Es herrschte Katzenjammer. Bei den letzten Eidgenössischen Wahlen 2015 sank der Wähleranteil der GLP auf 4,6 Prozent (-0,8). Die Partei büsste 5 Nationalrats- und ihre beiden Ständeratssitze ein. Jetzt, 5 Monate vor den kommenden Wahlen, strotzt die GLP vor Selbstbewusstsein.
Am 20. Oktober will sie ihren Wähleranteil auf 7 Prozent erhöhen, mindestens 10 Nationalratsmandate erobern und in den Ständerat zurückkehren. Dies verkündete der Berner Nationalrat und GLP-Präsident Jürg Grossen am Montagmorgen an einer Pressekonferenz in Bern.
Inhaltlich will die GLP vor allem mit Umweltthemen punkten. «Wir wollen eine Schweiz, die beim Klimaschutz und bei sauberen Technologien internationale eine Vorreiterrolle einnimmt», sagte der Zürcher Nationalrat Martin Bäumle. Der ehemalige GLP-Präsident stellte der Klimapolitik des Bundesrats ein schlechtes Zeugnis aus und kritisierte auch die Landwirtschaft, die zu stark auf Pestizide setze. Darunter leide die Qualität des Trinkwassers und die Biodiversität.
Vizepräsidentin Kathrin Bertschy propagierte das umstrittene Rahmenabkommen mit der EU als eine «grosse Chance für uns». Sie forderte die Ehe für alle und die Einführung der Individualbesteuerung, damit sich für Familien ein Zweitverdienst besser lohnt. Die Berner Nationalrätin ist überzeugt, dass damit mehr Frauen ihr Pensum aufstocken und dem Fachkräftemangel entgegenwirken würden. Präsident Jürg Grossen forderte derweil, der Bund müsse bei seiner Infrastruktur in moderne Technologien und nicht Instrumente aus dem letzten Jahrtausend investieren. Er bemängelte etwa, dass der Bund auf den steigenden Verkehr immer noch mit dem Bau neuer Strassen reagiere, anstatt zum Beispiel auf Mobility Pricing zu setzen.
Der Zeitgeist spielt der GLP in die Hände. Die weltweiten Klimaproteste, inspiriert von der 16-jährigen schwedischen Aktivistin Greta Thunberg, haben grüne Themen weit oben auf die politische Tagesagenda gespült. Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht über eine Steuer für Flugzeugreisen, ein generelles Verbot für den CO2-Ausstoss oder andere Massnahmen gesprochen wird, welche die Erderwärmung stoppen sollen. Die GLP kann im Oktober auf einen Thunberg-Effekt hoffen. Es wäre nicht das erste Mal, dass die GLP von der Aktualität profitiert. Nach dem Reaktorunglück von Fukushima im Frühjahr 2011 steigerte sie ihren Wähleranteil auf 5,4 Prozent. Die GLP legte damit gegenüber 2007 um satte 4 Prozent zu.
Zuversicht schöpft die GLP auch von den jüngsten kantonalen Urnengängen. Bei den Zürcher Kantonsratswahlen vom 24. März erreichte sie 12,9 Prozent (+ 5,3), kommt neu auf 23 Mandate (+9) und überflügelte damit sogar die Grünen. Eine Woche steigerte die GLP auch im Kanton Luzern auf 6,6 Prozent (+2,2) und erhöhte ihre Sitzzahl von 5 auf 8. Auch die Umfragewerte fallen für die GLP positiv aus. Gemäss dem SRG-Wahlbarometer vom Februar würden sie 6,4 Prozent Wähleranteil erreichen. Mit 6,7 Prozent schneidet die GLP bei einer aktuellen Tamedia-Umfrage sogar noch etwas besser ab.
Andreas Ladner, Professor für Politikwissenschaften am Idheap an der Universität Lausanne, hält die Zielvorgabe der GLP für ambitioniert. Parteien müssten sich aber hohe Ziele setzen, sagt er. Ladner kann sich vorstellen, dass einige FDP-Wähler für die GLP stimmen könnten. «Während die Freisinnigen noch über ihre ökologische Ausrichtung debattieren, wissen die Bürger, wofür die GLP steht», sagt der Politikwissenschafter.
Dank der Klimadebatte und den guten kantonalen Resultaten habe die GLP das Momentum auf ihrer Seite. Ladner gibt aber zu bedenken, dass kleine Parteien aufgrund des Wahlsystems gerade in kleineren Kantonen, in denen es nur wenige Sitze zu verteilen, benachteiligt sind. In der Tat müssen sie dort einen viel höheren Wähleranteil erzielen als etwa in Zürich und Bern, um Sitze zu ergattern. Die GLP will diesen Nachteil mit Listenverbindungen lindern, wie Präsident Jürg Grossen ausführte. In diversen Kantonen sind bereits Kooperationen mit der EVP, der BDP oder auch der CVP beschlossene Sache.