Schweiz
Gesundheit

Bundesrat Berset prangert Arztlohn von einer Million Franken an

Bundespraesident Alain Berset, Vorsteher des Eidgenoessisches Departement des Innern EDI, spricht anlaesslich der Nationalen Konferenz Gesundheit 2020, am Montag, 29. Januar 2018, in Bern. (KEYSTONE/M ...
Bundesrat Alain Berset an der Nationalen Konferenz Gesundheit 2020.Bild: KEYSTONE

Alain Berset prangert Arztlohn von 1 Million Franken an – «Fake News» rufen Mediziner

Bis zu einer Million Franken sollen Ärzte verdienen, sagt Bundesrat Alain Berset in einem Interview und erzürnt damit Mediziner. Darunter der Schweizerische Berufsverband der Ärzte.
01.02.2018, 07:0401.02.2018, 17:19
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Alain Berset ist wütend. Seine Gefühlsregung kann er im Interview mit der Tagesschau des Westschweizer Fernsehens RTS nicht verstecken. «Wer kann ein solches Gehalt auf dem Rücken der Prämienzahler rechtfertigen?», fragt er, spricht von inakzeptablen Löhnen.

Wütend gemacht hat Berset eine Aussage des Genfer Gesundheitsdirektors Mauro Poggia an der Nationalen Konferenz Gesundheit 2020. Poggia geht davon aus, dass einige Fachärzte, zum Beispiel Chirurgen, bis zu einer Million Franken im Jahr verdienen. 

Kaum hatte Berset die Zahl von Poggia über das Fernsehen weiterverbreitet, meldete sich die Ärzteschaft zu Wort. Ihrerseits wütend, aber nicht auf die Grossverdiener unter den Medizinern, sondern auf den Bundesrat.

«Das ist skandalös», sagte Jean-Marc Heinicke, Chirurg und Präsident des Verbands der Genfer Chirurgen gegenüber RTS. Er sei sehr überrascht, dass der Gesundheitsminister einen solchen öffentlichen Schnitzer begehe und die hohen Gehälter von Fachleuten für die Erhöhung der Prämien verantwortlich mache, sagte Heinicke.

Und für die Waadtländer Ärztegesellschaft war das kurze Interview Anlass genug, um eine zweiseitige Medienmitteilung zu publizieren. Darin bezichtigen sie Berset, «Fake News» zu verbreiten und fordern ihn auf, seine Aussagen öffentlich zurückzuziehen.

«Seit Jahren fehlt von den Leistungserbringern Transparenz über ihre Einkommen.»
Sprecher von Alain Berset

Der Schweizer Berufsverband der Ärzte (FMH) ist mit der Waadtländer Ärztegesellschaft einig, wie er gegenüber watson mitteilt. «Die Aussage von Bundesrat Alain Berset bezüglich Lohn von Spezialärzten von einer Million Franken allein aus dem obligatorischem KVG-Bereich kann nicht korrekt sein.» Rein rechnerisch sei eine solche Summe nur mit Tarmed-Tarif-Leistungen gar nicht zu erwirtschaften, so der Verband.

Der Sprecher von Alain Berset geht auf Nachfrage von watson nicht auf die Vorwürfe der Ärzte ein, sondern unterstreicht die Forderung, die der Bundesrat bereits im Interview äusserte. «Seit Jahren fehlt von den Leistungserbringern Transparenz über ihre Einkommen.»

Tatsächlich. In der Schweiz weiss derzeit niemand, wie viel die Ärztinnen und Ärzte eigentlich verdienen. Die letzten Zahlen stammen aus dem Jahr 2009, wobei das methodische Vorgehen dieser Studie kritisiert wird.

So kann man sich nur auf Insider-Informationen beziehen. Gegenüber der NZZ bezifferte der Geschäftsführer von Klingler Consultants den Normallohn eines Oberarztes zwischen 120'000 und 360'000 Franken. Am besten bezahlt würden Radiologen, Intensivmediziner, Kardiologen, Urologen und Gastroenterologen.

Ein wenig Licht ins Dunkel könnte eine Studie bringen, welche das Bundesamt für Gesundheit für den kommenden Frühling angekündigt hat.

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158 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Hugo Wottaupott
01.02.2018 07:25registriert Februar 2014
Verwaltungskosten: Spielen keine grosse Rolle bei den KK-Prämien. Medikamentenwerbung: Spielen keine grosse Rolle bei den Prämien. Medikamentenpreise: Spielen keine grosse Rolle bei den Prämien. Arzthonorar spielt keine grosse Rolle bei den Prämien..... usw. Der grosse unsichtbare Dämon streicht die ganzen Prämien ein!
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blablup
01.02.2018 07:17registriert Mai 2017
Wenn es keine Tranzparenz gibt muss sich niemand über Fantasiezahlen beschweren!
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Alice36
01.02.2018 08:48registriert Juni 2017
Stellt euch vor wir hätten eine Einheitskrankenkasse:

- Keine Provision für Markler
- Weniger oder kleine Boni für Manager
- Genug freie Manpower und Fachwissen um Arzt und Spital Rechnungen zu kontrollieren und zu überprüfen
- Genug macht um mit der Pharmaindustrie Medikamenten Preise zu verhandeln.
- Genug Macht um mit Ärzten und Spitälern den Taxpunkt zu verhandeln.
- Genug Macht um Ärzte und Spitäler zu kontrollieren.

Stattdessen bezahlt der Durschnittsbürger alljährlich höhere Prämien die er sich schon lange nicht mehr leisten kann und die Politik verliert sich im Geschwafel.
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