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Weitere Fälle von B'n'B-Abzockern in Stadtwohnungen

Schöne Übernachtungsmöglichkeiten in preiswerten Stadtwohnungen. 
Schöne Übernachtungsmöglichkeiten in preiswerten Stadtwohnungen. Bild: watson
B'n'B in städtischen Wohnungen

Weitere Fälle von B'n'B-Abzockern in Stadtwohnungen

Franz Rueb vermietet die Zimmer seiner städtischen Wohnung zu touristischen Zwecken. «Rueb ist ein Einzelfall», beteuert die Liegenschaftenverwaltung Zürich. Ist er nicht.
16.07.2014, 19:3917.07.2014, 12:44
Rafaela Roth
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Konfrontiert mit dem Fall Rueb, der in seiner gemeinnützigen 5,5-Zimmer-Familienwohnung Geld mit Übernachtungsgästen machte, übte sich die Liegenschaftenverwaltung der Stadt Zürich im Beschwichtigen: So gravierend könne der Fall nicht sein, meinte Vizedirektor Jürg Keller: «Wir glauben nicht, dass dieses B'n'B sehr intensiv bewirtschaftet wurde.» Herbergsvater Rueb sei ein Einzelfall, der nun schnellstens erledigt werde. 

Allen voran widerspricht dem Franz Rueb selbst: Er sei «ständig ausgebucht». Mehr noch war der Rentner dermassen gut besucht, dass er seine Nachbarn für seine Geschäfte einspannte. watson hat Kenntnis von mindestens einem Mieter, dem Rueb Gäste übergab, wenn seine eigenen Zimmer ausgebucht waren. Vom selben Mieter findet sich im Internet ein B'n'B unter der gleichen Adresse. Die betroffene Person wusste nichts vom Inserat. Der Rentner sei gewieft, er wisse gut, den Hausabwart und seine umliegenden Nachbarn für sich zu gewinnen, sagt die Person. 

Stadtmieter erwirtschaften sich ihre preisgünstige Miete

Doch das ist noch nicht alles. In Stadtliegenschaften befinden sich mindestens zwei weitere findige Hoteliers. Möglich macht es die Online-Plattform Airbnb. Seit sechs Jahren führt sie Touristen auf Zimmersuche und Privatpersonen, die leerstehende Zimmer oder ihre ganze Wohnung als Unterkünfte anbieten, zusammen.

So bewirbt beispielsweise auch Michael* die leeren Zimmer seiner städtischen 3-Zimmerwohnung: Küche, Bad, Gartensitzplatz, Grill, Bettbezüge, Handtücher, Frühstück – alles da – für 79 Franken pro Nacht. Und zwar in einer Wohnung, für die Michael nach Schätzung eines Mieters, der in derselben Liegenschaft lebt, maximal 1000 Franken Miete monatlich bezahlt. Seit mindestens Juni 2012 ist Michael im Geschäft. Und schon 55 zufriedene Gäste geben ihm auf seinem Airbnb-Profil fünf Sterne in fast allen Kategorien: Sauberkeit, Lage, Preis. 

Ihren Angaben ist zu entnehmen, dass Michaels Gäste jeweils zwischen einer Nacht und bis zu drei Wochen blieben. Wenn alle nur schon eine Nacht gebucht hätten, hätte sich Michael schon locker vier Monatsmieten finanziert. Ob er seine Airbnb-Aktivitäten mit der Stadt abgesprochen hat, will er auf Anfrage nicht sagen. Bevor das Gespräch mit dem Stadtmieter richtig angefangen hat, ist es wieder beendet. 

Private drohen ihren Airbnb-Gastgebern mit Kündigung

Marina* ist auskunftsfreudiger: «Als ich drei Monate im Ausland verbringen wollte, stellte ich die Wohnung online und sie ging zu einem erhöhten Preis weg», sagt sie. Das erste Mal habe sie einen Untermietvertrag mit der Stadt erstellt. Seit dem hat sie ihr Angebot einfach auf der Seite gelassen und weiter vermietet. Sie verlangt 146 Franken pro Nacht, 900 pro Woche, dafür kann man ihre ganze 1,5-Zimmerwohnung haben, während sie woanders übernachtet.

Mehr zum Thema

Mit Airbnb hat sich die Liegenschaftenverwaltung aber noch gar nicht auseinandergesetzt. Auf Anfrage, wie sie mit den Airbnb-Gastgebern umgehen will, verweist sie auf eine Antwort vom Stadtrat, der sich im Februar dieses Jahres zum ersten Mal mit dem Thema beschäftigte: Die kurzzeitige Vermietung von Wohnraum für Touristinnen und Touristen über eine Internetplattform sei eine neuere Erscheinung, zu der die städtische Liegenschaftenverwaltung noch kaum Erfahrungen besitze, steht darin. Und auch: «Aus Sicht des Stadtrats ist jedoch klar, dass eine gewerbemässige Beherbergung dem vereinbarten Verwendungszweck für die städtische Wohnliegenschaften widerspricht und nicht zulässig ist.»

Wie die Airbnb-Gastgeber aber zu finden sind, scheint die Liegenschaftenverwaltung noch nicht herausgefunden zu haben. Im Gegensatz zur Privatwirtschaft: Wie der Tages-Anzeiger vergangenen September berichtete, überwacht beispielsweise die Kornhaus Verwaltungs AG die Einträge von Airbnb-Gastgebern im Internet und droht ihnen mit einer Kündigung, falls die Untervermietung nicht mit ihnen abgesprochen war. 

* Name geändert

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