Schweiz
Gesundheit

Panne mit Notrufsystem weitet sich aus: Auch Altersheime betroffen

Brisant: Der Alarmknopf, mit dem Patienten um Hilfe rufen können, ist momentan in zahlreichen Schweizer Heimen ausser Betrieb.
Brisant: Der Alarmknopf, mit dem Patienten um Hilfe rufen können, ist momentan in zahlreichen Schweizer Heimen ausser Betrieb.bildmaterial: shutterstock bildbearbeitung: ohe

Mega-Panne mit Notrufsystem weitet sich aus: Auch Altersheime betroffen

In rund 400 Schweizer Spitälern, Alters- und Behindertenheimen funktioniert seit dem Jahreswechsel der Notrufknopf an den Spitalbetten nicht mehr richtig. Die Panne könnte noch Tage andauern.
04.01.2019, 14:2031.05.2019, 11:41
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Die Vorstellung ist schrecklich. Man liegt hilflos im Spitalbett, drückt den Notfallknopf neben dem Bett – und nichts passiert, kein Alarm geht los. Wie watson berichtete, ist genau dies schweizweit seit der Silvesternacht in zahlreichen Kliniken passiert. Schuld für den Ausfall ist ein Software-Fehler. Teilweise schlagen Patienten und Bewohner nun per Babyphone oder Glocke Alarm. In den Spitälern sorgte die Panne für heikle Situationen. Lois*, auf Besuch bei einem Verwandten im Kantonsspital Aarau, sagt zu watson: «Der Patient im Nebenbett röchelte und drückte den Alarmknopf mehrfach – doch niemand kam.»

Jetzt zeigen weitere Recherchen das Ausmass der massiven Panne: Das System fiel laut dem Hersteller in circa 400 Institutionen aus. Auch zahlreiche Alters- und Behindertenwohnheime sind betroffen.

Die Tertianum Gruppe etwa, einer der grössten Betreiber von Seniorenheimen in der Schweiz: «Bei zwei Betrieben funktionieren die Notrufsysteme noch nicht», sagt Sprecher Roger Zintl.

«Der Patient im Nebenbett röchelte und drückte den Alarmknopf mehrfach – doch niemand kam.»
Spitalbesucher

Auch in mehreren Alters- und Pflegezentren der national tätigen Stiftung Senevita sind die Notfallknöpfte derzeit ausser Betrieb, genauso wie in zwei Pflegezentren der Stadt Zürich. In Zürich konnten die Probleme laut einer Sprecherin inzwischen aber grösstenteils behoben werden. Alle Heim-Anbieter geben an, ihre Betreuer würden zusätzliche Patrouillen machen und regelmässig prüfen, ob bei den Bewohnern alles in Ordnung ist. Gewisse Institutionen haben zusätzliches Personal aufgeboten, an vielen Orten werden die Zimmetüren offen gelassen.

«Zahlreiche Bewohner haben schlaflose Nächte aus Angst, man hört sie nicht.»

In den Wohnheimen Rossfeld für Menschen mit körperlicher Behinderung in der Stadt Bern ist das System laut Informationen von watson ebenfalls down. Man habe den Bewohnern Babyphones verteilt, für alle habe es aber nicht gereicht: «Zahlreiche Bewohner haben schlaflose Nächte. Aus Angst, man werde sie bei einem Problem nicht hören», so eine Person aus dem Umfeld des Heims. Die Stiftung Rossfeld war für eine offizielle Stellungnahme bisher nicht erreichbar.

Panne dauert bis nächste Woche an

Der Software-GAU ereignete sich um am 1. Januar um 0.01. Die Panne trat also durch den Jahreswechsel 2018/19 auf und erinnert so an den befürchteten Millenium-Bug, die Angst vor dem Crash diverser Informatiksysteme an der Jahrtausendwende. Der akutelle Softwarefehler bewirkte, dass die LED-Anzeigen der Displays mehr Strom bezogen. Dadurch brach das Datenübertragungssystem teilweise zusammen.

Der Hersteller des fehlerhaften Systems ist die Firma Gets MSS SA in Lausanne. Von der Panne betroffen sind laut einer Sprecherin schweizweit rund 400 Institutionen.

Das Unternehmen gibt an, am 2. Januar ein «fehlerbehebendes Update» aufgeschaltet zu haben. «Damit war das Notruf-System einen Tag später in vielen Spitälern und Wohnheimen wieder zu 90 Prozent funktionsfähig.» Wegen der grossen Anzahl Unternehmen, die das Gets-System nutzen, würden sich gewisse Institutionen aber bis nächste Woche gedulden müssen.

*Name geändert.

700'000 Patienten infizieren sich jährlich im Spital

Video: srf

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Statistiken zu Transplantationen in der Schweiz
In sämtliche Statistiken sind die Kinder eingerechnet.
quelle: swisstransplant / swisstransplant
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27 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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redeye70
04.01.2019 15:07registriert Mai 2016
Ein System mit solch wichtiger Funktion ohne Redundanz ist für eine Katastrophe geradezu prädestiniert. Als würden alle Firmen der Schweiz ihre gesamte Kundendatei auf einem einzigen zentralen Server speichern. Ohne Backup. Kawumm, hat es gemacht!
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Kong
04.01.2019 14:38registriert Juli 2017
das nennt man auch Lichtruf, früher eigens aufwändig verkabelte Systeme heute bald mehrheitlich abgelöst durch IP Lösungen, sehe da für Zukunft steigende Herausforderung für redundante Lösungen und Plan B
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El Vals del Obrero
04.01.2019 15:41registriert Mai 2016
Bald wird auch die WC-Spülung softwareisiert und IPsiert sein, wenn es so weiter geht. Wenn es beim WC-Hersteller ein Softwareproblem gibt oder er ein fehlerhaftes WC-Spülung-Software-Update freischaltet oder die Internetverbindung nicht läuft, kann man nicht mehr spülen.
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