Die Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau hat den Aargauer FDP-Ständerat Philipp Müller wegen Fahrens in fahrunfähigem Zustand und wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung infolge mangelnder Aufmerksamkeit per Strafbefehl zu einer bedingten Geldstrafe von 150 Tagessätzen und einer Busse von 10'000 Franken verurteilt.
Müller hatte im September 2015 mit seinem Sportwagen in Lenzburg eine 17-jährige Rollerfahrerin umgefahren und diese dabei schwer verletzt. Die Ermittlungen haben gezeigt, dass der Beschuldigte an jenem späten Nachmittag seinen Personenwagen gelenkt hatte, obwohl er wegen einer ihm damals noch nicht bekannten Schlafapnoe übermüdet war.
Diese Übermüdung habe der Beschuldigte auf seiner Fahrt zwar nicht bewusst wahrgenommen. Er hätte sich dessen jedoch bewusst werden müssen, da während der Fahrt mehrere Male die Spurhalte- und Bremsassistenz tätig wurden.
Der Spurhalte-Assistent warnt den Fahrer eines Fahrzeuges vor dem Verlassen der Fahrspur auf einer Strasse. Die Systeme beobachten das Verhalten des Fahrers und werten aus, ob das Auto seine Spur mit oder ohne Einverständnis des Lenkers verlässt.
Ein Bremsassistent ist ein Bremskraftverstärker, der dafür sorgt, dass der notwendige Pedaldruck bei einem offensichtlichen Not-Bremsmanöver bis auf den maximal möglichen Bremsdruck erhöht wird.
Den Verdacht, dass er an Schlafapnoe leide, hatte Müller selber rund eineinhalb Monate nach dem Unfall und nach ersten Untersuchungen durch einen Facharzt in einem Interview mit dem «Blick» geäussert. Der Facharzt gehe davon aus, dass es aufgrund der Apnoe zu einem Sekundenschlaf gekommen sei, sagte Müller
Zu ihren Erkenntnissen gelangte die Staatsanwaltschaft durch die Auswertung der im Auto von Müller angebrachten Dash-Cam. Diese Dash-Cam und ein aufgrund dieser Aufzeichnungen erstelltes verkehrstechnisches Gutachten trugen laut der Behörde viel zur Klärung dieses Verkehrsunfalls bei
Die schweren Verletzungen des Opfers machten mehrere Operationen und mehrmonatige stationäre Behandlungen und Rehabilitationen nötig und würden trotzdem teils bleibende Beschwerden hinterlassen, teilte die Aargauer Staatsanwaltschaft weiter mit. Der Strafbefehl ist noch nicht rechtskräftig. Müller hat vorsorglich Einsprache erhoben.
Müller befand sich damals mitten im Wahlkampf um den bisher von seiner Parteikollegin Christine Egerszegi gehaltenen Ständeratssitz. Danach sagte er vorläufig sämtliche Termine ab.
Müller nahm einen Tag nach dem Unfall persönlich Stellung. Er bedaure den Unfall sehr und hoffe auf eine möglichst schnelle und komplette Genesung der jungen Frau, schrieb Müller. Seine Gedanken seien bei ihr und er wünsche ihr «von Herzen» gute Besserung.
«Auch für mich persönlich sind die Resultate der Unfalluntersuchung wichtig», schrieb Müller. Ein Alkoholtest am Unfallort habe einen Wert von 0,00 Promille ergeben. Zudem habe er während der Fahrt nicht telefoniert oder anderweitig sein Handy bedient – dies sei auch durch eine erste Handy-Kontrolle der Polizei bestätigt worden.
Er sei nicht abgelenkt gewesen, und habe sich vor und während der Fahrt fit gefühlt. Gemäss den heutigen Erkenntnissen lägen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass er zu schnell gefahren sei.
Beim ersten Wahlgang der Aargauer Ständeratswahlen rund einen Monat später lag Müller nur an dritter Stelle hinter der gewählten Pascale Bruderer (SP) sowie hinter Hansjörg Knecht (SVP). Im zweiten Wahlgang konnte Müller Knecht um 10'000 Stimmen distanzieren und seiner Partei den Ständeratssitz verteidigen. (dwi/gin/sda)