Vor einer Woche wählte die Bundesversammlung Michael Lauber für vier weitere Jahre als Bundesanwalt. Mager zwar, mit 129 von 243 gültigen Stimmen, nur 7 Stimmen über dem absoluten Mehr.
Einige Parlamentsmitglieder hatte Lauber erst im letzten Moment überzeugt, ihm die Stimme zu geben. Unter anderem mit einem Versprechen, das er am Tag vor der Wahl im Hearing bei den Sozialdemokraten abgab: Er werde zurücktreten, sofern beim derzeit laufenden Disziplinarverfahren etwas an ihm hängen bleibe.
Das könnte sich allerdings als leeres Versprechen entpuppen. Denn Lauber hat intakte Chancen, sich im Disziplinarverfahren in die Verjährung zu retten.
Es ist die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA), die das Disziplinarverfahren gegen Lauber führt. Dabei geht es im Wesentlichen um die nichtprotokollierten Treffen Laubers mit Fifa-Boss Gianni Infantino. Im Fokus steht das dritte und angeblich letzte Treffen vom 17. Juni 2017, an das sich keiner mehr erinnern will.
Vor drohender Verjährung warnt etwa Markus Mohler, ehemaliger Staatsanwalt und Polizeikommandant des Kantons Basel-Stadt. Er stützt seine Einschätzung auf die einschlägigen Bestimmungen in der Verordnung über die Organisation der Aufsichtsbehörde der Bundesanwaltschaft.
In dieser Verordnung steht: «Die disziplinarische Verantwortlichkeit verjährt ein Jahr nach Entdeckung der Amtspflichtverletzung, spätestens aber drei Jahre nach der letzten Verletzung dieser Pflichten.» Mohler sagt: «In Bezug auf die nichtprotokollierten Treffen nehme ich an, dass der Verjährungszeitpunkt im Juni 2020 liegt.» Also drei Jahre nach dem «vergessenen» dritten Treffen.
Laut der Verordnung verjährt eine Amtspflichtverletzung disziplinarisch schon ein Jahr «nach Entdeckung». Unklar ist, welchen Verjährungszeitpunkt diese Bestimmung begründet. Ein Anhaltspunkt mag sein, dass die Aufsichtsbehörde die Disziplinaruntersuchung im Mai 2019 eröffnete.
Zuvor war durch eine Untersuchung des ausserordentlichen Walliser Staatsanwalts Damian Graf bekannt geworden, dass es ein drittes Treffen von Lauber mit Fifa-Boss Gianni Infantino gab. Lauber hatte das Treffen angeblich «vergessen». Mit dabei war als «Privatmann» auch der Walliser Oberstaatsanwalt Rinaldo Arnold. Graf hatte wegen Verdacht auf Vorteilsannahme gegen Infantino-Freund Arnold ermittelt, der Fifa-Geschenke erhalten hatte. Graf schloss seine Untersuchung am 10. April 2019 durch Einstellung des Verfahrens ab.
Auf Anfrage hält Patrick Gättelin, Sekretär der Aufsichtsbehörde, fest: «Die AB-BA ist sich des Problems der Verjährung bewusst. Derzeit ist sie daran, die rechtlichen Besonderheiten abzuklären.»
Lauber und sein Anwalt Lorenz Erni, der auch Ex-Fifa-Boss Sepp Blatter verteidigt, unternehmen alles, um das Disziplinarverfahren hinauszuzögern. Erni gilt als Meister im Herumreiten auf Formalitäten. Das Duo legt Rechtsmittel ein, erreichte schon, dass die AB-BA keinen externen Untersuchungsleiter einsetzen darf. Lauber hält laut Angaben der AB-BA auch Dokumente zurück, die für die Untersuchung nötig sind. Und hinderte Mitarbeiter am Aussagen. Die Untersuchung steht daher praktisch still.
Die Uhr tickt. Aber die Hoffnung bleibt, dass die Verjährung doch erst später eintritt. Experte Mohler weist etwa darauf hin, dass auch andere publik gewordene Verhaltensweisen des Bundesanwalts innerhalb der letzten zwölf Monate Gegenstand für den Einbezug in eine Disziplinaruntersuchung sein könnten. Diese verjährten gegebenenfalls dann erst 2021 oder 2022. (aargauerzeitung.ch)
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