Wie erreicht man in einem Wahljahr grosse mediale Beachtung? Man lanciert im tiefsten Sommerloch eine provokative Idee. Eine Gruppe von CVP-Parlamentariern hat via «NZZ am Sonntag» ein Positionspapier zur Asylpolitik veröffentlicht, das unter anderem ein «weitgehendes Bargeld-Verbot» und eine Arbeitspflicht für Asylsuchende postuliert. Einen Lohn sollen sie nicht erhalten, dieser soll vielmehr in einen diffusen «Fonds für das Flüchtlingswesen» fliessen.
Die Forderungen stossen in den eigenen Reihen auf Widerspruch. «Ich finde, man muss aufpassen, dass man im Hinblick auf die Wahlen nicht hyperventiliert und der SVP hinterherläuft», sagte der Obwaldner Nationalrat Karl Vogler der «Aargauer Zeitung». Der Freiburger Ständerat und frühere Fraktionschef Urs Schwaller wies diese Kritik zurück: «Wir versuchen einen Beitrag zu leisten, um die Attraktivität der Schweiz für Wirtschaftsflüchtlinge zu senken.»
Es ist das typische Mantra aus dem (rechts-)bürgerlichen Spektrum. Und ein Widerspruch in sich, denn die Schweiz kann tun, was sie will, sie ist und bleibt höchst attraktiv für Menschen aus armen Regionen. Für Deutschland gilt dies genau so, dort verläuft die Asyldebatte ähnlich hitzig wie in der Schweiz, im wahrsten Sinne des Wortes. Häuser, die als Asylunterkunft verwendet werden sollen, werden in Brand gesteckt. Viele Gemeinden fühlen sich vom «Flüchtlingsansturm» überfordert.
In einem Punkt aber scheint man in Deutschland weiter zu sein als in der Schweiz: Langsam macht sich die Erkenntnis breit, dass motivierte «Wirtschaftsflüchtlinge» ein ungenutztes Potenzial besitzen, das auf dem Arbeitsmarkt hoch willkommen ist. Letzte Woche wurde mit workeer.de die erste Online-Jobbörse lanciert, die Flüchtlinge mit potenziellen Arbeitgebern zusammenbringen soll. Entwickelt wurde sie von Philipp Kühn und David Jacob als Bachelor-Arbeit an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin, wo sie Kommunikationsdesign studierten.
«Die Idee ist simpel: Arbeitgeber laden ihre Jobangebote hoch und die Flüchtlinge erstellen ein Profil mit ihren Gesuchen. Dann finden sich beide, und im Idealfall entsteht ein Arbeitsverhältnis», sagte David Jacob im Interview mit jetzt.de. Die Resonanz sowohl in den sozialen Netzwerken wie den «konventionellen» Medien ist gross und wohlwollend. Das Angebot an sich ist noch überschaubar: 121 Bewerber stehen 161 Jobangeboten gegenüber (Stand Montagmittag).
Der Überhang an Angeboten lässt darauf schliessen, dass viele Arbeitgeber offen sind für die Anstellung von Asylsuchenden. Das erstaunt nicht, denn die boomende deutsche Wirtschaft klagt über einen Mangel an Fachkräften. Besonders gesucht würden Ingenieure, Pflegekräfte, Elektriker, Bus- und Lastwagenfahrer, aber auch Bauarbeiter, schreibt die «Frankfurter Allgemeine Zeitung». Deutsche Regionen haben begonnen, Flüchtlingen von sich aus Arbeitsplätze zu vermitteln.
Allerdings gilt in Deutschland wie in der Schweiz grundsätzlich ein Arbeitsverbot für Asylbewerber. Unter bestimmten Umständen erhalten sie eine Ausnahmebewilligung, etwa wenn keine gleich qualifizierten Bewerber aus dem EU-Raum vorhanden sind. Dies bedeutet in der Praxis einen bürokratischen Aufwand, der vielfach die Beschäftigung von Asylsuchenden verhindert. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) plant deshalb einen revolutionären Schritt: Hoch qualifizierte Flüchtlinge sollen eine Blue Card erhalten, eine Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung für die EU.
Anträge für die Blue Card müssen eigentlich aus dem Heimatland der Bewerber erfolgen – im Fall von Flüchtlingen eine absurde Idee. In der Schweiz wirkt die Vorstellung absurd, Flüchtlingen ohne Umweg eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen. Lieber holt man die fehlenden Fachkräfte via Personenfreizügigkeit aus der EU.
Das brach liegende Potenzial von Asylbewerbern auf dem Arbeitsmarkt wird erst ansatzweise erkannt. «Unter den Asyleinwanderern gibt es Ingenieure oder Wissenschaftler, die auf ihrem Gebiet tätig sein könnten», sagte Peter Arbenz, in den 1980er Jahren erster Flüchtlingsdelegierter des Bundes, letztes Jahr im Interview mit dem «Blick».
«Geflüchteten wird es durch einen Arbeitsplatz ermöglicht, ein eigenständiges Leben zu führen ohne von Sozialleistungen abhängig zu sein. Das hat für sie positive psychische Effekte und entlastet ausserdem das deutsche Sozialsystem», heisst es auf der Website workeer.de. Der Satz liesse sich problemlos auf die Schweiz übertragen. Zur Frage, ob Flüchtlinge den Deutschen nicht die Arbeit wegnehmen, lautet die Antwort von workeer.de kurz und simpel: «Nein.»
Und Grossbritannien handelt genauso : http://wat.is/qxcvIBAA6E2QkzCB
Im Hinblick auf die erwähnten Jobbörsen nur soviel : Sicher nicht uninteressant für Jene, die sie betreiben, im Gesamten betrachtet aber ganz sicher wenig Abhilfe versprechend, zumal wir lesen:
"Das Angebot an sich ist noch überschaubar: 121 Bewerber stehen 161 Jobangeboten gegenüber (Stand Montagmittag)." Soll man jetzt lachen oder weinen 😊?! Bei Hunderttausenden von Flüchtlingen nicht mal ein Tropfen auf den berühmten heissen Stein....
Und last, but not least : der hilflos-gewagte Spruch von Peter Arbenz im Hinblick auf die ""Heerscharen von Ingenieuren und Wissenschaftler" ist einfach zu dämlich! Will er den Urteilsfähigen unter uns, denen ein kurzer und einfacher Blick auf die Bilder der afrikanischen Wirtschaftsflüchtlinge in Asylheimen genügt, tatsächlich weismachen, dass es unter Leuten aus afrikanischen Krals ungemein viele gebildete Arbeitskräfte zu rekrutieren gibt 😉? Dies mag im Hinblick auf Syrer teilweise zutreffen, niemals aber auf die zahlreichen Analphabeten und Ungelernten aus Afrika.