Noch nie kandidierten so viele Frauen für das Eidgenössische Parlament wie in diesem Jahr. In der SRF-Sendung Rundschau vom Mittwoch wurde der Frage nach der Vereinbarkeit von Beruf, politischer Karriere und Kindern nachgegangen. Die Sendungsmacher kommen zum Schluss, dass der Spagat zwischen allen drei Aufgaben quasi «ein Ding der Unmöglichkeit» ist.
Eine eigens für die Sendung durchgeführte Umfrage unter Parlamentarierinnen legt offen, dass eine Mehrheit der Frauen im Parlament entweder neben der politischen Tätigkeit keiner anderen beruflichen Tätigkeit nachgeht oder keine Kinder betreut.
Während die in der Sendung portraitierten linken Politikerinnen bessere Rahmenbedingungen fordern, sind die bürgerlichen Politikerinnen der Ansicht, dass Frauen sich für zwei Aufgaben des Dreiklangs Politik – Beruf – Familie entscheiden müssen.
Mit dieser Aussage in der Rundschau verärgert Nationalrätin Doris Fiala (FDP) das linke Lager. Die Präsidentin der FDP Frauen ist der Ansicht, dass junge Frauen sich entscheiden sollten: Politik und Beruf oder Beruf und Kinder, alle drei Optionen zusammen führe dazu, dass junge Frauen «verheizt» werden.
Ähnlich sieht es Babette Sigg, Präsidentin der CVP Frauen. Wenn sich jemand bei ihr darüber beklage, dass es nicht mehr junge Frauen in der Politik habe, sei ihre Antwort jeweils:
Min Li Marti, SP-Nationalrätin und selbst seit kurzem berufstätige Mutter, sieht mit solchen Aussagen den Fortschritt in der Gleichberechtigung in Gefahr. Auf Twitter schreibt sie, dass Fialas Aussage aus den 50er-Jahren stammen könnte.
Die 1950er haben angerufen und wollen ihre PolitikerInnen zurück: Frauen sollen mit der Politik warten, bis die Kinder gross sind, meinen die Frauenpräsidentinnen von CVP und FDP. Von den Männern ist natürlich keine Rede. https://t.co/fdSbeNTHZ5
— Min Li Marti (@minlimarti) August 29, 2019
Auch Natascha Wey von der SP ist von Fialas Ansicht genervt:
Die erklärte Feministin und SP-Nationalrätin Mattea Meyer argumentiert, dass der Dreiklang bei Männern in der gleichen Situation funktioniert und es daher auch bei Frauen funktionieren muss.
Fiala verteidigte ihr Statement daraufhin via Twitter erneut und erwähnte, dass der Spagat auch für Männer «fast nicht zu stemmen» sei.
Es gibt verschiedene Lebensphasen! Kinder und Beruf ist vereinbar bei guter Organisation und bestmöglichen Betreuungsmodellen, aber anspruchsvoll. Auch Linder und Politik sind vereinbar. Der Dreiklang (!) , also alles (!) gleichzeitig ist fast nicht zu stemmen!
— Doris Fiala (@DorisFiala) August 29, 2019
Anstatt sich mit Lösungen für dieses Problem auseinanderzusetzen, die auch politische und gesellschaftliche Veränderungen mit sich ziehen, bleibe Fiala lieber beim Status quo. Dieser Ansicht ist Natascha Wey, wie ihrem Facebook-Post zu entnehmen ist.
Drei mögliche Lösungsansätze liefert SP-Nationalratskandidatin Wey direkt mit:
Männer haben ja auch Kinder & Beruf, & alle Geschlechter haben daneben noch Hobbies und was weiss ich alles... Geht doch im Endeffekt bei allen ums gleiche - was priorisiere ich.
Okay.
Oder einfach vielleicht auch mal Prioritäten setzen?
(und ja, ich finde es gut, wenn Frauen in die Politik gehen, aber man kann nicht ds Füfi und ds Weggli haben..auch sonst im Leben nicht).
Daneben haben diese Kinder ja auch einen anderen Elternteil. Der sollte ja auch irgendwie beteiligt sein..