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Diese Grafiken zeigen, warum das USR-III-Nein wenig mit Rechts und Links zu tun hat

SP Jubel im Hauptquartier des Nein-Komitees gegen die USR III, von links, Yvonne Beutler, Finanzvorsteherin der Stadt Winterthur, die Nationalraetinnen Margret Kiener Nellen, BE, und Susanne Leutenegg ...
Die SP feiert ihren Sieg in der Progr-Turnhalle Bern. Doch war es wirklich nur ihr Sieg?Bild: KEYSTONE

Diese Grafiken zeigen, warum das USR-III-Nein wenig mit Rechts und Links zu tun hat

Das Nein gegen die Unternehmenssteuerreform III ist ein Fiasko für die Bürgerlichen und Wirtschaftsverbände. Ein Rechts-Links-Schema lässt sich bei den Abstimmenden aber nicht ausmachen, das Muster der Ergebnisse ist ungewöhnlich.
13.02.2017, 11:0514.02.2017, 07:14
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Die Linke warf sich am gestrigen Abstimmungssonntag in Siegespose. Das deutliche Nein zur USR III sei ein «Aufstand gegen die Arroganz der bürgerlichen Mehrheit» im Parlament, eine Ohrfeige für SVP-Bundesrat Ueli Maurer, ein «Jetzt längt's!» der Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger.

Doch «Links gewinnt gegen Rechts» ist ein zu simples Fazit. Das Abstimmungsmuster entspricht weder dem klassischen Links-Rechts-Konflikt, der von den linken Initiativabstimmungen bekannt ist, noch dem Gegensatz zwischen liberalen und konservativen Wertehaltungen, der den Abstimmungen über rechte Migrationsvorlagen zugrunde liegt.

Die Politologen Thomas Milic und Thomas Lo Russo beschreiben das Ergebnis der Abstimmung auf politan.ch als Aufbegehren gegen die wirtschaftliche Elite und internationale Multis, das – ähnlich wie bei TTIP – links und rechts für einmal zusammengebracht hätten. Das zeige sich darin, dass die USR III in ländlichen und überwiegend bürgerlichen Regionen der Deutschschweiz abgelehnt wurde – konservative Stimmen also, die sich also gegen die Elite auf die Linke Seite schlugen.

Auf der anderen Seite lehnten einige urbane, links geprägte Regionen (Genf, Basel-Stadt) die Reform weniger deutlich ab, als zu erwarten gewesen wäre. Zudem korreliere der SP-Anteil in den Wahlbezirken nicht sonderlich stark mit dem Nein-Stimmenanteil zur USR III, schreiben Milic und Lo Russo.

Ja-Anteile in den Wahlbezirken
Ja-Anteile in den Wahlbezirkengrafik: politan.ch

Milic und Lo Russo fanden hingegen starke Ähnlichkeiten des Abstimmungsverhaltens bei der USR III und früheren Vorlagen: Auch bei der Abzockerinitiative und der Pauschalbesteuerungs-Initiative ging es um Privilegien einer kleinen Gruppe – meist internationaler – Vermögender. Manager von internationalen Multis oder ausländische Vermögende, die in den Genuss von Steuerprivilegien kommen.

Vergleich der USR III mit früheren Steuervorlagen

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USR III VERGLEICH
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«Wie schon bei der Abzockerinitiative sahen viele Stimmenden nicht ein, welchen Nutzen sie von der steuerlichen Privilegierung internationaler Grossunternehmen hätten», schreiben Milic und Lo Russo in ihrer Analyse. Deshalb sei das USR III-Votum ein «Protest gegen das Establishment, gegen die Internationalisierung und Globalisierung». So würden viele derer, die in der steuerlichen Begünstigung internationaler Konzerne ein Globalisierungsphänomen sähen, in derselben Weise über die Personenfreizügigkeit denken.

Es sei deshalb, so Milic und Lo Russo, nicht in erster Linie das Prinzip der Steuergerechtigkeit gewesen, das den Entscheid motiviert habe, sondern vielmehr Nutzenerwägungen: Damit ist auch zu erklären, weshalb die Kantone Waadt, Genf und Basel-Stadt, die bei Wirtschaftsfragen ansonsten verlässlich links stimmen, dieses Mal der USR III zustimmten, beziehungsweise sie nur vergleichsweise knapp ablehnten. (dwi)

Internationale Presseschau zur USR III

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Internationale Presseschau
«Schweizer Bärendienst», nennt die FAZ die Abstimmung über die USR III. «Die Schweizer haben die von der Regierung geplante Unternehmenssteuerreform versenkt. Das ist bitter, denn die Stossrichtung der Reform war gut. (...) Zwar hätte die Steuerreform bestimmt Mindereinnahmen für den Staat gebracht. Aber längerfristig hätte sie die Chance eröffnet, neue Investitionen an Land zu ziehen. Die Welt wartet nicht auf die Schweiz.» ... Mehr lesen
quelle: screenshot
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43 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Herbert Anneler
13.02.2017 12:05registriert August 2015
Habe mich sehr gegen USR3 eingesetzt, aber nicht im Dienste der Linken. Etwas Zurückhaltung in Sachen Triumphgeheul würde ihr nicht schaden, denn sie selber hat sich auch für einen Kompromiss ausgesprochen. Respekt bringt mehr als Keule - was allerdings auch die Bürgerlichen wieder lernen müssen! Zum Wohle der BürgerInnen.
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leu84
13.02.2017 13:34registriert Januar 2014
Auch bei der MEI waren nicht alle "Rechte". Sowas wie links oder rechts gibt es heute gar nicht mehr richtig. Man kann grün und wirtschaftsfreundlich sein oder strenges Asylrecht fordern und für gute Sozialwerke sein. Menschen/Bürger können auch vielseitige Meinungen haben. Ich finde das Spiderdiagramm welches jeweils vor Wahlen publiziert wird interessanter.
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Lumpirr01
13.02.2017 12:48registriert März 2014
Ab heute sollten doch mehrere Firmen wegen der Ablehnung ihren Wegzug aus der Schweiz melden..........
Nun, man wird nicht fündig...........Keine Meldung weit & breit.............Fast jedermann hat's gemerkt, die Drohung erweist sicht als nichts anderes als heisse Luft.........
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