«Die Menschen, die dort deportiert wurden, die hatten eine kleine Chance zu überleben. Die Schweine, die fahren in den sicheren Tod.» Kaum waren Nationalrat Jonas Fricker (Grüne) diese Worte entwichen, brach die grosse Entrüstung über den Aargauer Politiker herein. Da nutzte ihm auch die sofortige Entschuldigung nichts mehr.
Zwei Tage nach seinem verbalen Ausrutscher zieht der Aargauer die politische Notbremse – er tritt auf Beginn der Wintersession zurück. Während sein Holocaust-Vergleich beinahe von allen Seiten harsch kritisiert wurde, sind die Meinungen über seinen Rücktritt gespalten.
Die Parteikollegen von Jonas Fricker hatten sich nach dessen Vergleich sofort von ihm distanziert. Und: Sie kritisierten Fricker harsch. «Ich bin entsetzt über die unsägliche Entgleisung von Jonas Fricker», sagte etwa Jo Lang. Und Fraktionspräsident Balthasar Glättli: «Die Grünen verurteilen den heute von Jonas Fricker gemachten Vergleich ohne Wenn und Aber».
Kurz nachdem Fricker sein Rücktritt bekannt gegeben hatte, meldete sich sein Fraktionspräsident wieder zu Wort.
Bei diesem Statement der Grünen ist vor allem eines auffällig: Es fällt kein Wort des Bedauerns.
Kurz nach dem Rücktritt von Fricker kritisierten Twitter-User die Grüne-Partei. Der Vorwurf: Man habe Fricker im Stich gelassen, statt ihm den Rücken zu stärken und trotz seiner unüberlegten Worte zu ihm zu stehen.
War ja auch super, wie ihr Grünen euren Kollegen nach seinem Lapsus unterstützt habt. Grossartiger Parteizusammenhalt!
— Simon Schmid (@schmid_simon) 30. September 2017
Zeugt auch nicht von grosser Klasse, den Kollegen derart im Regen stehen zu lassen.
— Jonas Schmid (@JonasRotebeere) 30. September 2017
- SCHANDE DIESE PARTEIKOLLEGEN ! AM SCHLIMMSTEN SCHLEIMER JOE LANG! PFUI !😝
— Maja Steinlin (@Msteinlin) 30. September 2017
Es gibt aber auch jene, die den Schritt von Fricker begrüssen – und vor dem konsequenten Entscheid des Aargauers den Hut ziehen.
respekt für diesen schritt.
— Basil Anderau (@basilanderau) 30. September 2017
Chapeau 👏
— Martin Krumm (@MartinKrumm) 30. September 2017
Danke für diesen konsequenten, möglicherweise unausweichlichen Schritt. Aussage war inakzeptabel. Wünsche viel Kraft beim Neustart.
— Walter Stuedeli (@Walter_Stuedeli) 30. September 2017
Einige der Applaudierer sind auch der Meinung, dass dies immer so sein soll. Beispielsweise jeweils auch dann, wenn ein SVP-Mitglied einen verbalen «Ausrutscher» hat.
Der Vergleich war unterirdisch und keine spontane, unüberlegte Äusserung. Wenn der Rücktritt Massstäbe setzt, müssen weitere zurücktreten.
— Felix Schneuwly (@FelixSchneuwly) 30. September 2017
Doch die Meinung der Mehrheit ist eine andere. Der Rücktritt sei unüberlegt, voreilig, zu radikal, zu krass oder einfach absolut falsch.
Ich finde diese Entscheidung für absolut falsch. pic.twitter.com/oLwKH6Lra9
— Michael (@michael_viaov) 30. September 2017
Neeeiin!
— David Herzog (@diuuk) 30. September 2017
Fehler passieren. Entschuldigungen helfen. Aber wem hilft der Rücktritt? pic.twitter.com/7zTTSbqHx8
— Remo Schraner (@remo_schraner) 30. September 2017
Dieser (zu krasse) Entscheid tut mir sehr leid @FrickerJonas
— Peter A. Brügger (@pbruegger) 30. September 2017
Danke für Ihr Engagement für Natur und Umwelt. Ihre Stimme wird fehlen im NR 😔
Einige User auf Twitter hoffen, dass es sich der Grüne-Nationalrat doch nochmals anders überlegt.
Wir fordern den Rücktritt vom Rücktritt, @frickerjonas! Die Welt braucht Menschen wie dich mehr denn je! @gruene_aargau @Blickch @thomas_ley https://t.co/W3xD8diDSm
— Christian Keller 📌 (@krick68) 30. September 2017
Oder dass Fricker wenigstens 2017 wieder zur Wahl antritt und somit sein Polit-Comeback gibt.
... in der Hoffnung, dass du wieder kandidierst. - Dann können wir beweisen, dass wir durchaus verstanden haben.
— Beni Pauli-Marti (@PiBene) 30. September 2017
Beni
Chapeau. Jetzt können Sie in zwei Jahren wieder erhobenen Hauptes antreten.
— Lahor Jakrlin (@LahorJakrlin) 30. September 2017
Der Rücktritt von Jonas Fricker ist für eine seiner Parteikolleginnen eine «gute» Nachricht. Die Aargauer Grossrätin Irene Kälin schafft durch seine Entscheidung den Sprung in den Nationalrat. Sie hatte bei den Nationalratswahlen 2015 nach Fricker am meisten Stimmen geholt.
Sie sagte am Samstagabend zum Fernsehsender «Tele M1»:
Weiter zollt sie dem Entscheid ihres Parteikollegen Respekt:
Auf Twitter kam es bereits am Donnerstag zu einer Verwechslung. Und zwar wurde Jonas Fricker statt Jonas Fricker angetwittert. Genau: Der Politiker Fricker hat auf Twitter einen Namensvetter.
Dessen Reaktion am Donnerstag.
Sehr dumm und überlegt den @jonasfricker mit dem @FrickerJonas zu verwechseln 😉
— Jonas Fricker (@jonasfricker) 29. September 2017
Und auch heute kam es wieder zu Verwechslungen. Doch ein User muntert ihn auf.
Mit dem Rücktritt von @FrickerJonas hat auch der @jonasfricker bald wieder Ruhe hier - einfach noch nicht die nächsten paar Tage. https://t.co/ykS5nlBDVu
— Bö ☠ (@ThBenkoe) 30. September 2017
Danke für den Zuspruch, ich bleibe Standhaft
— Jonas Fricker (@jonasfricker) 30. September 2017
In ein paar Wochen kehrt somit bei beiden Fricker wieder Ruhe ein. (fvo)