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Sie sind das Fallobst der Unterhaltungsgeschichte. Fallen gelassen vom Schweizer Fernsehen, fallen gelassen vom Interesse der Öffentlichkeit, versorgt an einem Ort, wo sich Billigmode und Bedeutungslosigkeit gute Nacht sagen.
Testfrage: Wie heisst die amtierende Miss Schweiz? Von einem Dutzend befragter watson-Redakteuren konnte dies niemand beantworten. Und an welche Missen erinnert sich irgendwer? An Melanie Winiger, das ist die Schöne, die uns mit ihrem zunehmend verfallenden Männergeschmack stresst. An Christa Rigozzi, omnipräsent wie Fondue im Winter. Und sonst so? «Fiona Hefti, die war heiss», sagt mein Pultnachbar. Echt?
Es gibt zwei Wettbewerbe, die haben sich aus einer uralten Zeit hinübergerettet: Der ESC und die Miss-Wahlen. Der ESC hat es dank allen möglichen Expansions- und Integrationsmassnahmen der European Broadcasting Union geschafft, zum grössten Live-TV-Ereignis des Jahres ausserhalb von Fussball zu werden. Im Missen-Land dagegen herrscht Misswirtschaft.
Dabei war das Ding mit den schönen Botschafterinnen eines Landes zu Beginn noch richtig wichtig. Derart wichtig zum Beispiel, dass Hitler die Wahl einer Miss Germany verbot. Weil ihm die internationalen Frauenmodelle, die seit den 20er-Jahren en vogue waren, zu ambitioniert, zu modern, zu emanzipiert waren. Oder, in seinen Worten, zu «jüdisch-bolschewistisch». Er wollte blonde Mutterzöpfe, keine berufstätigen Bubiköpfe. Damals, als Miss-Wahlen noch die Avantgarde aller Castingshows waren.
Aber das ist auch schon die markanteste Episode aller Missengeschichten. Und dass die Schweizerin Stefanie Job 1928 erste Miss Europe war. So wie auch die Schweizerin Lys Assia 1956 den ersten ESC gewann. Damals, als man die Schweiz noch ganz selbstverständlich zu Europa zählte. Und sonst so?
Das Problem von Miss-Wahlen ist, dass sie so problemlos sind. Und dadurch so hoffnungslos vorbei. So dermassen von den cheapen Reizen von eineinhalb Jahrzehnten voller Deppen, die um einen Deppentitel kämpfen, überholt. Ja, wir sind ein Volk von verdorbenen TV-Gemütern. Wir haben das Bohlen-Bombardement, den Klum-Krieg, die Dschungel-Seuche nicht unbeschadet überstanden. Wir wollen Peinlichkeiten, Dreck und fiese Menschen.
Aber Miss-Schweiz-Kandidatinnen, das zeigen die Pre-Shows im Schweiz-Fenster von Sat.1 gerade wieder sehr schön, müssen weder besonders leiden, noch besonders viel liefern. Sie müssen bloss «Beauty» und «Heart» mitbringen. Also ansehnlich sein und keine Bitch. Durch aparte Unauffälligkeit auffallen. «Beauty» und «Brain» wär ja auch mal eine Alternative, nicht?
Eine von ihnen, das war in der Nachrichtensendung eines regionalen Leitmediums zu sehen, ging in ihrem Dorf von Tür zu Tür und verteilte 300 selbstgebackene Muffins an alle 300 Einwohner, damit wenigstens die für sie stimmen. Schliesslich ist unsere Miss-Wahl jetzt erstmals eine Publikumswahl. Das war quasi «SRF bi de Lüt – Landfrauenküche light». Und herzig. Aber eben so very light, dass es nicht einmal mehr SRF interessiert.
Und selbst der schöne Fremdschäm- und Häme-Quotient, der Sendungen wie «The Bachelor», das «Dschungelcamp» oder «Schwiegertochter gesucht» so grossartig macht, ist hier nur in Spurenelementen vorhanden. In der ersten Pre-Show zur Miss-Schweiz-Wahl vom 7. November war er genau einmal da. Als eine Kandidatin, auf Bikini-Fotos angesprochen, sagte: «Ich finde zum Teil andere Kleider an einer Frau schöner als bloss ein Bikini. Ich finde manchmal einfach: Weniger ist mehr.» Und gar nichts wäre in dem Fall alles. It's so over.
Mir wird gerade bewusst, dass es langsam eng wird für mich. Da gibts nicht mehr viel im TV für mich!