Schweiz
Gleichstellung

FDP-Nationalrätin Doris Fiala stösst nach Aussage im SRF auf Kritik

Lohngleichheit gehörte zu den Forderungen des Frauenstreiks im Juni. Ab 2021 müssen grosse Unternehmen untersuchen, ob sie Frauen und Männern für gleiche Arbeit gleichen Lohn bezahlen. (Archivbild)
Gleichstellung ist ein Politikum: Teilnehmerinnen des Frauenstreiks vom 14. Juni in Bern.Bild: KEYSTONE

Mit dieser Aussage über Mütter und Politik hat sich FDP-Fiala in die Nesseln gesetzt

29.08.2019, 12:5429.08.2019, 14:38
Milan Marquard
Milan Marquard
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Der Hintergrund

Noch nie kandidierten so viele Frauen für das Eidgenössische Parlament wie in diesem Jahr. In der SRF-Sendung Rundschau vom Mittwoch wurde der Frage nach der Vereinbarkeit von Beruf, politischer Karriere und Kindern nachgegangen. Die Sendungsmacher kommen zum Schluss, dass der Spagat zwischen allen drei Aufgaben quasi «ein Ding der Unmöglichkeit» ist.

Eine eigens für die Sendung durchgeführte Umfrage unter Parlamentarierinnen legt offen, dass eine Mehrheit der Frauen im Parlament entweder neben der politischen Tätigkeit keiner anderen beruflichen Tätigkeit nachgeht oder keine Kinder betreut.

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Bild: screenshot srf rundschau
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Bild: screenshot srf rundschau

Während die in der Sendung portraitierten linken Politikerinnen bessere Rahmenbedingungen fordern, sind die bürgerlichen Politikerinnen der Ansicht, dass Frauen sich für zwei Aufgaben des Dreiklangs Politik – Beruf – Familie entscheiden müssen.

Die Aussage

«Wenn wir ehrlich sind, ist dieser Dreiklang – Beruf haben, im Parlament sein und Kinder zu haben – fast nicht unter einen Hut zu bringen.»
Doris Fiala, FDP

Mit dieser Aussage in der Rundschau verärgert Nationalrätin Doris Fiala (FDP) das linke Lager. Die Präsidentin der FDP Frauen ist der Ansicht, dass junge Frauen sich entscheiden sollten: Politik und Beruf oder Beruf und Kinder, alle drei Optionen zusammen führe dazu, dass junge Frauen «verheizt» werden.

Doris Fiala, FDP-ZH, links, spricht waehrend einer Medienkonferenz, am Montag 3. Juni 2019, in Bern. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)
Doris Fiala während einer Medienkonferenz in Bern im Juni.Bild: KEYSTONE

Ähnlich sieht es Babette Sigg, Präsidentin der CVP Frauen. Wenn sich jemand bei ihr darüber beklage, dass es nicht mehr junge Frauen in der Politik habe, sei ihre Antwort jeweils:

«Lasst die jungen Frauen erst ihr Familienleben leben, lasst sie sich mit ihren Kindern beschäftigen, ihre Karriere starten, wartet, bis die Kinder aus dem Haus sind. Dann sind die Frauen im besten Alter.»
Babette Sigg Frank, CVP

Die Reaktionen

Min Li Marti, SP-Nationalrätin und selbst seit kurzem berufstätige Mutter, sieht mit solchen Aussagen den Fortschritt in der Gleichberechtigung in Gefahr. Auf Twitter schreibt sie, dass Fialas Aussage aus den 50er-Jahren stammen könnte.

Auch Natascha Wey von der SP ist von Fialas Ansicht genervt:

«Beide (Doris Fiala und Babette Sigg; Anm. d. Red.) finden, Frauen mit Kindern sollen doch bitzeli warten, bis sie in die Politik einsteigen. So bis die Kinder grösser sind. Bis dahin machen die Männer Politik.»

Die erklärte Feministin und SP-Nationalrätin Mattea Meyer argumentiert, dass der Dreiklang bei Männern in der gleichen Situation funktioniert und es daher auch bei Frauen funktionieren muss.

Fiala verteidigte ihr Statement daraufhin via Twitter erneut und erwähnte, dass der Spagat auch für Männer «fast nicht zu stemmen» sei.

Anstatt sich mit Lösungen für dieses Problem auseinanderzusetzen, die auch politische und gesellschaftliche Veränderungen mit sich ziehen, bleibe Fiala lieber beim Status quo. Dieser Ansicht ist Natascha Wey, wie ihrem Facebook-Post zu entnehmen ist.

Drei mögliche Lösungsansätze liefert SP-Nationalratskandidatin Wey direkt mit:

  1. Mut zur Imperfektion bei Frauen: Auch Frauen dürfen so wie Männer Fehler machen. Dadurch könne der Druck reduziert werden und Frauen verzichteten weniger aus Angst vor Versagen.
  2. Vertretungsregelungen im Parlament: Die Parlamente haben keine Vertretungsregelungen für längere Abwesenheiten wie im Falle einer Mutterschaft.
  3. Flächendeckende und günstige Kinderbetreuung: So könnten Mütter von jungen Kindern ihren Verpflichtungen einfacher nachkommen, ohne sich selbst zu übernehmen.

Die ganze Sendung

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14 Bilder vom Frauenstreik am 14. Juni 1991
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14 Bilder vom Frauenstreik am 14. Juni 1991
Am Schweizer Frauenstreik vom 14. Juni 1991 beteiligen sich Hunderttausende von Frauen landesweit an Streik- und Protestaktionen. Im Bild: Eine Gruppe von Frauen auf dem Helvetiaplatz in Zürich.
quelle: keystone / walter bieri
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Hunderttausende Frauen streikten
Video: srf
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116 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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ciaociao
29.08.2019 13:22registriert November 2016
Ich sehe jetzt den Grund nicht, warum diese Diskussion auf Frauen (oder auf die Politik) beschränkt wird.
Männer haben ja auch Kinder & Beruf, & alle Geschlechter haben daneben noch Hobbies und was weiss ich alles... Geht doch im Endeffekt bei allen ums gleiche - was priorisiere ich.
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Platon
29.08.2019 13:17registriert September 2016
Doris Fiala ist das beste Beispiel dafür, was geschieht, wenn Frauen mit der Politik warten. Sie vertritt eine Politik aus dem letzten Jahrhundert, hat keinen blassen Schimmer mehr davon, was die Familie für eine finanzielle Belastung ist, entlastet daher lieber die Unternehmen und ist nicht einmal mehr fähig eine den heutigen Ansprüchen genügende Masterarbeit zu schreiben. Die Frau passt eher ins Altersheim zu Gleichgesinnten statt ins Parlament. Nichts gegen Alte Leute im Parlament, aber es braucht eindeutig mehr junge Leute. Das heutige Parlament bildet die Gesellschaft nicht ab!
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Baccaralette
29.08.2019 13:18registriert Oktober 2015
Flächendeckende und günstige Kinderbetreuung.
Okay.
Oder einfach vielleicht auch mal Prioritäten setzen?
(und ja, ich finde es gut, wenn Frauen in die Politik gehen, aber man kann nicht ds Füfi und ds Weggli haben..auch sonst im Leben nicht).
Daneben haben diese Kinder ja auch einen anderen Elternteil. Der sollte ja auch irgendwie beteiligt sein..
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