Hormonelle Verhütungsmethoden gelten als sicherste Mittel gegen ungewollte Schwangerschaften. In der Folge geben sie Gynäkologen schon Mädchen im Teenageralter ab. Pille, Nuva-Ring, Hormon-Spirale, Pflaster und Spritze haben eines gemeinsam: Sie funktionieren über Hormone, die gewisse Krebsarten begünstigen können.
Dass diese Hormone Nebenwirkungen wie beispielsweise eine Lungenembolie haben können, ist weitgehend bekannt. Dass sie aber auch gut- und bösartige Hormone wuchern lassen können, wird auf Beipackzetteln und in Beratungsgesprächen oft vernachlässigt oder gar kleingeredet.
So steht beispielsweise in der Packungsbeilage der Pille «Yasminelle», dass «Brustkrebs bei Frauen, die Kombinationspillen nehmen, etwas häufiger festgestellt wird». Das Auftreten der Tumore würde aber nach Absetzen der Pille langsam wieder abnehmen.
«In seltenen Fällen wurden gutartige Lebertumoren und noch seltener bösartige Lebertumoren bei Pillenanwenderinnen festgestellt», steht dort weiter geschrieben. Gleichzeitig wird von den Herstellern der Pille damit geworben, dass sie das Risiko, an Eierstockkrebs zu erkranken, um die Hälfte verringere.
«Die Anti-Baby-Pille senkt das Risiko für Gebärmutterschleimhaut-, Eierstock- und Darmkrebs», bestätigt auch Nik Hauser, Klinischer Direktor des Brustzentrums an der Hirslanden Klinik Aarau. «Allerdings konnte in der Brust und im Gebärmutterhals ein gesteigertes Risiko für bösartige Erkrankungen nachgewiesen werden. Das Risiko ist allerdings gering und scheint sich nach neusten Studien fünf Jahre nach Absetzen der Pille zu verlieren.»
Auch gutartige Tumoren, wie zum Beispiel Zysten am Eierstock entstehen laut Hauser zyklus- und damit hormonabhängig und werden durch die Hormonspirale begünstigt. Aber nicht nur hormonhaltige Verhütungsmittel können einen Einfluss auf Wucherungen im Körper haben. «Auch der Gebärmutterschleimhautkrebs wächst häufig vor allem unter dem Einfluss des weiblichen Geschlechtshormons Östrogen. Diese Krebsart tritt häufig bei übergewichtigen Frauen auf, da im Fettgewebe vermehrt Östrogen produziert wird», erklärt Hauser.
Um zu verstehen, wieso Hormone wie «Futter» für gewisse Tumoren funktionieren, muss man verstehen, was Hormone sind. «Hormone sind Botenstoffe, die in verschiedenen Zellen und Geweben Stoffwechselvorgänge auslösen oder verhindern können», erklärt Hauser. Allerdings benötigen Zellen spezielle Rezeptoren, um auf das Signal des Hormons reagieren zu können. Dies könne man sich wie ein Schlüssel-und-Schloss-Prinzip vorstellen. Tumoren besässen oft ähnliche Rezeptoren, wie die Gewebe in denen sie wachsen. «Sie wachsen häufig schnell und unkontrolliert, indem sie sich von den zur Verfügung stehenden Hormone ernähren.»
Laut einer Studie der Internationalen Krebsforschungsagentur (IARC) besteht für Frauen, die lange die Pille einnehmen, ausser dem erhöhten Brustkrebsrisiko, ein statistisch erhöhtes Risiko für Gebärmutterhalskrebs und eventuell auch ein erhöhtes Risiko für Hypophysentumoren und Tumoren des zentralen Nervensystems.
Ein Dänisches Forscherteam kam 2015 in einer Studie zum Schluss, dass die Einnahme von hormonellen Verhütungsmitteln das Risiko, an einem seltenen Hirntumor zu erkranken, erhöht. Diese sogenannten Gliome traten eher bei Frauen auf, die seit längerer Zeit die Pille einnahmen oder auf andere hormonelle Verhütungsmethoden zurückgriffen. Die Forscher warnten aber vor Überinterpretation ihrer Erkenntnisse: Gliome seien trotzdem äusserst selten.
Nicht nur Frauen sind von hormonbedingten Tumoren betroffen. Gerade Prostatakrebs wächst auch hormonabhängig. In der Schweiz erkranken pro Jahr rund 6200 Männer. Damit ist Prostatakrebs die häufigste Krebsart überhaupt.