Schweiz
Gesellschaft & Politik

«Kündigungsschutz ausbauen»: Das sagen SP-Levrat und FDP-Müller zum MEI-Umsetzungsvorschlag

Christian Levrat, SP-FR, spricht an der Herbstsession der Eidgenoessischen Raete, am Dienstag, 20. September 2016, im Staenderat in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Möchte sich dafür einsetzen, dass Schweizer Arbeitnehmern gar nicht erst gekündigt wird: SP-Präsident Christian Levrat. Bild: KEYSTONE

«Kündigungsschutz ausbauen»: Das sagen SP-Levrat und FDP-Müller zum MEI-Umsetzungsvorschlag

Kaum hat der Nationalrat seinen Umsetzungsvorschlag zur SVP-Zuwanderungsinitiative verabschiedet, läuft schon die Diskussion im Ständerat an. In der Sonntagspresse breiten FDP-Ständerat Philipp Müller und SP-Präsident Christian Levrat ihre Vorschläge aus.
02.10.2016, 05:2802.10.2016, 08:30
Mehr «Schweiz»

Ex-FDP-Präsident Müller wirbt in der «NZZ am Sonntag» für eine leicht verschärfte Version des Konzepts, das unter dem Titel «Inländervorrang light» bekannt geworden ist. Er habe immer gesagt, dass er den Inländervorrang bezüglich Wirksamkeit und bürokratischer Last noch verbessern wolle, sagte er. Arbeitgeber sollen demnach nicht nur offene Stellen dem Arbeitsamt melden müssen.

«Ein Arbeitgeber soll es begründen müssen, wenn er keinen inländischen Stellensuchenden anstellt, den ihm das RAV [Regionale Arbeitsvermittlungszentrum] meldet», sagte Müller im Interview. «Das ist die Massnahme, die punkto Bürokratie das kleinste Übel darstellt und am meisten Wirkung im Ziel hat.»

Auf die Missachtung der Verfassung angesprochen, die Kontingente und Höchstzahlen verlangt, sagte Müller: «Was nützen denn Kontingente einem Arbeitslosen in der Schweiz, wenn damit zuerst Tausende im Ausland rekrutierte Arbeitskräfte kommen, bevor er berücksichtigt wird?»

Philipp Mueller, abtretender Parteipraesident FDP, spricht waehrend der Delegiertenversammlung der FDP, am Samstag, 16. April 2016, in Bern. Die FDP wird heute ihr Praesidium neu besetzen. (KEYSTONE/P ...
Hält Kontingente und Höchstzahlen für nicht zielführend: FDP-Ständerat Philipp Müller.Bild: KEYSTONE

Levrat pocht auf Flankierende

Verschärfen, wenn auch an einem ganz anderen Ort, will auch SP-Präsident Levrat den Inländervorrang: nämlich beim Arbeitnehmerschutz, wie er im Interview mit der «Schweiz am Sonntag» sagte. «Dagegen kann die EU nichts sagen».

Der Inländervorrang werde den Erwartungen der Bevölkerung nicht gerecht. Dieser setze beim Wiedereinstieg arbeitsloser Schweizer an. «Wir müssen aber vorher ansetzen und den Kündigungsschutz ausbauen.» Langjährige Mitarbeiter sollen davor geschützt werden, dass ihnen «aus Gründen der Profitmaximierung» gekündigt wird.

«Wir müssen die Hilferufe ernst nehmen, die hinter dem Ja zur Initiative stehen.»
Christian Levrat

Konkret soll nach Vorstellung des Sozialdemokraten die Definition einer «missbräuchlichen Kündigung» erweitert und der Schadenersatz im Fall einer solchen erhöht werden. «Wir müssen das Tabu wiederherstellen, dass langjährigen Mitarbeitern gekündigt wird, nur um eine billigere ausländische Arbeitskraft einzustellen.»

Bürgerliche sehen rot

Damit konfrontiert, dass die Bürgerlichen dies als neue flankierende Massnahme interpretieren könnten und damit eine rote Linie überschritten sähen, sagte Levrat, es gebe ein «Wording-Problem, vor allem mit der FDP». Diese sehe rot, wenn die Rede von «Flankierenden» sei. Schutzmassnahmen müssten aber überprüft werden.

Seine Botschaft an die Bürgerlichen: «Wenn ihr euer Tabu bei den Flankierenden nicht fallen lässt, lösen wir das Problem nie.» Die Flankierenden würden greifen, bevor die Leute arbeitslos werden. «Wir müssen die Hilferufe ernst nehmen, die hinter dem Ja zur Initiative stehen.»

Der Nationalrat hat vor gut einer Woche die Vorlage verabschiedet, mit der die Masseneinwanderungsinitiative der SVP umgesetzt werden soll. Die zuständige Kommission im Ständerat hat sich laut Sonntagsmedien in dieser Woche über das Dossier gebeugt. In einer Woche ist das Geschäft erneut traktandiert. Die Initiative sieht für die Umsetzung eine Frist bis im Februar 2017. (cma/sda)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
6 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Wilhelm Dingo
02.10.2016 10:18registriert Dezember 2014
Kündigungsschutz ausbauen tönt zwar auf den ersten Blick verlockend führt aber schnell zu französischen Verhältnissen. Tragisch dass das ein Schweizer Spitzenpolitiker nicht schnallt.
285
Melden
Zum Kommentar
avatar
sowhat
02.10.2016 08:47registriert Dezember 2014
Ach ja und das mit dem Hilferuf ernst nehmen, hätte Levrat viel früher einfallen können...
225
Melden
Zum Kommentar
6
Die Schweinepest ist auf dem Vormarsch – das kannst du gegen die Verbreitung tun

Noch ist das für Menschen ungefährliche Schweinepest-Virus nicht in der Schweiz aufgetreten. Doch die zuständigen Behörden bereiten sich auf die Krankheit vor. Zum Schutz trägt bei, wer seine Essensreste korrekt entsorgt.

Zur Story