Schweiz
Gesellschaft & Politik

Nach Verhaftungen: Aktivisten der Klimabewegung wollen weitermachen

Aktivisten des Klimacamps der Gruppe Collective Climate Justice blockieren am ersten Aktionstag die Bank UBS am Aeschenplatz in Basel.
Blockade für das Klima: So protestierten Aktivisten vergangene Woche vor der UBS in Basel. Bild: KEYSTONE

Trotz Verhaftungen machen Klima-Aktivisten weiter: «Wir würden es jederzeit wieder tun»

Die Aktivisten, die vor einer Woche zwei Banken blockierten, müssen empfindliche Bussen zahlen. Katerstimmung hat sich bei ihnen allerdings nicht breit gemacht. Im Gegenteil.
18.07.2019, 09:01
Mehr «Schweiz»

Zehn Tage sind vergangen, seit Aktivistinnen und Aktivisten der Klimabewegung den Schweizer Finanzplatz für kurze Zeit in Aufruhr versetzten. Am frühen Morgen blockierten sie die Zugänge der Credit Suisse am Zürcher Paradeplatz und der UBS am Aeschenplatz in Basel. Damit wollten sie darauf aufmerksam machen, dass die zwei Banken massgeblich an der Klimakatastrophe mitverantwortlich sind. Namentlich mit Finanzierungen von Projekten und Unternehmen im Bereich fossile Brennstoffe.

Mit ihrer Blockade dürften die Aktivisten erreicht haben, was sie beabsichtigten. Mehrere Tage berichteten Schweizer und internationale Medien über die jungen Menschen, die sich vor den Banken an Velos, Pflanzentöpfe und Absperrgitter gekettet haben.

Für die an der Aktion Beteiligten endete der Tag allerdings weniger erfreulich: 80 Personen wurden verhaftet, verbrachten 48 Stunden in Haft und wurden von der Justiz mit saftigen Bussen bestraft.

«Diese Erfahrung hat uns gestärkt.»
Michael Furrer, Klima-Aktivist

Den Protestierenden in Zürich wird Nötigung vorgeworfen, einigen auch Hausfriedensbruch. Die Bestrafung bleibt für alle dieselbe: Eine Geldstrafe von 60 Tagessätze à 30 Franken. In Basel wirft ihnen die Staatsanwaltschaft zusätzlich Landfriedensbruch und Sachbeschädigung vor.

Sie kassieren Freiheitsstrafen von 150 bis 170 Tagen und eine Geldstrafe von bis zu 180 Tagessätze à 50 Franken. Aktivisten aus dem Ausland wurden mit Aufenthaltssperren für die Schweiz von bis zu drei Jahren belegt.

Ein herber Schlag für die Aktivisten, der vor allem die Portemonnaies der teils noch sehr jungen Beteiligten empfindlich belasten wird. Haben sie nun die Nase voll vom Aktionismus für das Klima? Keineswegs. Michael Furrer, der an der Blockade in Zürich beteiligt war sagt: «Diese Erfahrung hat uns gestärkt. Alle, mit denen ich gesprochen habe, sagen: ‹Wir würden es jederzeit wieder tun›.»

Furrer, 27 Jahre alt, Mitglied der Organisation Bewegung für den Sozialismus und aktiv im Klimastreik, ist der Meinung, die Taktik der Polizei und Justiz sei gar kontraproduktiv gewesen und habe den Aktivisten der Klimabewegung noch mehr Aufwind gegeben. Die Polizisten am Paradeplatz hätten sicherlich die Aufgabe gehabt, die Blockierenden einzuschüchtern, was ihnen in einem ersten Moment auch gelungen sei. «Natürlich lässt das einen nicht kalt, wenn plötzlich Hundertschaften mit Schutzausrüstung und Waffen vor dir stehen», sagt Furrer.

Polizisten stehen vor den Klimaaktivisten der Organisation Clima Justice welche den Eingang der Schweizer Bank Credit Suisse blockieren, aufgenommen am Montag, 8. Juli 2019 auf dem Paradeplatz in Zuer ...
Polizisten im Einsatz vor der Credit Suisse am Paradeplatz.Bild: KEYSTONE

Doch im Nachhinein wurde laut Furrer deutlich, dass die Aktion bei der Bevölkerung auf viel Sympathie stiess, hingegen das Verhalten der Polizisten und das harte Vorgehen der Justiz auf Unverständnis. «Viele Leute zeigen sich mit uns solidarisch. Das schlägt sich auch finanziell nieder.» Innert weniger Tagen haben 7000 Menschen einen Appell der Kampagnenorganisation Campax unterschrieben und bisher insgesamt 32'000 Franken gespendet.

Dass es nun solche gebe, die sich von der Bewegung abwenden, weil ihnen die Aktionsform zu extrem ist oder weil sie die Repression fürchten, glaubt Furrer nicht. «Ich habe von niemandem gehört, der jetzt sagt, er wolle nicht mehr mitmachen.»

Im Gegenteil seien gerade die klimastreikenden Schülerinnen und Schüler an einem Punkt angelangt, wo sie ihre Aktionsformen weiterentwickeln wollten: «Seit sechs Monaten demonstrieren sie in der Schweiz zu Zehntausenden, ohne dass sich massgeblich etwas bewegt. Jetzt wollen sie über neue Möglichkeiten nachdenken, um endlich die politischen Prozesse anzuschieben.» Aktionsformen die gewaltfrei seien, bei denen es aber zu zivilem Ungehorsam komme, werden bestimmt zu solchen Möglichkeiten dazu zählen, ist sich Furrer sicher.

Auch die Sprecherin des Collective Climate Justice, Frida Kohlmann, gibt sich zuversichtlich. Sie sagt: «Das hat uns eher gestärkt, denn geschwächt.» Viele Verhaftete, die jetzt einen Strafbefehl erhalten haben, seien der Überzeugung das Richtige getan zu haben. Diese Art von Protest sei nötig, um wieder wahrgenommen zu werden.

Kohlmann ist sich sicher, dass es auch in Zukunft noch viele ähnliche Aktionen geben wird.

Frida Kohlmann auf dem Paradeplatz im Interview mit watson:

Video: watson/sar
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Faktencheck: Die 9 beliebtesten Aussagen der Klimaskeptiker
1 / 12
Faktencheck: Die 9 beliebtesten Aussagen der Klimaskeptiker
Wir unterziehen 9 beliebte Aussagen von Klimaskeptikern dem Faktencheck. Ausführlichere Antworten und Quellen findest du hier.
quelle: epa / christos bletsos
Auf Facebook teilenAuf X teilen
10 Alltagssünden, die wir alle regelmässig begehen
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
79 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Samzilla
18.07.2019 09:59registriert März 2019
Naja, für Wiederholungstäter dürften die Strafen dann halt einfach nochmals etwas höher ausfallen.

Und bezüglich Sympathie in der Bevölkerung hat der Herr wohl eine etwas gar subjektive Meinung.

„...Mitglied der Organisation Bewegung für den Sozialismus...“ - die Klimaaktivisten täten gut daran, sich nicht von jeglichen Gruppierungen instrumentalisieren zu lassen. Bezüglich Sympathie und so...
17062
Melden
Zum Kommentar
avatar
Th. Dörnbach
18.07.2019 09:26registriert Mai 2019
Die Klimabewegung scheint wohl von der ganz Linken unterwandert worden zu sein. Herr Furrer soll mir doch erklären, wie er die Umwelt in der Schweiz erhalten und fördern will, wenn er gleichzeitig für die Abschaffung aller Grenzen plädiert?
200108
Melden
Zum Kommentar
avatar
3klang
18.07.2019 09:52registriert Juli 2017
Wieso setzen diese Menschen Ihre Energie nicht für die legalen Mittel welche unsere direkte Demokratie bietet ein? Es sollte doch ein Leichtes sein, Unterschriften für Ihre Anliegen zu sammeln und eine Volksinitative zu lancieren. Das wäre zum einen legal und zum anderen würde das Volk tatsächlich dazu gezwungen, Stellung zu nehmen.

Solche Aktionen oder auch Demonstrationen machen meiner Meinung nach im Ausland Sinn, um die Politiker auf eigene Anliegen aufmerksam zu machen. In der Schweiz gibt es aber die Möglichkeit der direkten Mitsprache in Form der Volksinitiative oder Referendum.
8231
Melden
Zum Kommentar
79
Streit um Herzchirurgie in St.Gallen: Jetzt ziehen die Krankenkassen vor Gericht
Die Pläne für Herzchirurgie am Kantonsspital St.Gallen stossen auf Widerstand. Die Krankenversicherer wollen sie verhindern, weil sie um um die Behandlungsqualität fürchten und vor steigenden Kosten warnen.

Die St.Galler Spitäler kommen nicht zur Ruhe. Nach der Massenentlassung von 440 Stellen im letzten Herbst ist nun ein Streit um der geplante Leistungsauftrag für Herzchirurgie am Kantonsspital entbrannt. Anfang März hatten die drei Kantone St.Gallen und beider Appenzell entschieden, bei der Spitalplanung zusammenzuspannen. Ihr Ziel: Sie wollen teure Doppelspurigkeiten vermeiden.

Zur Story