Das Urteil im Fall der ehemaligen Gefängniswärterin Angela Magdici ist gefällt: Sie wird zu einer bedingten Gefängnisstrafe von 15 Monaten verurteilt, bei 2 Jahren Probezeit. Auch die Gerichtskosten von 4500 Franken muss Magdici bezahlen.
Der Richter kommentiert die Tat Magdicis mit den Worten:
Er sehe wenig Reue bei der Angeklagten. Denn sie bereue weniger die Tat an sich, als deren Scheitern. Dennoch könne man davon ausgehen, dass die Flucht nicht von langer Hand geplant gewesen, sondern aus Liebe begangen worden sei.
Nicht glücklich mit dem Urteil ist Claudia Wiederkehr, die leitende Staatsanwältin. «Das heute gesprochene Urteil ist aus Sicht der Staatsanwaltschaft sehr mild», sagt sie. Man sei nicht enttäuscht über das Urteil, aber man hätte den Umstand mehr gewichten sollen, dass Angela Magdici einen schweren Sexualstraftäter frei gelassen habe und somit auch die Bevölkerung in Gefahr gebracht habe.
Mit ihrer Tat habe sie sich als Richterin aufgeführt und den Rechtsstaat ins Lächerliche gezogen. Wiederkehr behält sich einen Weiterzug ans Obergericht vor.
Glücklicher zeigte sich Magdicis Verteidiger, Urs Huber: «Ich bin zufrieden. Das Gericht ist in einigen Punkten meiner Argumentation gefolgt», sagt er. In nicht ungeringem Masse hat die Tatsache zur Strafmilderung beigetragen, dass das Gericht der Anklagepunkt der Begünstigung fallen liess.
Dass Magdici Kiko das Handy zum Telefonieren mit den Fluchthelfern gegeben habe, sei nicht als Begünstigung zu werten, sondern sei Teil der Straftat des Entweichenlassens von Gefangenen, urteilte das Gericht
Auf die fehlende Reue seiner Mandantin angesprochen sagt Huber: «Sie liebt ihn und will auf ihn warten.»
Angela Magdici verweigert am Dienstagmorgen vor Gericht weitgehend die Aussage. Sie kam alleine, ausser ihrem Anwalt begleiteten die 33-Jährige keine Angehörigen zu ihrem Prozess. Dafür sind dutzende Medienvertreter erschienen.
Beim Schlusswort kämpft die ehemalige Gefängniswärterin mit den Tränen: «Meine Familie ist heute nicht da, bei ihr möchte ich mich entschuldigen», sagt sie mit zittriger Stimme. «Ich wollte nie die Berufsehre der Gefängniswärter in den Dreck ziehen. Ich habe den Job immer gerne gemacht und es ist ein guter Job.»
Gegenüber den Medien will Angela Magdici nach der Verhandlung keine Aussagen machen. Als sich das Gericht zur Beratung zurück gezogen hat, erklärt ihr Verteidiger Urs Huber, warum er das von der Staatsanwaltschaft geforderte, hohe Strafmass von 27 Monaten rechtlich nicht haltbar findet. Bei den weiteren Fragen läuft Magdici aus dem Bild.
Zur Flucht will die ehemalige Gefängniswärterin am Dienstag keine Fragen mehr beantworten. «Ich mache von meinem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch», wiederholt Magdici mehrmals. Zu ihrer Persönlichen Situation und zur Beziehung mit Kiko gibt sie später doch Auskunft. Sie gibt sich reuig «Ich würde es nicht wieder tun, ich habe einen Fehler gemacht», sagt Magdici. Sie wolle nie wieder auf der Anklagebank sitzen.
Doch sie hat es aus Liebe getan. Magdici habe Hassan Kiko zunächst als Menschen wahrgenommen und dann Gefühle entwickelt: «Dann wurde es Liebe», sagt sie. Eine körperliche Beziehung zwischen den beiden ist aber wohl erst auf der Flucht entstanden. Auf die Frage des Gerichtspräsidenten, ob die beiden intimen Kontakt im Gefängnis gehabt hätten, sagt Magdici: «Nein». Auch, dass sie intimen Kontakt mit anderen Häftlingen gehabt habe, verneint sie.
Die Staatsanwältin wollte von mildernden Umständen dank der Reue der Angeklagten und dem Schuldeingeständnis nichts wissen. Die Angeklagte sei erst nach ihrer Verhaftung, nach dem Ende der Flucht, reuig gewesen, nicht davor. Sie habe die Flucht von langer Hand geplant und entschlossen durchgeführt.
Die Staatsanwältin wollte Magidici neben sieben Monaten Gefängnis mit 20 Monaten bedingt sowie zwei Jahren Probezeit noch eine Menge Schulden aufbrummen: Da die Angeklagte den Generalschlüssel des Gefängnisses Limmattal auf die Flucht mitgenommen hatte, musste die Schliessanlage des ganzen Gefängnisses ausgewechselt werden. Die Kosten dafür – 117'450 Franken – soll Magdici dem Gefängnis als Schadenersatz zurück zahlen. Genauso wie die Kosten für die kostspielige Fahndung der beiden Geflüchteten.
Die Staatsanwältin argumentierte, Magdici habe eine Gefährdung der Öffentlichkeit in Kauf genommen, in dem sie einen verurteilten Sexualstraftäter befreit habe und damit nicht nur das Vertrauen des Staates, ihres Arbeitgebers und der gesamten Gesellschaft missbraucht.
Davon wollte Magidis Verteidiger Urs Huber nichts wissen, vielmehr sei die Tat seiner Mandantin spontan passiert und in einer derart einzigartigen Konstellation erfolgt, dass sie sich wohl nie wieder wiederholen würde. Die Prognosen für seine Mandantin von nun an wie zuvor eine gute Brügerin zu sein, sähen sehr gut aus. Er forderte nur eine bedingte Freiheitsstrafe von 6 Monaten und eine Busse von 150 Franken.
«Meine Mandantin ist genug bestraft», sagt Huber. Magdicis Schulden würden sich jetzt schon über zehntausende von Franken belaufen, sie habe ihr komplettes Leben verloren und müsse auch noch mit einem Führerausweisentzug rechnen.
Zudem müsse seine Mandantin damit Leben auf der Strasse erkannt, gefilmt und beschimpft zu werden. Sie erhielte Morddrohungen und Beschimpfungen «der übleren Sorte» via Social Media und auch per Post. Seine Mandantin sei Opfer einer Medienhetzkampagne sondergleichen geworden, in der ihr Gesicht immer und immer wieder gezeigt wurde. (raf)