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Maudet will nach Schlappe in der Politik bleiben – Grüne triumphieren

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Fabienne Fischer von den Grünen wird mit 9'000 Stimmen vor Pierre Maudet gewählt.Bild: keystone

Maudet will nach Wahlschlappe in der Politik bleiben – die Grünen triumphieren

Die Grüne Fabienne Fischer zieht in die Genfer Regierung ein. Nach den vorläufigen Ergebnissen lag sie bei der Ersatzwahl am Sonntag mit mehr als 8000 Stimmen vor Pierre Maudet, der als Unabhängiger für seine eigene Nachfolge kandidiert hatte.
28.03.2021, 17:03
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Fischer, die 45'198 Stimmen (41,51 Prozent Wähleranteil) erhielt, wurde von ihren Anhängerinnen und Anhängern in der Altstadt triumphal empfangen. Die politisch weitgehend unerfahrene 59-jährige Juristin denkt, dass sie die richtige Person sei, um den Genfer Institutionen wieder die nötige Legitimität zu verleihen.

Fischer sprach damit in einer ersten Reaktion vor den Medien die Affäre Maudet an. Der Skandal um eine bezahlte Luxusreise des Magistraten und seiner Familie nach Abu Dhabi hatte in den vergangenen knapp drei Jahren die Genfer Politik stark beschäftigt.

Linke in der Mehrheit

Mit der Wahl der grünen Kandidatin hat die Linke ihr Ziel voll erreicht. Denn die Mehrheitsverhältnisse in der Genfer Kantonsregierung verschieben sich damit zu ihren Gunsten. Dies ist in Genf bislang nur einmal vorgekommen, während der Legislaturperiode 2005-2009.
«Ich nehme das Resultat von heute und den Entscheid des Stimmvolks zur Kenntnis und gratuliere der grünen Kandidatin zu ihrer Wahl in den Staatsrat. Ich danke den Genferinnen und Genfern, die mir ihr Vertrauen geschenkt haben, von ganzem Herzen», schrieb Maudet.

Fischer hatte bereits in der ersten Runde am 7. März die Nase vorne und galt als Favoritin für den zweiten Wahlgang. Dabei konnte sie auf die Unterstützung der SP und der Partei der Arbeit zählen. Die Bürgerlichen dagegen waren gespaltener denn je. Neben dem seit dem Ausschluss aus der FDP parteilosen Maudet traten im zweiten Wahlgang sowohl die CVP und die SVP mit eigenen Kandidaten an.

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Mit Fabienne Fischers Wahl schwenkt die Mehrheit des Staatsrats nach links.Bild: keystone

Maudet hatte in der ersten Runde vor drei Wochen für eine Überraschung gesorgt, indem er deutlich vor dem FDP-Kandidaten Cyrill Aellen auf dem zweiten Platz gelandet war. Mit seinem Plan, zurückzutreten und wieder gewählt zu werden, scheiterte der Berufspolitiker nun aber letztendlich.

Maudet erhielt 36'844 Stimmen (Wähleranteil 33,84 Prozent). Damit lag er weit hinter Fischer. An dieser Reihenfolge dürfte sich angesichts des deutlichen Vorsprungs der Grünen bis zum endgültigen, am Sonntagabend erwarteten Ergebnis nichts ändern.

Kein Abschied aus der Politik

Maudet gestand in einem Brief an die Bevölkerung, den er auf Twitter verbreitete, seine Niederlage ein. Er gratulierte Fischer zu ihrem Wahlerfolg. «Ich nehme das Resultat von heute und den Entscheid des Stimmvolks zur Kenntnis und gratuliere der grünen Kandidatin zu ihrer Wahl in den Staatsrat. Ich danke den Genferinnen und Genfern, die mir ihr Vertrauen geschenkt haben, von ganzem Herzen», schrieb er.

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Pierre Maudet möchte sich weiterhin politisch engagieren.Bild: keystone

Maudet, der seit 2012 der Regierung angehört hatte, räumte zwar seine Enttäuschung ein, kündigte jedoch, an der Politik bleiben zu wollen, allerdings «in anderer Form». Er sei offen für alles, sagte der 43-Jährige in einer kurzen Stellungnahme vor den Medien.

Staatsrat Antonio Hodgers (Grüne) freute sich in einem Interview mit dem Lokalfernsehen Léman Bleu, dass der Kanton die Affäre Maudet nun abschliessen könne«. »Ich bin zufrieden für Genf«, sagte er.

Affäre mit Konsequenzen

Die Affäre vergiftet seit bald drei Jahren das politische Klima in Genf. Der seit dem Ausschluss aus der FDP parteilose Staatsrat Maudet gab Ende Oktober 2020 seine Demission bekannt, nachdem ihn seine Amtskollegen seiner letzten verbliebenen Kompetenzen beraubt hatten.

Sie entzogen ihm das Departement für Wirtschaftsförderung aufgrund eines »alarmierenden Berichts über das Personalmanagement in seiner Abteilung". Gleichzeitig mit dem Rücktritt gab Maudet bekannt, für seine eigene Nachfolge zu kandidieren.

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Pierre Maudet im Februar in Genf.Bild: keystone

Erst vor fünf Wochen verurteilte das Polizeigericht Maudet im Zusammenhang mit der bezahlten Luxus-Reise in das arabische Emirat wegen Vorteilsannahme zu einer bedingten Geldstrafe von 300 Tagessätzen zu 400 Franken. Der Magistrat kündigte an, den Fall weiterzuziehen. Auch wenn die Meinungen über Maudet laut Beobachtern schon zuvor gemacht waren, geholfen hat ihm der Schuldspruch im Wahlkampf sicherlich nicht.

Die beiden weiteren bürgerlichen Bewerber für das Amt landeten abgeschlagen auf den Plätzen Drei und Vier. Die CVP-Kandidatin Delphine Bachmann, die erst nach dem Verzicht des FDP-Manns auf den zweiten Wahlgang ins Rennen gestiegen war, erhielt 14'717 Stimmen. Am wenigsten Unterstützung erhielt Yves Nydegger von der SVP mit 12'104 Stimmen. (oli/rst/sda)

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38 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Mahoni
28.03.2021 13:25registriert Dezember 2020
Ich kann nicht verstehen, wie ein Mensch, der einigermassen bei Sinnen ist, ihm die Stimme hat geben können. Einen Angsestellten beim Staat oder in einem Unternehmen hätte man in einem solchen Fall mit Sicherheit entlassen. Einmal mehr lernt man daraus, was für ein Mensch man sein muss, um an die Spitze zu gelangen. Der vermeintliche Saubermann hatte wohl alles und trotzdem hat er die hohle Hand gemacht, als er ganz oben war. Er passte zur FDP!
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René Schmid (1)
28.03.2021 13:32registriert Dezember 2016
Guter Entscheid der Genfer. Politiker sollten doch noch ein wenig anständig sein.
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Velvet67
28.03.2021 16:20registriert Dezember 2017
Für mich, als Expat-Genferin in der Deutschschweiz, das schlimmste war nicht was er gemacht hat (seine Reise etc). Der ist weit nicht der einzige der das macht, oder wer von solchen Angeboten profitiert. Das kann man mit einer Geldstrafe bussen, wenn er reuig wäre. Nein, er hat gelogen, hundert mal gelogen, probiert alles unter dem Teppich zu kehren, zu vertuschen, ohne einmal zu sagen: « es tut mir leid, es war falsch ». Das ist was man ihm eigentlich vorwirft, und darum ist er wahrscheinlich abgewählt worden.
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