Ein Plus von über sechs Prozentpunkten beim Wähleranteil, 17 zusätzliche Sitze im Nationalrat und wohl bald eine Handvoll Ständeräte: Eine Woche nach dem grossen Triumph der Grünen bei den Wahlen laufen die Diskussionen über einen möglichen Bundesratssitz für die Partei auf Hochtouren. Im Fokus steht einer der beiden FDP-Sitze, konkret jener von Ignazio Cassis.
Es geht um eine neue Zauberformel mit grünem Anstrich und die Frage, ob die Grünen schon bei der Gesamterneuerungswahl im Dezember angreifen sollten. Die Experimentierlust der anderen Parteien hält sich in Grenzen, die Lust auf ein Abwahlmanöver scheint klein. Selbst innerhalb der Grünen gibt es noch keine konsolidierte Position, geschweige denn eine offizielle Strategie. Parteichefin Regula Rytz selbst formuliert den Machtanspruch derzeit zurückhaltend. Man sei bereit für die Regierungsverantwortung und suche das Gespräch mit allen Parteien, betonte sie auch am Wochenende mantraartig.
Unabhängig davon dreht sich das grüne Personalkarussell schon munter. Wer gehört zu den möglichen Bundesratskandidaten der Partei? Und wer will? Als möglicher Kandidat hat sich bislang einzig der Genfer Regierungsrat Antonio Hodgers angeboten.
Der Name, der über die Parteigrenzen hinaus wohl am häufigsten genannt wird, ist jener von Bernhard Pulver. Der 54-jährige Jurist sass von 2006 bis 2018 im Berner Regierungsrat, er zählt zum kompromissfähigen Realoflügel der Grünen und geniesst überparteilich Sympathien. Im Kanton Bern gelang es ihm etwa, bildungspolitische Reformen vorwärtszubringen. Gegenwärtig ist er Verwaltungsratspräsident der Berner Insel-Spitalgruppe.
Gegenüber der Redaktion von CH Media äussert er sich erstmals zum aktuellen Bundesratspoker. Angesprochen auf seine eigenen Ambitionen, erklärt Pulver vieldeutig, dass er zur Frage nach seiner Person erst Stellung beziehen wolle, «wenn sich die Frage dann wirklich stellen würde». Eines ist für ihn aber klar: Die Grünen müssten im Bundesrat vertreten sein. Der Anspruch auf einen Bundesratssitz geht laut Pulver über die jüngsten Wahlresultate hinaus. Seiner Ansicht nach muss eine Partei breit abgestützt sein, um in diese Position zu kommen – und das seien die Grünen längst.
«Die Grünen stellen Stadtpräsidien, Gemeinde- und Regierungsratsmitglieder und sind aus der Lösungssuche in der Schweiz nicht mehr wegzudenken», ist Pulver überzeugt. Seit über drei Jahrzehnten sei die Partei eine relevante Kraft, die auf allen Staatsebenen Regierungsverantwortung wahrgenommen habe. «Das aktuelle Wahlresultat spricht in dieser Frage nun auch eine klare Sprache, entsprechend muss die Zauberformel angepasst werden», fordert Pulver. Zur Frage, wie genau dies passieren soll, will er sich derzeit nicht äussern. Er lobt Parteichefin Rytz, die eine Bundesratsbeteiligung fordere und gleichzeitig «auf so differenzierte und sorgfältige Art über das mögliche Vorgehen nachdenkt».
Zu den weiteren Namen, die als Kandidaten gehandelt werden, gehören Rytz selbst, die Baselbieterin Maya Graf, Berns Stadtpräsident Alec von Graffenried oder Fraktionschef Balthasar Glättli aus Zürich.
2 SVP, SP, FDP, GP und GLP jeweils eine Nase.
Abgesehen von der SVP kann stand heute eigentlich keine Partei einen zweiten Bundesratssitz legitimiere, auch nicht Rot-Grün, die im Nationalrat de facto gleich stimmen und zusammen auf gleich viele Wähler kommen wie die SVP.
Die FDP ist heute mit zwei vertretern auch sehr grosszügig ausgestattet.
Die GLP ist zwar relativ klein, aber relevant und es sollen alle relevanten Kräfte vertreten sein.