Sag das doch deinen Freunden!
Herr Salvisberg, es hat anfänglich sehr gut ausgesehen
für Ihre Initiative, obwohl Sie ganz alleine gegen alle antraten.
Mitte Mai kippte es. Was haben Sie falsch gemacht?
Peter Salvisberg: Wir konnten
nichts anderes machen als das, was wir getan haben, nämlich mit
unseren Zeitschriften kämpfen. Die Gegner haben jedoch ungleich
stark aufgerüstet. Die Bundesbetriebe haben sich geäussert, die Parteipräsidenten haben sich ausserordentlich versammelt, die Post hat an zwei Millionen
Haushalte eine Zeitschrift verschickt, die auf fünf Seiten gegen die
Initiative weibelt – da kann man sich schon fragen, wie demokratisch
das noch ist.
Am Inhalt Ihrer Initiative kann das aber nicht gelegen haben?
Unser Text wird von Staatsrechtlern als
mustergültig bezeichnet. Typischerweise redet man immer über den
Initiativtext, wenn einem die Inhalte nicht passen. Es ist uns nicht
gelungen, das argumentativ zu übertönen und klarzumachen,
dass es uns um einen starken Service public geht. Wir wollten bloss, dass der nicht gewinnmaximiert, sondern serviceorientiert ist. Das
ist uns in der letzten Phase dieses Abstimmungskampfes nicht mehr
gelungen.
Sie sind für die Anliegen Ihrer Leser in den Ring
gestiegen und haben verloren. Befürchten Sie Abo-Kündigungen?
Nein, sicher nicht. Wir haben volles
Engagement gezeigt und waren mit Herzblut dabei. Ich glaube nicht,
dass uns unsere Abonnenten da einen Vorwurf machen werden. Wir haben alles
gegeben und uns für die Anliegen der Bevölkerung eingesetzt. Wir haben an der Urne nicht reüssiert, aber es ist uns gelungen, das Thema auf die politische Agenda zu hieven.
Sie glauben, von Ihrer Initiative bleibt doch etwas übrig?
Mit Sicherheit. Verschiedene
Politiker haben einzelne Aspekte der Initiative bereits aufgenommen und
wollen diese umsetzen. Wir werden denen auf die Finger schauen und weiterhin unseren Leserinnen und Lesern und den Konsumenten
eine Stimme geben.
Welche Aspekte wurden aufgenommen?
SP-Nationalrat Corrado Pardini will schon morgen einen Vorstoss einreichen, der eine Lohnobergrenze von 500'000 Franken jährlich bei Betrieben verlangt, die mehr als zur Hälfte im Besitz der Eidgenossenschaft sind. Das können wir als Etappensieg verbuchen. Und das ist nur ein Einzelbeispiel.
Sie haben immer wieder betont, dass ein Sieg über die Classe politique eine Sensation wäre. Jetzt hat sie doch gewonnen.
Ja, die Parteien haben gewonnen. Ich hoffe
aber auch, dass die Nation gewonnen hat, dass bewusster mit dem
Service public umgegangen wird. Dass Schluss ist mit den
Poststellen-Schliessungen, dass das Volk mehr berücksichtigt wird,
dass man kundenorientierter ist und den Bedürfnissen der Bevölkerung
nachgeht und nicht mehr einfach nur Gewinn maximiert.
Womit wir bei Ihrer Mutter wären. Ihr Beispiel haben Sie immer wieder betont. Sie muss offenbar kilometerweise laufen, um ihre Briefe aufzugeben. Was ist jetzt mit ihr und dem Manager,
der im Chäslädeli auf seine Scheidung angesprochen wird?
Wir werden im Bereich der
Poststellen allen Gemeinden gratis Rechtsberatung anbieten. Wir haben
unzählige Gemeinden, die sich bei uns wegen ähnlicher Probleme gemeldet haben. Und ich glaube, die Post hat verstanden, dass es da ein Problem gibt. Aber auch wir müssen unsere Kräfte bündeln.
Sie sind müde?
Nein, wir sind bloss nicht so dick aufgestellt wie eine Economiesuisse.
Sie haben also Nachfolgeprojekte?
Wir werden weiter unseren Finger da drauf legen, wo das System versagt. Was die
Konsumenten beispielsweise momentan umtreibt, sind die ständig steigenden
Krankenkassenprämien. Das werden wir mit Sicherheit im Auge
behalten. Oder auch die unsägliche Thematik der
Freizügigkeitskonten, die ungleich schlechtere Zinsen haben als
normale Konti der zweiten Säule. Das trifft ausgerechnet Menschen, die
sowieso in schwierigen Situationen sind, wie Arbeitslose oder Alleinerziehende, frisch geschiedene Mütter. Da haben wir bereits
einmal eine Petition lanciert.
Wir werden Sie also wieder auf der politischen Bühne sehen?
Vielleicht, Initiativen und Referenden sind ja nicht
unser Kerngeschäft. Ich bin Journalist und als solcher kämpfe ich
für die Konsumenten. Und als solcher bin ich der Wahrheit
verpflichtet, im Gegensatz zu den Politikern.
Wer hat gelogen?
Die Gegner haben ständig wiederholt, dass wir die Quersubventionierung abschaffen und damit den Randregionen bewusst schaden wollen. Das war eine Lüge. Wir hätten nur ein anderes Modell von Quersubventionierung gewollt.