wechselnd bewölkt
DE | FR
Schweiz
Justiz

Porschefahrer nach Crash zu 6,5 Jahren Freiheitsentzug verurteilt

Porschefahrer nach Crash zu 6,5 Jahren Freiheitsentzug verurteilt

01.12.2021, 16:4301.12.2021, 22:12
Mehr «Schweiz»
HANDOUT --- Auf der A3 bei Effingen prallte am Mittwoch, 27. November 2019, ein Automobilist mit massiver Wucht ins Heck eines anderen Wagens. Dieser wurde nach vorne gegen einen Lastwagen geschoben u ...
Der Unfallort auf der A3 bei Effingen.Bild: Kantonspolizei Aargau

Das Bezirksgerichts Brugg AG hat einen Mann, der Ende November 2019 auf der A3 bei Effingen AG eine Kollision mit drei Todesopfern verursacht hatte, zu einer Freiheitsstrafe von 6,5 Jahren verurteilt. Er sprach den 47-Jährigen der mehrfachen vorsätzlichen Tötung schuldig.

Ein Schuldspruch erfolgte zudem wegen grober Verletzung der Verkehrsregeln. Nach Verbüssung der Strafe wird der Montenegriner für fünf Jahre des Landes verwiesen. Diese Massnahme wird nicht im Schengener Informationssystem eingetragen - sie gilt somit nicht für den gesamten Schengenraum.

Aufgrund von Fluchtgefahr wird der Mann laut Gerichtspräsident vorderhand für drei Monate in Sicherheitshaft genommen. Er wurde direkt aus dem Gerichtssaal abgeführt.

Enorme finanzielle Folgen

Auf den Beschuldigten kommen enorme finanzielle Folgen zu: Den Angehörigen der drei Opfer hat er Genugtuungsleistungen in der Gesamthöhe von über 380'000 Franken zu entrichten. Zudem erklärt das Gericht ihn als grundsätzlich haftbar für Schäden. Dazu kommen hohe Verfahrenskosten auf ihn zu.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann ans Obergericht des Kantons Aargau weitergezogen werden. Der Staatsanwalt hatte eine siebenjährige Freiheitsstrafe verlangt. Der Verteidiger hatte auf Fahrlässigkeit plädiert und eine bedingte Freiheitsstrafe von 20 Monaten beantragt.

Kein einziges Mal gebremst

Gemäss der Zeugenaussagen hatte der Porschefahrer nicht ein einziges Mal abgebremst: Niemand sah auch nur ein kurzes Aufleuchten der Bremslichter, wie der Gerichtspräsident in der kurzen mündlichen Begründung sagte.

Das Gericht gehe davon aus, dass der Beschuldigte das hohe Tempo in suizidaler Absicht gewählt hatte. Offenbar habe er frontal den Prellbock weiter vorn auf der Strasse angestrebt. Dafür spreche auch ein Brief, den der Mann bei sich im Wagen hatte. Auf 21 Seiten «schrieb er sich sein Leben von der Seele», so der Gerichtspräsident.

Unfassbar grosse Energie

Zentral sei der subjektive Tatbestand. Der Porsche Cayenne habe ein Gewicht von zwei Tonnen, die Geschwindigkeit vor der Kollision habe mindestens 152 Kilometer pro Stunde betragen. Das ergebe eine unfassbar grosse kinetische Energie von 1,8 Millionen Joules.

Klar von Eventualvorsatz sprach der Gerichtspräsident auch aufgrund der Tatsache, dass der Suizid-Versuch nicht mitten in der Nacht auf einer leeren Strasse erfolgte, sondern am Vormittag mitten im Berufsverkehr auf einer stark befahrenen Autobahn.

Lass dir helfen!
Du glaubst, du kannst eine persönliche Krise nicht selbst bewältigen? Das musst du auch nicht. Lass dir helfen.
In der Schweiz gibt es zahlreiche Stellen, die rund um die Uhr für Menschen in suizidalen und depressiven Krisen da sind – vertraulich und kostenlos.

Die Dargebotene Hand: Tel 143, www.143.ch
Beratung + Hilfe 147 für Jugendliche: Tel 147, www.147.ch
Reden kann retten: www.reden-kann-retten.ch

Das Verschulden des Beschuldigten stufte das Gericht als schwer ein. Seinem krass egoistischen Handeln seien drei Menschen zum Opfer gefallen, die nicht den Hauch einer Chance gehabt hätten. Sein Handeln habe auch die übrigen Verkehrsteilnehmenden sowie die anwesenden Arbeiter gefährdet.

Das Gericht ging wie der psychiatrische Gutachter von einer mittelgradig verminderte Schuldunfähigkeit des Beschuldigten aus. Dies hatte eine Reduktion der Freiheitsstrafe zur Folge. Eine schwere psychische Störung erkannte das Gericht nicht. Es ordnete keine vollzugsbegleitende ambulante Therapie an, wie es beantragt worden war.

Keine Chance für Renault-Insassen

Zum Crash gekommen war es am 27. November 2019 um etwa 9.15 Uhr auf der A3 Richtung Zürich auf Gemeindegebiet Effingen AG, kurz vor dem Bözbergtunnel. Der Beschuldigte missachtete die Signalisation einer Baustelle, die Sperrung der Überholspur und raste mit seinem Porsche mit mehr als 150 Kilometern pro Stunde neben der langsam vorankommenden Kolonne her.

Kurz bevor es zur Kollision mit einem schweren Baustellenfahrzeug gekommen wäre, wo Arbeiter tätig waren, schwenkte er nach rechts in die Kolonne. Der Porsche prallte in einen Renault und drückte ihn in den vor ihm fahrenden Sattelschlepper, wo er zerquetscht wurde. Die drei Insassen, ein 55-jährige Frau, ihr 64-jähriger Ehemann sowie ein 42-jähriger Verwandter, hatten keine Chance. (sda)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet um die Zahlung abzuschliessen)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
49 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
w'ever
01.12.2021 17:53registriert Februar 2016
wie bitte?!?
du fährst fast doppelt so schnell wie erlaubt im baustellenbereich einer autobahn, baust einen auffahrunfall bei dem 3 menschen sterben, und bekommst nur 6,5 jahre und wirst 5 jahre des landes verwiesen?!?
gaht's no!
11823
Melden
Zum Kommentar
avatar
Ein Schelm
01.12.2021 18:37registriert Mai 2020
Geschieht ihm recht.
Mit Verlaub, was für ein Schliessmuskel.
Die Haftstrafe hätte meines Erachtens nach verdoppelt werden dürfen. Von 7 auf 14 Jahre (Ich weiss dafür fehlt die Rechtsgrundlage...) und nicht ein 5 jähriger Landesverweis, sondern unwiederruflich permanent.
845
Melden
Zum Kommentar
avatar
MalEhrlich
01.12.2021 18:21registriert November 2021
Ich hoffe dass wenn er mal wieder in die Schweiz kommt hier nicht wieder fahren darf.
261
Melden
Zum Kommentar
49
Das sind 8 der wohl speziellsten Unterkünfte der Schweiz
Ferien in einem Baudenkmal machen? An einem Ort, der gerade so gut ein Museum sein könnte – oder einer, der Geschichte mit einmaliger Unterkunft kombiniert? Das ist bei diesen Ferienwohnungen in der Schweiz möglich.

Die Stiftung Ferien im Baudenkmal ermöglicht seit 2005 genau das, was sie sagt: Ferien im Baudenkmal. Das kann eine alte Scheune sein, eine alte Bahnhofstation oder sonst ein historisches Gebäude in der Schweiz.

Zur Story