Schweiz
Gesundheit

Mach es wie Kate: Frauen sollen nach der Geburt schneller nach Hause, sagt Schweizer Arzt

epa06687661 Britain's Prince William (R), Duke of Cambridge carries his newborn son next to his wife Catherine (L), Duchess of Cambridge as they leave the Lindo Wing at St. Mary's Hospital i ...
Prinz Louis in die Babyschale und ab nach Hause: Kate Middleton verliess das Spital nur sieben Stunden nach der Entbindung. Bild: EPA/EPA

Mach es wie Kate: Frauen sollen nach der Geburt schneller nach Hause, sagt Schweizer Arzt

In England bleiben Frauen nach einer Geburt nur zwei Tage im Krankenhaus. Jetzt werden auch hierzulande Forderungen nach einem früheren Spitalaustritt der Mütter laut. 
01.06.2018, 06:0701.06.2018, 12:52
Mehr «Schweiz»

Schweizer Mütter und ihr Baby bleiben nach der Entbindung durchschnittlich vier Tage im Spital. Viel zu lange, findet David Baud, Chefarzt der Gynäkologie und Geburtshilfe des Universitätsspitals Lausanne. Deshalb will Baud den frisch gebackenen Müttern nur noch 72 Stunden in seiner Abteilung gewähren, wie er der Zeitung Le Temps verriet.

Zum Vorbild nimmt sich der Arzt Grossbritannien. Die Britinnen verweilen für gewöhnlich nur 2,5 Tage im Spitalbett. Prominentes Beispiel: Herzogin Kate Middleton. Nach der Geburt von Prinzchen Louis Anfang Mai verliess sie das Spital nach nur sieben Stunden.

Die Geburt eines Prinzen

Video: srf

David Baud: «Aus rein medizinischer Sicht gibt es keinen Grund, in der Geburtsabteilung zu bleiben, wenn alles gut gelaufen ist.» Zum einen riskierten Mutter und Kind zu Hause keine Krankenhausinfektionen. Zum anderen sei es für sie besser, sich nach der Entbindung in einem vertrauten und ruhigen Umfeld zu bewegen. «Im Spital ist es oft lärmig, weil die anderen Patienten nach dem Pflegepersonal klingeln oder die Babys weinen», so der Arzt.  

«Vieles, was wir im stationären Wochenbett machen, lässt sich auch ambulant organisieren.»
Roland Zimmermann, Leiter der Klinik für Geburtshilfe des Zürcher Universitätsspitals

Viele Mütter wünschen sich nach der Geburt aber Unterstützung. Baud: «Sie können das Weinen ihres Kindes nicht deuten, wissen nicht, wie sie sich organisieren sollen, oder sie bekommen es mit der Angst zu tun.» In solchen Fällen sei eine psychologische Betreuung nötig, die aber «geradeso gut zu Hause bei den Frauen erfolgen könnte». Denn die Pflege soll laut dem Arzt nicht verkürzt, sondern öfters ausgelagert werden: Wie in England seit jeher üblich, könnten laut ihm auch in der Schweiz Hebammen mit vermehrten Hausbesuchen eine tragendere Rolle spielen. 

Ähnlich sieht das Roland Zimmermann, Leiter der Klinik für Geburtshilfe des Zürcher Universitätsspitals: «Vieles, was wir im stationären Wochenbett machen, lässt sich auch ambulant organisieren.» 

«Hätte mein Mann einen Vaterschaftsurlaub, könnte ich früher nach Hause gehen.»
Mutter, die ihr Kind im Universitätsspital Basel gebar

Weshalb bleiben die Schweizerinnen anstatt sich von einer Hebamme helfen zu lassen, trotzdem ganze zwei Tage länger als die Britinnen im Spital? Zimmermann: «Vieles hat einfach Tradition. Und für Veränderungen braucht es Zeit.» 

Die Praktiken des britischen Systems zu übernehmen sei aber nicht einfach so möglich, sagt Olav Lapaire, stellvertretender Chefarzt Geburtshilfe und Schwangerschaftsmedizin am Universitätsspital Basel: «Um eine qualitativ gute Betreuung der Frauen zuhause zu gewährleisten, müsste das ambulante Netz, insbesondere der Hebammen, vergrössert werden.» Auch gewisse gesellschaftliche Verhältnisse würden sich als Hindernis entpuppen, so Lapaire: «Eine Wöchnerin sagte uns: ‹Hätte mein Mann einen Vaterschaftsurlaub, könnte ich früher nach Hause gehen.›»

Fast so teuer wie bei den Windsors

Eine Geburt inklusive Spitalaufenthalt und ärztliche Betreuung kostet hierzulande laut einer Studie des Beratungsunternehmens «Truven Health Analytics» durchschnittlich knapp 7800 Dollar. «Fast so teuer wie bei den Windsors», titelte die Handelszeitung. Denn im St.Mary's Spital in London, wo das neuste Mitglied der britischen Royals das Licht der Welt erblickte, kostet ein Zimmer für das normale Geburts-Paket zwischen 6400 und 8400 Euro.

Das Schweizer Gesundheitssystem ist teuer. So teuer, dass laut dem Direktor des Bundesamts für Gesundheit die Gefahr besteht, «dass wir es an die Wand fahren, wenn wir jetzt nichts Entscheidendes unternehmen». Könnte hier mit kürzeren Spitalaufenthalten nicht auch gespart werden? Dieser Frage haben sich Genfer Gesundheitsökonomen bereits im Jahr 2004 in einer umfassenden Studie gewidmet. Das Fazit fiel jedoch ernüchternd aus: Mit früheren Austritten könnte zwar Geld gespart werden, jedoch seien die Beträge, die netto herausschauen würden, bescheiden. 

Baby Boom fordert Lösungen

Fakt ist: So oder so werden Schweizer Spitäler ihre Geburtshilfe überdenken müssen. Denn 2017 wurden so viele Babys geboren wie seit Jahren nicht mehr. Diese Tendenz führt in den Spitälern immer wieder zu Engpässen bei der Belegung von Gebärsälen und Betten. 

 

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
45 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Wilhelm Tellerrand
01.06.2018 08:37registriert Oktober 2015
Grossbritannien ist uns auch beim Vaterschaftsurlaub einen Schritt voraus: mindestens eine bis zwei Wochen sind gesetzlich vorgeschrieben.
13210
Melden
Zum Kommentar
avatar
Neunundneunzig
01.06.2018 11:37registriert April 2017
Kate ist ein denkbar schlechtes Vorbild, genau wie alle Schauspielerinnen und Models, die wenige Wochen nach der Geburt bereits wieder ihre alte Figur zurückhaben.
Eine Geburt zu meistern im Wissen, dass zuhause ein ganzes Heer an Bediensteten bereit steht, inklusive der Visagisten und Ankleider am Spitalbett, ist nicht das gleiche Erlebnis wie für Ottilie Normalgebärerin. Dennoch werden sich durch solche Bilder viele Frauen unter Druck fühlen und manche Männer vielleicht sogar denken, "wieso sieht meine Frau nicht so aus?" Die Bedürfnisse und Umstände sind immer sehr unterschiedlich!
1115
Melden
Zum Kommentar
avatar
Mimimi_und_wow
01.06.2018 09:04registriert März 2018
In den Niederlanden ist das auch so: meine Stieftochter ist für die Geburt ambulant ins Krankenhaus und dann am gleichen Tag, resp. Folgetag wieder nach Hause. Sie bekam aber, von der Krankenkasse bezahlt, während ca. 2 Wochen eine Hebamme/Haushaltshilfe die täglich während ca. 2 oder 3 Stunden (oder war es ein halber Tag?), die Versorgung von Mutter und Kind gemacht hat und auch mal gestaubsaugt hat, Küche gemacht, Wäsche gemacht. Was halt grad nötig war.
Ich hingegen war froh, dass ich eine Woche im Spital sein konnte und erst heim kam, als die Verwandten wieder abgereist waren.
931
Melden
Zum Kommentar
45
Nationalrat will keine Beschränkungen für Listenverbindungen

Der Nationalrat will keine Beschränkungen für Listenverbindungen bei der Wahl des Nationalrates. Mit Stichentscheid von Ratspräsident Eric Nussbaumer (SP/BL) lehnte er am Montag eine Motion von Leo Müller (Mitte/LU) ab, mit 94 gegen 93 Stimmen und mit einer Enthaltung.

Zur Story