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Hallo Deutschland! Hallo BER, hallo Elbphilharmonie: Die Schweizer bauen den längsten Tunnel der Welt ein Jahr schneller als geplant

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Wie der Teufel dank der NEAT aus dem Gotthard verscheucht wurde: Die Geschichte des längsten Tunnels der Welt
So hat alles angefangen: Der Ingenieur Eduard Gruner beschreibt 1947 in der Zeitschrift «Prisma» die Idee eines Gotthard-Basistunnels als Teil eines Schnellbahnsystems. Die Strecke sollte Teil eines Europa-Afrika-Expresses sein. Die Visionäre im «Prisma» hatten auch noch ganz andere Ideen: So sollte eine Hängeschnellbahn dereinst die Strecke Zürich – Winterthur auf sieben Minuten verkürzen.
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Hallo Deutschland! Hallo BER, hallo Elbphilharmonie: Die Schweizer bauen den längsten Tunnel der Welt ein Jahr schneller als geplant

Am 1. Juni 2016 wird der Gotthard-Tunnel eröffnet – ein Jahr früher als geplant. Im Vergleich zu Flughafen Berlin, Bahnhof Stuttgart 21 oder Hamburger Elbphilharmonie ist das fast eine Sensation. Eine Liste der Bauverzögerungen.
01.06.2015, 14:3702.06.2015, 10:09
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In einem Jahr ist es soweit: Am 1. Juni wird der längste Eisenbahntunnel der Welt eröffnet – und das ein Jahr früher als ursprünglich geplant! Der 57 Kilometer lange Gotthard-Basistunnel hätte im Jahr 2017 eröffnet werden sollen. 

Früher fertig als geplant: Der Gotthard-Basistunnel

«Heidi» bricht durch: Die Mineure feiern nach dem zweiten Hauptdurchschlag im Gotthard-Basistunnel in Sedrun GR am 23. März 2011.
«Heidi» bricht durch: Die Mineure feiern nach dem zweiten Hauptdurchschlag im Gotthard-Basistunnel in Sedrun GR am 23. März 2011.Bild: KEYSTONE
  • Das Bauwerk: Mit 57 Kilometern ist der Neat-Tunnel der längste Bahntunnel der Welt.
  • Die Kosten: Dank des guten Baufortschritts kostet die Neat 300 Mio. Franken weniger als geplant. Das Bundesamt für Verkehr senkte deshalb die Endkostenprognose von insgesamt 18,5 auf 18,2 Milliarden Franken.
  • Die Bauzeit: Vor 22 Jahren, am 22. September 1993 beginnen in Polmergo TI die Bauarbeiten für den Gotthard-Basistunnel. Am 31. Oktober 2014 wird in den Tunnelröhren die letzte Bahnschwelle gegossen. Ab Herbst 2015 wird das neue Bauwerk mit Testfahrten auf Herz und Nieren geprüft werden.
  • Die Probleme: Das besondere Gestein macht den Arbeitern zu schaffen. Einmal wird der fünf Kilometer lange Erkundungsstollen geflutet. Ausserdem sind die Arbeiten gefährlich. Bei Unfällen kommen insgesamt acht Arbeiter ums Leben.
  • Die Einweihung: Am offiziellen Staatsakt können die Gäste an den beiden Tunnelportalen bei Erstfeld UR und Bodio TI miterleben, wie zwei Züge für die Jungfernfahrt durch den Tunnel starten. Das breite Publikum wird dann ein paar Tage später die Möglichkeit haben, erstmals durch den neuen Basistunnel zu fahren. Fahrplanmässig in Betrieb genommen wird der Tunnel am 11. Dezember 2016. Bis dahin läuft noch ein Test- und Probebetrieb.

Und hier: 5 Paradebeispiele von verzögerten Grossbauwerken

1. Flughafen Berlin

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Bild: DPA

Der Flughafen Berlin BER gilt als Paradebeispiel für aus dem Ruder gelaufene Kosten.

  • Die Kosten: Überschreitung von 125 Prozent. Die Kosten für den Bau von derzeit 5,4 Milliarden Euro liegen um 125 Prozent über der ursprünglichen Planung. 
  • Die Verzögerung: BER hätte 2011 eröffnen sollen. Derzeit peilt man das zweite Halbjahr 2017 an. Die Zeit für die Fertigstellung (7,5 Jahre) übersteigt die Vorhersage um 200 Prozent. 
  • Die Probleme: Ein überfordertes Management, ein von Politikern dominierter Aufsichtsrat ohne hinreichendes Fachwissen, kein unabhängiges Controlling, Wildwuchs, Planungsänderungen, Koordinierungsprobleme, Terminverschiebungen. So hätte die ursprünglich eingebaute Brandschutzanlage im neuen Hauptstadtflughafen nie funktioniert. Siemens musste nachbessern.
  • Die Eröffnung: Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke rechnet damit, dass BER wie geplant im zweiten Halbjahr 2017 in Betrieb gehen kann.

2. Elbphilharmonie in Hamburg

Die Elbphilharmonie beim Hamburger Hafen.
Die Elbphilharmonie beim Hamburger Hafen.Bild: DPA

Die Elbphilharmonie ist seit April 2007 im Bau. Der Entwurf des 110 Meter hohen Gebäudes stammt vom Basler Architekturbüro Herzog & de Meuron.

  • Die Kosten: Für die Konzerthalle waren einst 352 Millionen Euro veranschlagt, am Ende werden es wohl mehr als 865 Millionen Euro sein – ein Plus von 146 Prozent.
  • Die Probleme: An den Wänden der weltweit einzigartigen, geschwungene Doppel-Rolltreppe bildeten sich Risse. Auch die Verglasung der oberen Stockwerke machte Probleme, denn die Scheiben werden zuerst mit einer Folie beschichtet und danach erst im Ofen in die charakteristische Form gebracht, die die Architekten Jacques Herzog und Pierre de Meuron für die Fassade erdacht hatten.
  • Die Bauzeit: Seit April 2007 befindet sich die Konzerthalle im Bau. Das sind sieben Jahre mehr als ursprünglich angekündigt.
  • Die Eröffnung: Eigentlich sollte die Elbphilharmonie Ende November 2011 fertiggestellt werden. Nun ist ein Ende in Sicht. Die Endabnahme des Gebäudes ist für den 31. Oktober 2016 zugesagt. Am 11. Januar 2017 ist nach zehnjähriger Bauzeit das Eröffnungskonzert geplant.

So äussert sich der Chefingenieur zur Elbphilharmonie

3. Berliner Staatsoper

Seit dem Spatenstich vor sieben Jahren eine Baustelle: Die Berliner Staatsoper Unter den Linden.
Seit dem Spatenstich vor sieben Jahren eine Baustelle: Die Berliner Staatsoper Unter den Linden.Bild: AP dapd

Die Staatsoper Berlin ist seit 2010 eine Baustelle. Die Sanierung hat sich um Jahre verzögert und ist massiv teurer geworden als geplant.

  • Die Kosten: Ursprünglich waren 240 Millionen Euro angesetzt, aktuell wird mit 400 Millionen Euro gerechnet. Und es könnten noch einmal 10,5 Millionen dazukommen, wie es in einem Bericht der Bauverwaltung heisst.
  • Die Probleme: Planungspannen sowie Schwierigkeiten mit dem morastigen Grund und der maroden Bausubstanz des Gebäudes lassen die Kosten und die Bauzeit steigen.
  • Die Bauzeit: Ursprünglich sollte die Oper im Herbst 2013 fertig saniert sein. Im Moment ist die Wiedereröffnung für Herbst 2017 geplant – vier Jahre zu spät.

4. Bahnhof Stuttgart 21

Zuerst die Proteste, jetzt die Kostenüberschreitungen: Stuttgart 21 steht unter einem schlechten Stern.
Zuerst die Proteste, jetzt die Kostenüberschreitungen: Stuttgart 21 steht unter einem schlechten Stern.Bild: Getty Images Europe

Mit Stuttgart 21 wird der Eisenbahnknoten Stuttgart neu geordnet. Der Kopfbahnhof wird in einen unterirdischen und um rund 90 Grad gedrehten Durchgangsbahnhof umgebaut.

  • Die Kosten: Die geschätzten Kosten lagen 1995 bei umgerechnet 2,46 Milliarden Euro, bei Baubeginn (2010) bei 4,088 Milliarden Euro und werden heute mit 5,987 Milliarden Euro angegeben. Spiegel Online geht von bis zu 6,8 Milliarden Euro aus.
  • Die Bauzeit: Die Bauarbeiten begannen am 2. Februar 2010. Die Inbetriebnahme wurde seither von Dezember 2019 auf Dezember 2021 verschoben. Eine Eröffnung für Ende 2022 gilt inzwischen als wahrscheinlich.
  • Die Probleme: Zuerst protestierten die Bürger gegen den Eingriff in den benachbarten Stuttgarter Schlossgarten mit seinem alten Baumbestand, dann begannen die Kosten zu steigen, und die angesetzten Zahlen erwiesen sich als unrealistisch. Ein Grund für die Verschleppung des Projektes ist zudem das Genehmigungsverfahren für die Anbindung des Stuttgarter Flughafens und die geplante Schnellbahnstrecke nach Ulm.

5. Neat-Anschlüsse

Eine Brücke bei Bellinzona am Neat-Basistunnel Monte Ceneri. Die Bauarbeiten sollten 2019 fertig werden.
Eine Brücke bei Bellinzona am Neat-Basistunnel Monte Ceneri. Die Bauarbeiten sollten 2019 fertig werden.Bild: KEYSTONE

Dass es am Gotthard mit dem Bahntunnel so schön vorwärts geht, ist zwar vorbildlich. Allerdings harzt es bei den Zufahrtsstrecken zur Neat – unter anderem in Deutschland.

  • Der 182 Kilometer lange Ausbau und die Neubaustrecke Karlsruhe–Basel gilt als zentrales Element des wichtigsten europäischen Güterkorridors zwischen Rotterdam und Genua, der durch die Schweiz führt. Doch die beschlossene Verdoppelung der Rheintalbahn von zwei auf vier Gleise kommt nicht so schnell voran wie ursprünglich geplant. Eigentlich hätte der Ausbau 2020 zeitgleich mit der Neat abgeschlossen sein sollen – inzwischen geht man von 2029 aus. Grund für die Verzögerung um ein Jahrzehnt sind Probleme bei der Streckenführung und eine Vielzahl von Einsprachen.
  • In Italien: Damit die nötigen Anpassungen für den 4-Meter-Korridor und andere Ausbauten überhaupt angepackt werden, hat das Schweizer Parlament 280 Millionen Franken für Arbeiten in Italien gutgeheissen. Der Gotthard-Korridor sollte im Jahr 2020 mit Sattel-Aufliegern befahrbar sein.

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40 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Donalf
03.06.2015 00:54registriert Januar 2015
Der Unterschied ist einfach zu erklären:
In Deutschland entscheiden die Politiker über die Ausführung und mischen sich in technische Dinge ein, ohne entsprechenden Sachverstand. (Mehdorn etc)
In der Schweiz entscheiden Volk und Regierung über die Ausführung und Kredite, die Ausführung liegt in den Händen von Fachleuten mit strikter Budgetkontrolle durch den Staat. Wenn auswärtige Mineure und Fachleute erforderlich sind, geht uns kein Stein in der Krone verloren, wenn wir diese zur Mithilfe anstellen.
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MM
01.06.2015 17:49registriert Februar 2014
Wunderbare Webseite zum Flughafen Berlin:

http://istderberschonfertig.de
220
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Monti_Gh
01.06.2015 17:49registriert Dezember 2014
vergesst die Mineure nicht!
Ein grosser Teil kommt aus dem Ausland.
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