Schweiz
Justiz

Vater erhält Freispruch nach Ohrfeige an Tochter

Von der Tochter beschimpft und bespuckt: Vater erhält Freispruch nach Ohrfeige

Ein 50-jähriger Vater stand wegen Tätlichkeiten gegenüber seinem Kind vor dem Bezirksgericht Brugg. Auslöser für sein Verhalten war ein heftiger Streit in der Familie.
20.06.2018, 15:48
Michael Hunziker / az Aargauer Zeitung
Mehr «Schweiz»
[Gestellte Aufnahme] - Ein Kind wird zu Hause vom seinem Vater geohrfeigt, aufgenommen am 12. Juli 2003 in Zuerich. (KEYSTONE/Steffen Schmidt)
Die Situation ist eskaliert: Der Vater gab zu, seine Tochter in einem Fall geohrfeigt zu habenBild: KEYSTONE

Zwei Ohrfeigen soll Franz (Name geändert) seiner Tochter verpasst haben. Gegen die Busse von 500 Franken, die er aufgebrummt bekam, erhob er Einsprache. Deshalb musste er vor Bezirksgericht Brugg erscheinen. Tätlichkeiten gegenüber einem Kind, lautete der Sachverhalt.

Den Eindruck eines skrupellosen, brutalen Schlägers machte der über 50-Jährige in schneeweissem Hemd, dunklen Hosen und schwarzen Halbschuhen nicht. Ruhig und überlegt beschrieb er Einzelrichterin Gabriele Kerkhoven, was sich zugetragen hat.

Franz hat eine gute Arbeitsstelle mit einem anständigen Lohn. Er lebt in Trennung, ist aber noch nicht geschieden. Und er hat eine neue Freundin. Als seine «Ex», wie der Beschuldigte vor Gericht ausführte, von dieser Beziehung und seiner damals schwangeren Freundin erfuhr, sei es emotional geworden, sei die Situation eskaliert im Einfamilienhaus im Bezirk Brugg. «Sehr harte Worte sind gefallen.»

Sie liess sich nicht bremsen

An jenem Abend im Februar des letzten Jahres sass Franz auf dem Sofa. «Ich wollte entspannen und fernsehen.» Plötzlich sei seine Tochter, die im Teenageralter ist, aufgetaucht mit seiner Frau im Schlepptau, habe über ihn geflucht, ihn übelst beschimpft und beleidigt, ihn als psychisch krank bezeichnet und sei über seine Freundin hergezogen. Er habe seiner Tochter mehrmals gesagt, sie soll aufhören, sich benehmen, sagte Franz. Seine Frau sei grinsend danebengestanden, aber nicht eingeschritten.

Seine Tochter habe sich nicht bremsen lassen – trotz Warnungen, fuhr der Beschuldigte fort. «Sie machte weiter.» Schliesslich habe er, gab Franz zu, sie geohrfeigt. Seine Frau habe postwendend die Notrufnummer 117 gewählt.

Knapp drei Wochen später kam es um die Mittagszeit zu einer weiteren Begegnung. Es habe eine Auseinandersetzung gegeben, räumte Franz ein, und es sei zu Beschimpfungen – auf beiden Seiten – gekommen. Der Beschuldigte bestritt allerdings, seine Tochter erneut geohrfeigt zu haben.

Er habe Unterlagen in seinem Büro in seinem Haus sichten und holen wollen, schilderte er. Seine Tochter wollte ihn daran hindern – und ihn in der Folge aufhalten, das Gebäude zu verlassen. Sie sei ihm bis zum Auto nachgerannt, habe ihn gestossen und angespuckt. Er sei daraufhin weggefahren, versicherte Franz. «Geschlagen habe ich nicht.»

Es wäre ihm lieber gewesen, es wäre anders herausgekommen, resümierte der Beschuldigte. Hässlich sei es gewesen. «Aber es ist, wie es ist.» Von seiner Tochter, die sich auf die Seite seiner Frau geschlagen hat, sei er enttäuscht. Sie habe für ihn aufgehört zu existieren.

Der Vater wurde provoziert

Franz’ Verteidigerin forderte einen Freispruch. Der Schlag auf den Kopf der Tochter – die Verteidigerin sprach von einem leichten Klaps auf die Wange – sei erfolgt im Rahmen einer erzieherischen Massnahme eines Erziehungsberechtigten, führte sie aus. Zu diesem Schluss kam ebenfalls das Gericht. Franz wurde von Schuld und Strafe freigesprochen.

Beim zweiten Vorfall stehe Aussage gegen Aussage, erklärte Gerichtspräsidentin Gabriele Kerkhoven. Auch die Verteidigerin hatte in ihrem Plädoyer zuvor betont, dass Zweifel bestehen an den Ausführungen der Tochter. Sie wies auf das ungebührliche Verhalten hin sowie auf Widersprüche, Ungereimtheiten und Unwahrheiten. Unbestritten sei dagegen, so die Verteidigerin, dass ihr Mandant provoziert worden sei. Er sei nicht vorbestraft und geniesse einen einwandfreien Leumund. Nie zuvor habe er seine Hand gegen seine Tochter erhoben.

Gerichtspräsidentin Gabriele Kerkhoven gab dem Beschuldigten während der Verhandlung als Tipp mit auf den Weg, seine Tochter – die offenbar überfordert sei mit der Situation – nach Möglichkeit aus dem Konflikt mit seiner Frau herauszuhalten. Als Vater müsse er seine Verantwortung wahrnehmen. 

Wie ein «harmloses» Beruhigungsmittel einen Skandal auslöste

Video: srf
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
39 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Siebenstein
20.06.2018 16:18registriert Dezember 2016
"Seine Frau sei grinsend danebengestanden, aber nicht eingeschritten"
Da könnte man doch fast auf den Gedanken kommen einmal ganz genau hinzuschauen inwieweit die Mutter überhaupt der Erziehungsarbeit gewachsen ist...
2897
Melden
Zum Kommentar
avatar
Dogbone
20.06.2018 18:14registriert August 2014
Aufgrund der Aussagen in diesem Artikel geht bereits deutlich hervor, dass die gute Frau ihre Tochter rücksichtslos instrumentalisiert hat, um es ihrem zukünftigen Ex so richtig zu geben. Selbst aus der Ferne kaum zu ertragen, dieses Verhalten!
Die Retourkutsche wird kommen, wenn die Tochter irgendwann den ersten Frust verdaut hat und wieder anfängt nachzudenken und dann merkt, wie sie von Mami benutzt wurde...
963
Melden
Zum Kommentar
avatar
Fizjak
20.06.2018 16:21registriert Januar 2018
wie soll der vater seine tochter da raushalten? sie wohnt offensichtlich bei der mutter welche das feindliche gehabe gegen den vater unterstützt da ist er chancenlos. war bei meinem gotti und götti ähnlich auch da hat mein gotti die kinder sprichwörtlich gegen den vater aufgehezt mein götti hatte keine chance bei ihnen gut dazustehen.
731
Melden
Zum Kommentar
39
Axpo hat Projekt für ein Reservekraftwerk in Muttenz BL eingereicht

Der Energiekonzern Axpo hat beim Bundesamt für Energie (BFE) ein Projekt für ein Reservekraftwerk eingereicht. Das geplante Gasturbinenwerk für Notfälle soll im Auhafen in Muttenz BL in Zusammenarbeit mit lokalen Partnern und kantonalen Behörden entstehen.

Zur Story