Die Rentenreform ist Alain Bersets Baby. Im Hut-Interview mit watson stellt sich der Sozialminister den Fragen unserer Leser: Sandra aus Zürich etwa will wissen: «Ist Ihre Frau einverstanden, dass sie länger arbeiten muss, der Bundesrat aber gleichzeitig nicht vorwärts macht mit der Lohnungleichheit?» Wie die Bersets am Familientisch darüber diskutiert haben, verrät der SP-Bundesrat im Video.
Bedenken bringen neben Frauen auch Vertreter der jungen Generation und heutige Rentner vor. Im Gespräch mit watson zeigt sich Bundesrat Berset dennoch überzeugt, dass die Stimmbürger der Reform zum Durchbruch verhelfen werden. «Die Leute spüren: 20 Jahre ohne Reform, das geht einfach nicht. Das ist ein absoluter Ausnahmezustand! Es braucht endlich Anpassungen an die heutige Lebensrealität der Leute.»
Die Altersvorsorge müsse finanziell stabilisiert und gesichert werden. Der AHV-Fonds, der heute noch voll sei, sei ohne Reform etwa 2030 leer, sagt Berset. Milliardendefizite drohten. «Der Status quo, nichts zu tun, das wäre wirklich das Schlimmste für die junge Generation.» Bei einem Nein könnten die Renten ohne Reform dereinst nicht mehr bezahlt werden.
Mit diesem Argument hatte sich Berset bereits einmal den Vorwurf eingehandelt, die junge Generation erpressen zu wollen. Dies weist er im Gespräch mit watson jedoch entschieden zurück: «Ich lege einfach die Fakten auf den Tisch. Wenn nichts passiert, vergrössern sich die jährlichen Defizite und wir knacken bald die Milliardengrenze. Dann hat die Schweiz ein ernsthaftes Problem, das wir jetzt lösen wollen. Je länger wir warten, umso teurer wird es.» Es sei unbestritten, dass eine Reform nötig sei.
Für Berset ist es illusorisch zu glauben, dass das Parlament innert kurzer Zeit eine bessere Reform zustande brächte. Alle, die die heutige Reform ablehnen, seien bei deren Erarbeitung in den letzten sechs Jahren eingebunden gewesen. «Und es ist einfach keine bessere Reform auf den Tisch gekommen! Einfach keine andere.»
Dass das nun plötzlich problemlos möglich sein soll, sei für ihn «schwer zu glauben». «Diese Vorlage ist bereits der Plan B», sagt er mit Blick auf die gescheiterten Reformen der letzten Jahre.
Widerstand gegen die Reform kommt einerseits von links: Westschweizer Gewerkschaften und die JUSO wollen die geplante Erhöhung des Frauenrentenalters und die Senkung des Umwandlungssatzes nicht hinnehmen. Andererseits machen FDP und SVP gegen die Reform mobil. Sie sprechen von einer «Ausbauvorlage» und stören sich insbesondere am 70-Franken-Zustupf für Neurentner. Auch User Daniel aus Zürich lässt Bundesrat Berset wissen, dass er von diesem «Giesskannen-Prinzip» wenig hält:
Bei einem Nein am 24. September stünde Berset vor einem Scherbenhaufen. Überliesse er die undankbare Aufgabe, eine neue Reform zu zimmern, in dem Fall jemand anderem, indem er das Departement wechselt? Etwa dem neuen FDP-Bundesrat, der Ignazio Cassis heissen könnte und im Parlament zu den erbittertsten Gegnern der Reform zählte? «Bon, diese Frage stellt sich jetzt nicht.» Er führe sein Amt mit viel Herzblut, versichert Berset.
Weitere Antworten von Bundesrat Alain Berset auf die Fragen der User im Video: