Peter Schmid* arbeitete lange als therapeutischer Psychologe beim Kinder- und Jugendpsychiatrischen Dienst des Kantons Zürichs. Heute ist Schmid pensioniert. Doch sein Beruf beschäftigt ihn bis heute.
2014 reichte Schmid gegen seinen Arbeitgeber Klage ein. «Obwohl die Arbeit und Ausbildung gleichwertig und vergleichbar mit derjenigen eines Ingenieurs oder eines Informatikers war, wurde ich als Psychologe in einer tieferen Lohnkategorie eingestuft», begründet Schmid seine Klage.
Er fühlte sich diskriminiert: «Diese Ungleichheit rührt daher, dass der Beruf der Psychologinnen und Psychotherapeuten ein klassischer Frauenberuf ist. 70 Prozent der Stellen besetzen Frauen.» Ingenieur oder Informatiker seien hingegen technische Berufe, die von Männer dominiert sind. «Diesen Berufskategorien mehr Lohn zu zahlen ohne objektive Begründung, widerspricht dem Gleichstellungsgesetz», so Schmid.
Diese Woche befasste sich das Bundesgericht bereits ein zweites Mal mit Schmids Fall. 2020 wies es das Zürcher Verwaltungsgericht ein erstes Mal an, dass es sich mit der Diskriminierungsfrage genauer auseinandersetzen muss, weil es lediglich auf die Stellenbeschreibung Schmids eingegangen war. Offenbar hat das Zürcher Gericht bis heute noch immer keine genügende Begründung geliefert, warum Schmid als Psychologe in einer tieferen Lohnkategorie eingeteilt wird.
Denn in einem zweiten, diese Woche publizierten Urteil, schreiben die Bundesrichterinnen und Richter, dass Schmids Stelle als Psychologe «ein sehr anspruchsvolles Hochschulstudium» voraussetze, was für die Vergleichsberufe nicht oder zumindest nicht im gleichen Masse gefordert sei. Und Schmid habe glaubhaft gemacht, dass eine Diskriminierung bestehe. Nun liege es an seinem ehemaligen Arbeitgeber zu beweisen, dass der Lohnunterschied auf objektiven Gründen basiere und deshalb gerechtfertigt sei. Zusammengefasst: Das Bundesgericht weist das Zürcher Verwaltungsgericht erneut an, die Sache genauer anzuschauen.
«Dieser Entscheid ist für uns ein Etappensieg», sagt Marion Graber, Generalsekretärin des Kantonalverbands der Zürcher Psychologinnen und Psychologen (ZüPP). Der ZüPP unterstützt Schmid bei seiner Klage. Oder besser gesagt: Sie machten sich aktiv auf die Suche nach jemandem, der bereit war, die Lohndiskriminierung vor Gericht anzufechten.
«Wir kämpfen schon seit Jahren für mehr Lohn und eine höhere Wertschätzung des Berufes beim Kanton. Bisher leider ohne Erfolg. Der einzige Weg, der uns blieb, war mittels einer Klage», sagt Graber. Man habe lange gesucht, bis man Schmid fand. Viele hätten sich vor den Konsequenzen gefürchtet und sich nicht mit der eigenen Arbeitgeberin vor Gericht anlegen wollen.
Der unterdessen 70-jährige Schmid war bereit. Erhält er Recht, muss ihm der Kinder- und Jugendpsychiatrischen Dienst respektive die psychiatrische Universitätsklinik Zürich, wo der Dienst heute angegliedert ist, die Lohndifferenz zurückzahlen. Doch darum gehe es ihm nicht. «Ich kämpfe für die jungen Leute und dafür, dass der Beruf der Psychologin oder des Psychologen endlich das Ansehen erhält, das er verdient.»
Auch ZüPP-Generalsekretärin Graber hofft, dass man sich mit der Entlöhnung der Psychologinnen und Psychologen beim Kanton und den inzwischen verselbständigten Kliniken endlich fundiert auseinandersetzt und mit der Begründung ein Umdenken stattfindet. «Dieser Fall zeigt auch, dass Fachpersonen, die im Gesundheitswesen nicht auf ärztlicher Stufe sind, unterbezahlt sind.»
Kommt das Zürcher Verwaltungsgericht zum Schluss, dass Schmids Arbeitgeber keine genügend objektive Begründung für die Lohnunterschiede liefern kann, würde das nicht nur für Schmid einen Sieg bedeuten. Dann müsste auch der Kanton Zürich über die Bücher und die Entlöhnung aller bei ihm angestellten Psychologinnen und Psychologen nach oben anpassen.
* Name der Redaktion bekannt
Das darf dann bitt Kreise ziehen.