. Es sei nicht garantiert, dass nur schwere Verbrechen bekämpft werden. Es sei gesetzlich möglich, dass auch wegen Bagatelldelikten ermittelt werde. «Wäre das Instrument begrenzt auf schwere Delikte oder auf Pornokriminelle im Internet, könnte man nichts dagegen einwenden», schreibt der Solothurner FDP-Kantonsrat Markus Spielmann in einem Beitrag bei der «Solothurner Zeitung».
Seit der Einführung der Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO) müssen die Kantone selbst gesetzliche Grundlagen festlegen, ob ihre Polizeicorps verdeckt ermitteln dürfen oder nicht. Solothurn wäre nicht der erste Kanton, der verdeckte Ermittlungen auch nur aufgrund von Verdachtsfällen erlauben würde.
Das Polizeigesetz des Kantons Aargau erlaubt es den Polizistinnen und Polizisten in der realen und virtuellen Welt verdeckt zu ermitteln. Im Juni wurde ein 36-jähriger Mann wegen versuchter sexueller Handlungen gerichtlich verurteilt, nachdem er sich mit einem 14-jährigen Mädchen treffen wollte, mit dem er gechattet hatte. Doch hinter dem Mädchen verbarg sich ein verdeckter Ermittler der Kantonspolizei Aargau. 2018 revidierte auch der Kanton Tessin sein Polizeigesetz. Zukünftig darf die Tessiner Polizei verdeckt präventiv ermitteln.
(ohe/sda)
Es ist eine Straftat, andere zu Straftaten zu verleiten. Und Strafttaten, die nicht geschehen, sind keine Straftaten. "Verdeckt präventiv ermitteln" produziert die Verbrecher und überführt sie gleich. Einfach, sicher, erfolgsversprechend.