Am Sonntag strahlte Tele Bärn einen Beitrag zum Fall Anthamatten aus. Das Thema: Ein Drittel der verurteilten Vergewaltiger kommen mit bedingten Strafen davon. Die Message des Beitrags ist klar: Sowohl Strafrechtsprofessor Martin Killias wie auch die Berner SVP-Nationalrätin Andrea Geissbühler finden das nicht in Ordnung.
Quote Geissbühler: «Das ist völlig daneben. Ein Vergewaltiger muss hart bestraft werden.» Sie findet, dass bedingte Strafen eigentlich keine Strafen sind. Ein klares Statement zum Schutz der Frauen – so sieht's vorerst aus. Doch halt. Geissbühler setzt zum nächsten Satz an und der lautet so:
Oho. Laut der Politikerin gibt es also Männer, die Frauen zum Sex zwingen und dafür eine bedingte Strafe – in ihren Augen also keine Strafe – erhalten sollten. Man ist gespannt, was nun folgt ...
Wow. Es kommt noch besser ...
Bäääääm, das sitzt. Experten sind jedenfalls empört, wie 20 Minuten berichtet.
«Keine Frau, die Opfer einer Vergewaltigung wird, trägt die Schuld oder Mitschuld für die erlittene sexuelle Gewalt», sagt Linda Borner, Beraterin bei Lantana, der Berner Fachstelle Opferhilfe bei sexueller Gewalt.
Brigitte Gschwend von der Opferhilfe Bern findet, dass, wenn eine Frau einem Mann erlaube, sich mit ihm in privaten Räumlichkeiten aufzuhalten, ihm das noch keinen Freibrief gebe, sexuelle Aktivitäten zu erzwingen. «Es geht auch um das uralte Thema, ob eine Frau, die A sagt, auch B sagen muss. Diese Argumentation ist sehr gefährlich. Denn das hiesse ja, dass der arme Mann nicht mehr fähig ist, das B zu respektieren. Aber das muss man ganz klar von jedem Mann in jedem Alter verlangen können.»
Selbst Politikerinnen aus den eigenen Reihen geht das zu weit. SVP-Nationalrätin Natalie Rickli, die sich für härtere Strafen für Vergewaltiger einsetzt, distanziert sich laut der Gratiszeitung deutlich von Geissbühlers Aussagen: «Natürlich ist Vorsicht geboten und jede Frau ist auch für sich selber verantwortlich, aber eine Vergewaltigung oder Strafmilderung lassen sich dadurch nicht rechtfertigen.»
So viel steht fest: Mit ihren markigen Worten schafft sich Geissbühler keine Freunde. Eine Facebook-Gruppe fordert sogar ihre Absetzung. Diese wurde ursprünglich gegründet, weil die SVP-Frau «für eine unsachliche und ideologische Drogenpolitik steht». Seit der Nacht auf Dienstag ist auf der Seite auch folgende Stellungnahme zu finden: «Victim blaming vom feinsten! Schämen sie sich Frau Geissbühler.»
(rwy)