Die Tat nahm an einem kleinen Thurgauer Bahnhof ihren Anfang. Vier junge Männer lockten eine 16-Jährige unter dem Vorwand, zusammen Marihuana rauchen zu wollen, in ihr Auto. Auf einem Parkplatz in einem Industriequartier begannen sie, die Frau zu küssen und überall zu berühren. Sie wehrte sich anfangs und sagte: «Nei, hör uff!» Einer der Männer sagte, dies sei doch nicht so schlimm, und vergewaltigte sie. Ein anderer rief «schneller, schneller» und ein weiterer filmte das Geschehen mit seinem Handy.
Vor Gericht wurden alle vier Männer wegen Vergewaltigung verurteilt, weil sie gemeinsam gehandelt hatten. Doch keiner musste ins Gefängnis. Sie erhielten bedingte Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren. Die Haft hätten sie nur antreten müssen, wenn sie rückfällig geworden wären.
Fälle wie dieser sind häufig. Gemäss der Urteilsstatistik, in der das Bundesamt für Statistik alle rechtskräftigen Strafurteile erfasst, muss jeder dritte Vergewaltiger nicht ins Gefängnis. Im vergangenen Jahr waren das 24 von insgesamt 77 Fällen.
Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren werden gemäss Strafgesetz «in der Regel» bedingt ausgesprochen, wenn ein Gefängnisaufenthalt nicht nötig erscheint, um die Täter von künftigen Delikten abzuhalten.
Heute Montag debattiert der Nationalrat darüber, ob solche bedingten Freiheitsstrafen für Vergewaltiger abgeschafft werden sollen. Eine Mehrheit des Ständerats hat sich im Juni für eine Verschärfung ausgesprochen und beantragt, die Mindeststrafen für das Delikt von einem Jahr auf mehr als zwei Jahre zu erhöhen.
In der vorberatenden Rechtskommission des Nationalrats haben sich zwei Lager gebildet. SVP und Mitte wollen das Strafmass verschärfen. Alle anderen sind dagegen.
SVP-Nationalrätin Barbara Steinemann regt sich darüber auf. Sie sagt: «Alle schreien jetzt nach der ‹Ja heisst Ja›-Lösung, weil das woke ist. Damit lenken die linken Feministinnen, aber auch die FDP, davon ab, dass sie eigentlich die Täter verschonen wollen.» Wer einer Frau so etwas Schreckliches antue, müsse zwingend ins Gefängnis. Sonst finde kein Unrechtsausgleich statt.
Ihre Gegnerinnen argumentieren mit dem Ermessensspielraum der Gerichte, der gewahrt bleiben müsse. Doch was bedeutet das genau?
Marianne Heer, langjährige Kantonsrichterin von Luzern, betont, die wenigsten Vergewaltigungen kämen aufgrund eines brutalen Überfalls zustande. Viele spielten sich in einer Beziehung ab, häufig in der Ehe. Eine Strafe solle auch verhindern, dass der Täter ein Delikt wiederhole. Sie sagt: «Auch bei einem schweren Delikt wie einer Vergewaltigung muss das Gericht die Möglichkeit haben, sich mit Blick auf das konkrete Verschulden einerseits und im Interesse einer Resozialisierung andererseits gegen einen Vollzug im Gefängnis entscheiden zu können.»
Patrizia Krug, Erste Staatsanwältin von Baselland, hingegen sagt: «Die Opfer haben unter Umständen ein Leben lang mit Folgen der Tat zu kämpfen und insbesondere bedingt ausgesprochene Strafen werden diesen Tatfolgen nicht gerecht.» Dennoch brauche es nicht zwingend eine gesetzliche Erhöhung der Mindeststrafe. Stattdessen müssten die Staatsanwaltschaften höhere Strafen beantragen und die Gerichte diese auch aussprechen, findet sie.
Im eingangs geschilderten Fall war die Thurgauer Staatsanwaltschaft mit dem milden Urteil allerdings einverstanden. Sie beantragte gar nicht, dass die Täter ins Gefängnis müssen.
Keine bedingten Strafen für verurteilte Vergewaltiger. Das im Artikel beschriebene Beispiel macht einfach nur fassungslos.
Sollte das Freezing als konkludentes Nein gehandelt werden, wie im Moment im Parlament diskutiert wird, dann könnte ich mich mit der Nein heisst Nein Lösung abfinden v.A wenn dafür der von SVP und Mitte geforderte höhere Strafrahmen verankert werden würde.
Aber das ist nur meine Meinung.